Großumbau :
So will Julia Jäkel Gruner + Jahr schlagkräftiger machen
"Vom Zeitschriftenhaus zum Inhaltehaus": Das ist das Motto des Großumbaus bei Gruner + Jahr zum Oktober. München wird dezimiert.
Inhalte stehen bei Gruner + Jahr künftig über allem: Der Vorstand um Julia Jäkel gibt am Dienstag den "Startschuss zur strategischen Transformation des Verlags", wie es in einer umfangreichen Ankündigung heißt. Im Kern richtet sich G+J Deutschland nach acht definierten Communities of Interest (CoI) aus, wie im Frühsommer bekannt geworden ist. Diese sind: Food, Living, Family, Women, People & Fashion, News, Wissen sowie Wirtschaft & Special Interest. Kern des zukünftigen Geschäfts sei es, den Kunden Inhalte über alle relevanten Plattformen hinweg anzubieten. Dabei gelte der Anspruch, "qualitativ hochwertige Inhalte zu erstellen – Inhalte, die so relevant sind, dass Kunden bereit sind, dafür zu bezahlen. Entweder direkt oder indirekt in Form von Anzeigenbuchungen", wie es heißt. Die Transformation sei als langfristiger Prozess angelegt mit Ziel einer "nachhaltigen Wertsteigerung des Unternehmens". Jäkel: "Wir sind uns darüber im Klaren, dass die kommenden fünf Jahre Investitionsjahre sind." Alles in allem wolle der Verlag "gemeinsam mit seinen Gesellschaftern" in den kommenden Jahren mehrere hundert Millionen Euro investieren. Jäkel: "Bertelsmann und die Familie Jahr haben der neuen Vorstandsgeneration viel Vertrauen geschenkt – das prägt unser Miteinander." Im letzten Jahr haben sich die beiden noch eine Übernahmeschlacht um den Konzern geliefert.
Und so wird zum 1. Oktober umgebaut: Die bisherigen Verlagsgruppen Agenda und Life werden aufgelöst. An ihre Stelle tritt die Zuordnung der G+J-Marken zu acht oben genannten CoI. Jede wird zukünftig von einem Publisher mit dem Geschäftsbereich Print und einem Digital Business Director mit dem Bereich Digital (Websites der Magazine, eMags, Apps, eCommerce) geleitet - neue Geschäftsmodelle werden von beiden entschieden und verantwortet. Jeder Digital Business Director berichtet an einen der Geschäftsführer Digital, Eva-Maria Bauch, Arne Wolter oder Oliver von Wersch. Jeder Publisher berichtet an einen der beiden Verlagsgeschäftsführer, Frank Stahmer oder Soheil Dastyari. Die Chefredakteure berichten weiterhin an die Verlagsgeschäftsführer. Das Haus versichert: "Für die redaktionellen Inhalte der Print- und Digitalangebote zeichnet ausschließlich der Chefredakteur verantwortlich."
Im Zuge des Umbaus hin zu CoIs wird der Münchner Zeitschriftenstandort ausgedünnt. Die Redaktionen von "Neon", "Nido", "Eltern", "P.M.", "Wunderwelt Wissen" und die entsprechenden Verlagsfunktionen würden bis Mitte 2014 in Hamburg gebündelt, heißt es einen Tag, nachdem der geplante Umzug für rund 120 betroffene Mitarbeiter durch die W&V bekannt geworden ist. Nun versichert Gruner: "Alle Mitarbeiter der betreffenden Bereiche am Standort München erhalten ein vollumfängliches Übernahmeangebot für den Standort Hamburg." Das Haus erhofft sich durch den Wechsel der Münchener Redaktionen an den Verlagsstandort Hamburg, dass die neue Struktur besser arbeitet. So sollen sich die Redaktionen, die gemeinsam für eine CoI arbeiten, enger abstimmen und austauschen können.
Gruner + Jahr werde in gedruckte Magazine investieren und neue Titel starten, heißt es. Auch wolle der Konzern via Zusatzangebote – "Commerce und Paid Services" – zum "unverzichtbaren Teil der Lebenswelten der Nutzer in den definierten Communities of Interest werden". Immer soll das Ziel vor Augen stehen, "best in print" zu sein. Man wolle "höchste Maßstäbe an inhaltliche Qualität, Herstellung, Vertrieb und die Anzeigenvermarktung" legen. Alle Magazine sollen in die digitale Welt übersetzt und perspektivisch als eMags erhältlich sein, die bestehenden Websites würden weiter ausgebaut – so das Ziel. Zudem würden neue Digitalformate – Sites, eMags und Apps – entwickelt, "die aus dem konsequenten Denken in Communities of Interest entstehen und den Wünschen unserer Leser und Nutzer nach spezialisierten Angeboten der Community entsprechen", heißt es weiter. Die G+J-Vorstandschefin Jäkel schränkt ein: "Wir werden keine Diversifikation in Geschäfte betreiben, die losgelöst sind von unseren Communities. All unsere Akquisitionen und Investitionen stehen im Zusammenhang mit unseren Inhalten." Tenor: E-Commerce ja und gerne, aber bitte zu den Printmarken passend. Die Transformation vom Zeitschriften- zum Inhaltehaus sei dabei nicht auf Deutschland beschränkt.
Der Verlag zeigt Zuversicht, dass mit dem Umbau Versäumtes aus der Vergangenheit aufgeholt und mehr als wettgemacht werden kann. So heißt es: "G+J ist überzeugt, dass sich aus dem radikalen Denken in Inhalt und der konsequenten Orientierung an den Interessen und Bedürfnissen der Nutzer zahlreiche neue Produktchancen ergeben. Mit der neuen Struktur gewinnt G+J an Geschwindigkeit bei der Umsetzung neuer Produkte in Print wie Digital und wird deutlich effizienter." Dabei gehen Jäkel und ihr Team von drei Prämissen aus: "Erstens: Es wird auch und gerade in Zukunft einen Markt für hochwertige, relevante Inhalte geben. Zweitens: Das Digital-Geschäft gewinnt rasant an wirtschaftlicher Bedeutung; wie G+J mit den großen Chancen umgeht, wird für den Erfolg entscheidend sein und drittens: G+J betreibt ein hochprofitables und sehr erfolgreiches Zeitschriftengeschäft. Gut gemachte Magazine haben eine große Zukunft – denn Print ist nicht gleich Print."
In diese CoI-Struktur wird Gruner + Jahr Deutschland künftig gegliedert: