Eyeo vs. Springer:
Wie Medienmarken Adblocker ausbremsen wollen
Das OLG Köln kassierte kürzlich das Adblocker-Geschäftsmodell von Eyeo, aber nicht Werbeblockaden an sich. Medien drängen nun auf gesetzliche Regelungen.
Mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 24. Juni, wonach Eyeos kostenpflichtiges Whitelisting rechtswidrig ist, ist den Medienhäusern im Kampf gegen die gefürchteten Adblocker ein erster Treffer gelungen. Da, wo es wehtut: beim Geschäftsmodell. Eyeo lässt Werbung von Partnern auf einer Liste zu, wenn sie eigenen Standards entspricht. Die Listung ist für große Häuser kostenpflichtig.
Allerdings hat das OLG - wie die Gerichte zuvor auch - im Axel-Springer-Verfahren festgestellt, dass Adblocker an sich rechtlich zulässig sind. Und das Kölner Urteil ist auch noch nicht rechtskräftig, die Revision vor dem Bundesgerichtshof ist zugelassen. Dieser würde sich dann das erste Mal mit dem 2015 neu aufgenommenen Paragraphen 4a des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) beschäftigen. Dieser gilt "aggressiven geschäftlichen Handlungen" (konkret Beeinträchtigung Springers, seine vertraglichen Rechte gegenüber Werbepartnern auszuüben). Ausgang ungewiss.
Andere Medienhäuser verfolgen das Geschehen aufmerksam. Schließlich ist Spiegel Online am 13. Juli in Hamburg wieder vor Gericht, im Herbst stehen die Berufungen bei ProSiebenSat.1 und RTL bevor. Auch das gemeinsame Verfahren von Zeit-Verlag und Verlagsgruppe Handelsblatt ist beim Hamburger Oberlandesgericht anhängig.
Die Haltung der Medienhäuser dabei ist deutlich: ProSiebenSat.1 etwa ist der Meinung, dass Whitelisting nicht nur unlauter, sondern auch kartellrechtswidrig ist. Die AG sieht auch Blacklisting - also die generelle Blockade - als Verstoß gegen UWG und Urheberrecht.
Sollte der BGH indes in ein, zwei Jahren das Urteil gegen Eyeo bestätigen, wäre das nicht das Ende der Adblocker, sondern nur des Geschäftsmodells in der jetzigen Form im deutschen Raum. Es wäre ein Sieg für deutsche Medienhäuser gegen das, was sie "moderne Wegelagerei" nennen. Und es könnte das parasitäre Verdienen am Durchlotsen von Werbung einschränken. Eyeos Blocker – und erst recht die anderer – würden aber nicht verschwinden.
Daher arbeitet die Branche zusätzlich darauf hin, eine gesetzliche Regelung gegen Adblocker an sich zu erreichen – über die Rundfunkkommission der Länder. Ein Bericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz greift die Vorwürfe bereits auf. Lobbyverbände der Medien wie VPRT, VDZ und BDZV haben darauf hingearbeitet und setzen auf Anknüpfungspunkte im UWG, Urheberrecht oder auch Medienrecht: Die Argumentation hier zielt auf einen Schutz der Integrität der Produkte.
Juristen sind allerdings äußerst skeptisch, dass neue Regulierungen eingeführt werden. Denn das deutsche Recht deckt das Feld bereits ab. Und: Christoph Wagner von der Kanzlei Morrison & Foerster gibt zu bedenken, "dass der deutsche Gesetzgeber entsprechende Maßnahmen nur für deutsches Territorium treffen kann. Um den Zugriff auf die häufig weltweit angebotenen Programme zu unterbinden, müssten diese regional gesperrt werden – eine Maßnahme, die vielleicht zulässig, aber im Lichte des gemeinschaftsrechtlich angestrebten Digital Single Market wenig realistisch sein dürfte."
Ein deutsches Gesetz löst auch nicht das Grundproblem, dass Menschen durch schlechte Online-Werbung genervt sind. Einer aktuellen YouGov-Profiles-Analyse zufolge nutzen sie Adblocker sehr rege: Ein Drittel (35 Prozent) der Deutschen verwendet die Werbeblocker oder Anti-Tracking-Software am heimischen PC oder auf dem Smartphone. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) hat dabei die Programme ständig aktiviert.
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rp/ps