Springer vs. Eyeo:
BGH erlaubt Adblocker - und Springer klagt weiter
Das Anbieten von Adblockern ist laut BGH rechtens. Das Gericht wies eine Springer-Klage gegen Eyeo und Adblock Plus ab. Das Medienhaus reicht nun Verfassungsbeschwerde ein.
Es ist die finale Watschn für Publisher: Das Anbieten von Adblockern im Internet ist rechtens. Das hat der Bundesgerichtshof am Donnerstag entschieden und damit eine Klage des Springer-Konzerns gegen den Werbefilter-Anbieter Eyeo abgewiesen.
Der Kläger hat nach Auffassung der Karlsruher Richter keinen Anspruch auf Unterlassung. Der Nutzer müsse den Filter, der Werbung im Netz aussortiert, aktiv installieren. Daher liegt dem Urteil zufolge keine direkte Geschäftsbehinderung durch den Anbieter solcher Werbeblocker vor.
Eyeo-Chairman und Investor Tim Schumacher gibt sich erleichtert: "Ein voller Erfolg." Das Urteil entspräche den positiv optimistischen Erwartungen. Jetzt hofft Schumacher, dass sich Medienunternehmen mit Eyeo an den Tisch setzen werden, um gemeinsam an neuen Monetarisierungswegen zu arbeiten. Eine Zusammenarbeit sei wichtig, um Alternativen für das Werbegeschäft zu finden. Das Eyeo-Mastermind nennt hier auch die ab Ende Mai veränderten Datenschutzregeln, die die digitale Werbung deutlich erschweren werden.
Warum der BGH so entschied
Der zentrale Punkt für des BGH-Urteil ist, dass sich Springer auch anderweitig wehren könne. Der Verlag könne Nutzern seiner Online-Angebote, die Eyeos Adblock Plus oder andere Werbeblocker installiert haben, den Zugang verwehren. Der BGH hat keine Vorbehalte, anders als das Oberlandesgericht (OLG) Köln, das zumindest teilweise im Sinne Springers und pro Bild.de entschieden hatte.
In seinem Urteil vom Juni 2016 hatte das OLG das Geschäftsmodell von Eyeo für unzulässig erklärt. Für das Aufnehmen von Springer-Sites in das so genannte Acceptable-Ads-Programm dürfe Eyeo kein Geld verlangen. Über diese Mechanik lässt Adblock Plus unaufdringliche Werbung trotz Adblocker durch. Große Anbieter müssen für dieses "Whitelisting" Geld bezahlen.
Das Blockieren von Anzeigen an sich hatte das OLG jedoch für zulässig erklärt. Aber genau dieses Whitelisting sei nur ein Weg - auch für Schumacher.
Warum Springer klagte
Für Publisher wie Springer steht wirtschaftlich viel auf dem Spiel. Werbung macht einen beträchtlichen Teil der Einnahmen aus. Wenn jeder Nutzer Werbung blockiert, gibt es keine Werbeerlöse. Das Unternehmen hält das Blockieren von Werbung über eine Blacklist für rechtswidrig und ist nicht bereit, Eyeo Geld dafür zu bezahlen, um auf die weiße Liste zu kommen.
Christine Libor, Medienrechtlerin bei der Kanzlei FPS in Düsseldorf, stuft das Blacklisting allerdings aus rechtlicher Sicht eher als unproblematisch ein, das eigentliche Blocken der Werbung durch den Nutzer – was vom BGH auch so bestätigt wurde.
Das Whitelisting war aus ihrer Sicht der eigentlich rechtlich problematische Part für den BGH. Zumal sich Eyeo dafür bezahlen lässt, dass der Anbieter auf bestimmten Websites zumindest einen Teil der Werbung doch zulässt. Nicht umsonst sei das Geschäftsmodell gelegentlich auch als "Wegelagerei" oder "Erpressung" bezeichnet worden, zumal ausgewählte Werbung erst durchgelassen wird, wenn man den Wegezoll bezahlt hat, meint die Anwältin.
Hier muss Eyeo nun mit den Anbietern neu verhandeln. Das hat Tim Schumacher auch vor.
Wie reagiert Axel Springer auf das Urteil?
Der Verlag will Verfassungsbeschwerde wegen Eingriffs in das Grundrecht auf Pressefreiheit einreichen. "Wir sehen im heutigen Urteil eine Verletzung der über Artikel 5 Grundgesetz geschützten Pressefreiheit, weil Werbeblocker die Integrität von Onlinemedien und deren Finanzierung gezielt zerstören", kommentiert der Leiter Medienrecht bei Axel Springer, Claas-Hendrik Soehring, das Urteil. Das Unternehmen halte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs für falsch, denn bereits das Blacklisting sei rechtswidrig, so die Springer-Ansicht.
Das Medienhaus sieht auch noch die Chance, nach dem Urheberrecht gegen Werbeblocker vorzugehen. Dabei wäre zu klären, ob Internetseiten in ihrer Gesamtdarstellung vom Urheberrecht geschützt sind und ein möglicher Eingriff durch einen Werbeblocker in den Programmiercode unzulässig ist.
lp/ps