200 Stellen weg?:
Wo Gruner + Jahr umbaut - und wohl auch Personal abbaut
G+J-Chefin Julia Jäkel und Vorstandsmitglied Stephan Schäfer planen eine neue Strategie und Struktur bei den Spezial-Interest-Produkten.
Der zweite große Auftritt von Julia Jäkel vor allen Mitarbeitern des Hamburger Zeitschriftenhauses Gruner + Jahr war auf diesen Mittwoch datiert. Die neue Firmenchefin der Bertelsmann-Tochter kündigte an, im Foyer des Verlags vor die Belegschaft zu treten, um vor der Sommerpause über die aktuelle wirtschaftliche Lage zu informieren. Der Tenor war bekannt: Das Geschäft in Deutschland läuft besser als gedacht. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn die Belegschaft muss sich wohl auf weitere Veränderungen einstellen. So planen Jäkel und Produktvorstand Stephan Schäfer bei den ausgerufenen Communities of Interest (CoL), so genannten Segment-Clustern, einen organisatorische Umbau. Dazu gehören die vier Bereiche Family, Food, Living sowie Beauty & Fashion. Künftig betrachtet Schäfer die Print-, Online- und die geplanten E-Commerce-Aktivitäten der CoLs unter Vermarktungsgesichtspunkten als Einheit. Nach diesem Modell will er diese Bereichs-Cluster ausrichten.
Wie dieser Umbau aber am Ende aussieht, wird sich im Oktober zeigen, heißt es in Verlagskreisen. Verbunden hiermit ist offenbar mittel- bis langfristig ein Personalabbau. Im Gespräch ist, dass Stellen bei Führungskräften und Mitarbeitern wegfallen. Ob hausintern kolportierte Abbaumaßnahmen für 200 Stellen eintreten, bleibt abzuwarten. Das "Handelsblatt" ist davon überzeugt, dass in den kommenden fünf Jahren in Deutschland insgesamt 200 Stellen gestrichen werden. Unbekannt ist noch, ob und in welchem Ausmaß das in der Belegschaft gefürchtete OpEx-Programm den Hamburger Verlag trifft. Bertelsmann-Finanzchefin Judith Hartmann hatte vor einigen Monaten verkündet, im Rahmen von OpEx konzernweit die IT sowie das Finanz-, Rechnungs- und Personalwesen durch Zentralisierung zu verschlanken. Zuletzt machten bei G+J unternehmensintern Spekulationen die Runde, 400 Stellen seien hierdurch in Gefahr.
Konkreter ist der neue Vorstand bei seiner Paid-Content-Strategie geworden. Danach sollen Jäkel und Schäfer einem Bezahlmodell beim Flaggschiff "Stern" sowie bei der Geo-Gruppe eine klare Absage erteilt haben. Hierfür sehe man offenbar keine Chance am Markt, heißt es intern. Anders sieht dies im Special-Interest-Segment aus: Hier werde unter Hochdruck an geeigneten Paid-Content-Modellen gearbeitet. Über eine konkrete Umsetzung dieser Pläne wurde aber nichts bekannt. Konsequent will Schäfer ferner die Rentabilität der vielen Websites unter die Lupe nehmen. Sollten sich Online-Seiten kleinerer Titel auf Dauer wirtschaftlich nicht tragen, erwägt der Produktvorstand, die Seiten kurzerhand abzuschalten, heißt es in Unternehmenskreisen.
Weitere Informationen über den groß angelegten Umbau bei Gruner + Jahr und über die weitere Strategie im Auslandsgeschäft entnehmen Sie der aktuellen Ausgabe des W&V-Schwestertitels "Kontakter" (EVT: 20.06.). Abo?