Sparkurs:
G+J streicht Arbeitsplätze
75 Millionen Euro will das Hamburger Verlagshaus in den kommenden drei Jahren einsparen. Unter anderem durch den Abbau von einem Sechstel der Stellen.
75 Millionen Euro will das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr in den kommenden drei Jahren einsparen. Unter anderem durch den Abbau von einem Sechstel der Stellen. Wie die Nachrichtenagentur DPA berichtet, streicht das Medienhaus ("Stern", "Brigitte", "Geo") bis 2017 rund 400 Arbeitsplätze in Deutschland. Angesichts rückläufiger Marktentwicklungen im Printgeschäft sollen in diesem Zeitraum 75 Millionen Euro eingespart werden, teilte der Verlag mit. "Die Einsparungen sollen durch eine signifikante Reduzierung der Sach- und Personalkosten erreicht werden und betreffen alle Bereiche von Gruner + Jahr Deutschland." Im Inland sind rund 2400 Mitarbeiter beschäftigt. Umsetzen müssen das nun Oliver Radtke, Vorstand Operations, und Stephan Schäfer, Vorstand Produkt. In Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern innerhalb der kommenden Wochen und Monate, heißt es seitens des Verlagshauses.
Im Rahmen der laufenden strategischen Transformation hat G+J damit die angestrebten Kosten- und Effizienzziele konkretisiert. Diese sind das Ergebnis einer Analyse, die mit der strategischen Neuausrichtung von Gruner + Jahr zum Haus der Inhalte vor zwölf Monaten begann und dem veränderten Marktumfeld Rechnung trägt. Der Umbau allein, der vor einem Jahr optimistisch verkündet wurde, scheint also nicht auszureichen, um auf dem Markt im digitalen Zeitalter zu bestehen. 2013 war von großen Chancen, nicht von großen Personalkürzungen die Rede. Jäkel und ihr Team im September 2013: "Erstens: Es wird auch und gerade in Zukunft einen Markt für hochwertige, relevante Inhalte geben. Zweitens: Das Digital-Geschäft gewinnt rasant an wirtschaftlicher Bedeutung; wie G+J mit den großen Chancen umgeht, wird für den Erfolg entscheidend sein und drittens: G+J betreibt ein hochprofitables und sehr erfolgreiches Zeitschriftengeschäft. Gut gemachte Magazine haben eine große Zukunft – denn Print ist nicht gleich Print." Ganz so profitabel, wie es sich das Medienhaus wünschte, ist die Lage wohl doch nicht. Die eher skeptischen Branchenbeobachter bei "Kontakter" und "Handelsblatt" waren vor gut einem Jahr noch von lediglich 200 Stellenkürzungen bis 2018 ausgegangen.
Die Einsparungen betreffen alle Bereiche von G+J Deutschland. Der G+J-Vorstand wolle den Stellenabbau sozialverträglich und im Dialog mit den Arbeitnehmervertretern umsetzen, heißt es seitens des Verlages; man werde "alle personalpolitischen Instrumente nutzen, um für die betroffenen Mitarbeiter faire und angemessene Lösungen zu finden". Der Stellenabbau schließt nach Prüfung jedes Einzelfalles die Nicht-Nachbesetzung offener Stellen (Fluktuation, Renteneintritt) sowie Regelungen für Altersteilzeit ein. Auch betriebsbedingte Kündigungen können nicht ausgeschlossen werden.
Julia Jäkel, Vorstandsvorsitzende: "Gruner + Jahr hat zwölf Monate nach dem Start seiner strategischen Transformation bereits eine Menge erreicht, und wir werden unseren Weg fortsetzen. Dazu gehört für uns nicht nur, an unseren Titeln zu arbeiten, sie immer besser zu machen, neue Magazine zu lancieren und ganz besonders unser Digital-Geschäft deutlich auszubauen, sondern auch eine effiziente Aufstellung. Effizienz war von Beginn an ein wichtiges Element unserer strategischen Neuausrichtung. Sowohl im Vertriebs- als auch im Anzeigenmarkt entwickelt sich G+J bei vielen Titeln besser als der Markt. Trotzdem müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich die Marktbedingungen grundlegend verändert haben. Wir sind überzeugt, dass Gruner + Jahr aus diesem für uns alle fordernden Prozess stark hervorgehen und eine gute Zukunft haben wird."
Kein Zukunft bei Gruner hat Dominik Wichmann. Der Chefredakteur des "Stern" musste nach kaum eineinhalb Jahren seinen Hut nehmen und macht Platz für Christian Krug ("Gala"). Grund sind aber nicht die Umbauten, sondern sinkende Leser- und Anzeigenzahlen (W&V Online berichtete). Krug gilt als Vertrauter des Gruner-Vorstands. Der Verlag hatte anlässlich der Personalie für einen PR-Gau gesorgt: Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe der Entmachtung Wichmanns hatte der Verlag noch kommuniziert, er bleibe Chefredakteur.
Vor einem Jahr hatte G+J seine Neuausrichtung kommuniziert. Dazu gehört die inhaltliche und organisatorische Ausrichtung nach "Communities of Interest" (CoI; W&V Online berichtete). Bestehende Magazine und Digitalangebote wurden überarbeitet und und in "Segment-Cluster" eingeordnet. Dazu gehören die vier Bereiche Family, Food, Living sowie Beauty & Fashion. Die Redaktionen am Standort München mussten im Zuge der "Transformation" nach Hamburg umziehen. Seither betrachtet Produktvorstand Stephan Schäfer die Print-, Online- und die geplanten E-Commerce-Aktivitäten der CoIs unter Vermarktungsgesichtspunkten als Einheit. Zum digitalen Wachstum sollten vor allem Akquisitionen (zuletzt Advideum, Trnd, Veeseo) beitragen. Das US-Druckgeschäft (Brown Printing) sowie in Deutschland der Fachverlag Entertainment Media wurden dagegen verkauft.
Nicht vom Sparkurs betroffen seien die G+J-Mehrheitsbeteiligungen Motor Presse Stuttgart sowie Dresdner Druck- und Verlagshaus sowie G+J International. (ots/sh)