Die Idee meines Entwurfs verbindet die Primärfarben von Screen und Print, die ja Basis fast aller Werbung sind. Jeder Bildschirm und jeder Beamer arbeitet mit Rot, Grün und Blau, um damit alle Inhalte darzustellen. In jedem Drucker und den allermeisten Druckmaschinen sind die vier Farben Schwarz, Gelb, Magenta und Cyan im Einsatz. Ich hatte mich damals – Photoshop war in der Version 2.5 angekommen – mit Computergrafik befasst und in Zeiten vor funktionierendem Farbmanagement mit den Ursachen für die frustrierenden Unterschiede zwischen Monitorbild und gedrucktem Ergebnis herumgeschlagen.

Karl-Heinz Einberger

Der Entwurf für die Trophäe war dann eine erstmals zielführende Synthese. Drei Raumachsen, vier Seiten eines Quadrats und viel Spielerei verdichteten sich dann zu der Form, die wir heute sehen. Dass die Ecken der Würfel dann auf der gedachten Kugeloberfläche liegen, also geometrisch total determiniert sind und trotzdem das ganze Teil dann so eigenwillig auf der Tischfläche steht, finde ich noch heute super. 

Wir auch! Aber was soll die Kugel aussagen? Was soll man denken, fühlen, wenn man sie in der Hand hält? Mal angesehen, davon, dass sie überraschend schwer ist. 

Das Gewicht ist tatsächlich auch etwas, das im Entwurf schon da war. Ich stellte mir die Trophäe als Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch des Chefs vor. Als Bildhauer bin ich schon auch an dem Ort interessiert, an dem das von mir Geschaffene dann ist. Dass sie nun im Wesentlichen in Vitrinen steht, schadet der Sache aber sicherlich nicht.

Ich glaube, ein Oscar liegt besser in der Hand als der Deutsche Mediapreis, der mit den spitzen Ecken der Würfel nicht so geschmeidig ist, aber ein Goldener Löwe ist auch nicht viel handlicher. Dass die Trophäe ohne Sockel auskommt und als pures Objekt in der Hand liegt ist mir sehr wichtig. Ich schaue den Siegern gern zu, wie sie bei der Verleihung Kontakt mit der Trophäe aufnehmen. 

Wie wird die Kugel ganz praktisch hergestellt?

Die Herstellung ist eine ziemlich eigenwillige Mischung aus industrieller und handwerklicher Fertigung. Wenn Sie das nächste Mal im Biergarten sind, können Sie ja mal drei runde Bierfilzl nehmen und versuchen, daraus das Grundgerüst einer Mediapreis-Trophäe zusammenzustecken. Das Ganze dann aus farbigem Acrylglas und sauber verklebt ist nichts für Anfänger, das wird ziemlich schnell klar. Aber schon davor braucht es ganze Handwerkskunst: das fluoreszierende Acrylglas wird von der Industrie nur in drei Millimeter starken Platten produziert. Für den Mediapreis werden drei Schichten davon blasenfrei zusammenlaminiert.

Diese ganze Arbeit macht für mich seit vielen Jahren ein sehr renommierter Verarbeiter, als Künstler habe ich da schon gar nicht die erforderliche Maschinenausstattung und auch nicht das Verarbeiter-KnowHow. Mir bleibt da bloß die akribische Qualitätskontrolle. Viele Jahre gab es mindestens ein oder zwei Trophäen, die inakzeptable Kratzer, Luftblasen oder Maßtoleranzen hatten und die nachgebessert werden mussten. Mittlerweile hat die Firma gelernt, dass die Toleranzen da sehr eng gesteckt sind und es gibt kaum noch Grund zur Reklamation.

Die in den Raumecken der Kreisscheiben sitzenden Würfel kommen glasklar in mein Atelier. Sie werden von einem Unternehmen, das sonst für die Uhren- und Schmuckindustrie fertigt, aus gegossenen Acrylglasplatten hergestellt. In meinem Atelier wird dann jeder Würfel einzeln kontrolliert und maßlich kalibriert, da die Platten, aus denen die Würfel gemacht werden, relativ große Maßtoleranzen haben. Deshalb ordne ich die Würfel zu Gruppen zu acht Stück, die dann miteinander in eine Trophäe montiert werden.

Nach diesem Arbeitsschritt ist bereits genau festgelegt, welcher Würfel in welcher Farbe an welcher Stelle in welcher Trophäe sitzen wird, zudem ist dann auch schon definiert, welche Fläche auf der roten Kreisscheibe sitzen wird. Da sind die aber immer noch glasklar. Die Farbe kommt auf die Seite der Würfel, die an den Kreisscheiben anliegt. Der Eindruck, sie seien durchgefärbt, entsteht durch das physikalische Phänomen der Totalreflexion.

Nun werden die zu lackierenden Flächen mit der Hand fein geschliffen und danach die hinterher glasklaren Flächen mit einer Spezialfolie maskiert. Die Farbe wird dann mit einem Airbrush-System in bis zu zehn Schichten aufgebracht. Die Pigmente sind teilweise ziemlich transparent und erfordern diese aufwändige Verarbeitung. Der Gewinn ist eine brillante Oberfläche und das immer wieder faszinierende Spiel des Lichts in den farbigen Würfeln.

Bei all den Arbeitsschritten ist gründliches Reinigen und die Qualitätskontrolle sehr wichtig, um die Brillanz der Trophäen zu erreichen. Zwischenzeitlich sind die Kreisscheiben-Rohlinge beim Graveur. Nach der Montage der Würfel steht noch die Reinigung und Nachpolitur aller Teilflächen an, Sie können ja mal zählen, wie viele das bei jeder Trophäe sind.

Das ist der einzige Prozess, bei dem ich über die Jahre wirklich schneller geworden bin. Anfangs waren das gern mal mehr als zwei Stunden Arbeit an jeder Trophäe. Jetzt brauche ich noch eine knappe Stunde dafür. In einem Jahr hatte ich so viel zu tun, dass ich einen Assistenten mit Teilaufgaben der Herstellung betraut habe. Mittlerweile mache ich wieder alles selbst, dann geht es doch schneller und auch mit weniger Nachbesserung. Wenn dann alle Trophäen auf dem Tisch in meinem Atelier stehen, bin ich immer noch fasziniert, auch nach 22 Jahren. 

Fertigen Sie die Kugeln jedes Jahr neu oder haben Sie seit Jahren einen riesigen Vorrat auf dem Speicher?

Immer in der Vorweihnachtszeit, wenn die Jury getagt hat, ist klar, wie viele Trophäen im kommenden Frühjahr gebraucht werden. Dann startet der Prozess mit der Bestellung der einzelnen Komponenten bei den verschiedenen Lieferanten und Herstellern. Allein die handwerkliche Fertigstellung der Trophäen nimmt für die Charge eines Jahres deutlich mehr als eine Woche in Anspruch, das lässt sich auch mit all der Erfahrung und Routine nicht mehr wirklich beschleunigen. Von da her wäre eine Lagerhaltung nicht sehr sinnvoll.

Ich habe nicht eine lieferbare Trophäe in meinem Atelier lagern – ein Einbruch lohnt sich also nicht (lacht) Was Sie bestenfalls finden könnten, sind eine Reihe von halbfertigen Teilen, die an verschiedenen Stellen des Herstellungsprozesses zu Ausschuss wurden. Es gibt also bei der Fertigung genug Gelegenheit, irreversible Fehler zu machen. 

Würden Sie nach 22 Jahren noch vollkommen zufrieden mit der Gestaltung der Trophäe? Oder würden Sie heute etwas anders machen?

Die Trophäe ist unveränderlich gut. Mein Entwurf umfasste ursprünglich neben der Trophäe auch noch ein Logo, das die geometrische Strenge des Objekts in eine flächige Gestaltung übersetzte. Das ist nach einigen Jahren aus der Kommunikation des Preises weggefallen. Ich habe dafür Verständnis, das Objekt erwies sich da über die Jahre einfach haltbarer als das Logo. Immerhin bin ich ja auch mehr Bildhauer als Grafiker. 

Haben Sie die Mediapreisverleihungen in den vergangenen Jahren verfolgt? Wenn ja, gab es für Sie einen besonderen Moment?

Der Verlag und die Redaktion haben mich über all die Jahre immer zu den Verleihungen eingeladen, das hat mich sehr gefreut, dafür ganz herzlichen Dank. Alle Verleihungen habe ich nicht geschafft, aber doch so einige. Es ist für mich schon spannend, dabei hinter die Erscheinungsebene und in die Konzeptionen der Werbewelt zu blicken, die ich sonst ja doch eher aus der Consumer-Perspektive wahrnehme. Besonders hatte ich natürlich meinen Spaß, wenn die Leute in den Agenturen es geschafft haben, um die Ecke zu denken.

Der Wechsel der Preisverleihung vom Saal des Alten Rathauses in die Münchner Kammerspiele war eine sehr besondere Erfahrung. Die Werbebranche auf der Bühne, auf der sonst die Verhältnisse unserer Gesellschaft verhandelt werden – als solches kein Tabu, schließlich ist auch diese Branche ein Teil unserer Gesellschaft. Doch ist es eine spannend gestellte Frage auf einer Ebene, die überraschend ist. Und das ist gut so. 

Karl-Heinz Einberger lebt und arbeitet in München und Freising. Nach seinem Bauingenieur-Studium orientierte er sich neu und studierte Bildenden Kunst an der University of Northern Iowa in den USA sowie Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste München. Seit 2013 arbeitet er selbst als Professor für Gestaltungs-Grundlagen und Künstlerische Praxis an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Aktuell arbeitet er an einem Projekt namens "fusing", das er am Gebäude des Bundesministeriums für Gesundheit in Berlin realisieren wird. 

Wer dieses Jahr eine der begehrten Kugeln gewinnt, erfahren Sie am 30. Juni bei der virtuellen Verleihung des Deutschen Mediapreises. In unserem Special zum Deutschen Mediapreis finden Sie nach und nach alle Shortlists sowie weitere Inhalte zur Verleihung. Hier können Sie sich kostenlos für die virtuelle Verleihung anmelden.


Autor: Verena Gründel

Verena Gründel ist seit Anfang 2021 Chefredakteurin der W&V. Die studierte Biologin und gelernte Journalistin schrieb für mehrere Fachmagazine in der Kommunikationsbranche, bevor sie 2017 zur W&V wechselte. Sie begeistert sich für Marken- und Transformationsgeschichten, hat ein Faible für Social Media und steht regelmäßig als Moderatorin auf der Bühne.