Kostenprogramm:
Gruner + Jahr spart schneller als geplant
Die groß angelegte Aktion Rotstift bei Gruner + Jahr greift: Zum 50. Geburtstag des Verlags erklärt Julia Jäkel, wie es um die Bertelsmann-Tochter steht.
Gruner + Jahr liegt bei seinem Sparprogramm gut im Rennen: Von 75 Millionen Euro Kosteneinsparung werde der größere Teil schon im nächsten Jahr erreicht sein, sagt die Vorsitzende der Geschäftsführung, Julia Jäkel, der Nachrichtenagentur "dpa". Und spart damit schneller als geplant. Jäkel: "Wir sind vorangekommen. Das macht uns auch selbstbewusster." Der Verlag aus Hamburg mit heute 1,7 Milliarden Euro Umsatz gibt Zeitschriften wie "Brigitte", "Stern", "Geo" und "Neon" heraus – und feiert am 30. Juni seinen 50-jährigen Geburtstag.
Die zuvor als G+J-Deutschland-Chefin agierende Managerin leitete einen Veränderungsprozess ein, durch den das Haus "besser, schneller, effizienter und digitaler" werden soll. In dieser Funktion musste Julia Jäkel einen harten Einschnitt vollziehen: 2012 schloss sie nach zwölf Jahren die preisgekrönte, aber defizitäre "Financial Times Deutschland". Der Konzern aus Hamburg trennte sich von fast allen Wirtschaftsmedien. Mit dem Stellenabbau über drei Jahre - allein in Deutschland fallen bis Ende 2017 rund 400 Arbeitsplätze weg - habe die Geschäftsführung den Mitarbeitern viel zugemutet, sagt Jäkel heute. Betroffen waren unter anderem der "Stern" und die "Brigitte" - W&V Online berichtete. Jäkel: "Aber es war nötig, wir mussten uns ein anderes Kostenniveau erarbeiten."
Seit Ende 2014 gehört der Verlag vollständig zum Medienkonzern Bertelsmann aus Gütersloh. "Es ist sehr hilfreich, klare Eigentümerverhältnisse zu haben. Das macht Abläufe und Entscheidungsprozesse einfacher", sagt Jäkel dazu. Und: "Der Kern von Gruner + Jahr ist seit 50 Jahren Journalismus und wird auch in Zukunft Journalismus sein", stellt Jäkel fest. Seit 2013 greift sie bis zunächst 2018 auf ein Investitionsbudget von mehreren hundert Millionen Euro zu, das auch ins Kerngeschäft mit einfließt, "weil wir daran glauben, mit gutem Journalismus erfolgreich sein zu können." Etliche Magazine hat G+J seit dem vergangenen Jahr neu eingeführt: "Flow", "Walden", "Salon" und "Stern Crime" gehören dazu. "Wir sind heute mutiger und bringen Hefte schneller auf den Markt", sagt Julia Jäkel.
Allen Kritikern zum Trotz sieht Jäkel auch die Digitalsparte auf gutem Weg. Von knapp zehn Prozent des Umsatzes sei der Anteil auf 17 Prozent gestiegen, berichtet sie. "Die Kennziffer zeigt, wie dynamisch sich unsere Transformation entwickelt." Das digitale Publishing wachse, G+J sei größter Verlagspartner von Apple in Deutschland. Digitale Zukäufe wie Danato sollen dazu beitragen, Handelsgeschäft in Verlagsbereichen wie Living (Wohnen, Einrichten) aufzubauen, digitale Vermarkter wie Ligatus sollen das Werbegeschäft ankurbeln. Rund 250 Start-ups seien 2015 begutachtet worden - auf der Suche nach profitablen Ideen.
Durch den Verkauf von Auslandsgeschäften ist die Zahl der Mitarbeiter weltweit auf 8168 Ende 2014 zurückgegangen (2013: 10.556). Der Umsatz lag bei 1,747 Milliarden Euro (2013: 2,014 Milliarden), das operative Ergebnis (Ebitda) bei 166 Millionen Euro (2013: 193 Millionen). "Wir verkaufen renditeschwaches Geschäft und solches, das für uns keine Zukunft hat", bilanziert die 43-Jährige. Auch deswegen ging der Gesamtumsatz 2014 um 13 Prozent zurück. Die Umsatzrendite sei mit 9,5 Prozent zwar immer noch stark, aber es gehe derzeit nicht nur um den kurzfristigen Blick auf die Zahlen, sagt Julia Jäkel. "Wichtig ist, dass wir langfristig dieses Haus modernisieren."
Update: Zum Wochenende verkündet Gruner + Jahr, dass die Digitalsparte die Mehrheit an Delinero übernimmt, dem Hamburger eCommerce-Unternehmen für Premium-Lebensmittel. Der Verlag verkauft die Aufstockung auf 100 Prozent als "weiteren Schritt in der Community of Interest-Strategie von G+J und Ausbau des CoI Food". Mit der Übernahme sämtlicher Anteile werde G+J nun Alleingesellschafter bei Delinero, das Team um Geschäftsführerin Anne Leuschner, Helge Morgenstern (CTO) und Daniel Schmerbauch (COO) führe die Geschäfte unverändert fort.
dpa/ps