Adblock Plus vor dem OLG Köln:
Eyeo kassiert Schlappe im Adblocker-Streit mit Bild.de
Springer wehrt sich vor dem OLG Köln zwar erfolgreich gegen das Eyeo-Modell des Adblockers. Doch das Ganze ist nur als Teilerfolg zu werten.
Mit Adblock Plus darf Werbung auf Bild.de nicht mehr blockiert werden: Die Finanzierung und damit das Geschäftsmodell des Adblocker-Platzhirschs Eyeo ist rechtswidrig. Zu diesem Urteil kommt das Oberlandesgericht Köln am Freitag. Damit hat die Klage Axel Springers gegen Eyeo "in zweiter Instanz erneut einen juristischen Erfolg erzielt", wie das Medienhaus den Teilerfolg umschreibt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das OLG die Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zugelassen. (Aktenzeichen: 6 U 149/15)
Dass Eyeo mit seinem Werbeblocker Adblock Plus zunächst Werbung flächendeckend blockiere, um sie anschließend für einzelne Betroffene gegen Geldzahlung wieder freizuschalten, sei eine "unzulässige aggressive geschäftliche Praktik" im Sinne des Wettbewerbsrechts, entschied das Gericht nach Angaben Springers. In dieser Form dürfe die Blockade von Werbung auf Bild.de und Co. nicht aufrecht erhalten und das Programm Adblock Plus in Deutschland nicht mehr weiter vertrieben werden. "Damit bestätigt nun erstmals ein Oberlandesgericht in einem Hauptsacheverfahren die Rechtsauffassung von Axel Springer", resümiert das Unternehmen.
Im Kern ging es um zwei Anträge: Das Gericht stützte seine Entscheidung auf den "Hilfsantrag" Springers, der auf die Kombination der Werbeblockade mit dem "Whitelisting" abzielte, das es einzelnen Betroffenen ermöglicht, sich von der Werbeblockade "freizukaufen". Der Hauptantrag richtete sich gegen das "Blacklisting" – das Blockieren von Werbung auf Verlagsseiten. Das OLG erklärt nun laut Springer "das komplette Geschäftsmodell Adblock Plus – also Blacklisting im Zusammenspiel mit Whitelisting – für rechtswidrig".
Zu Wort kommt Claas-Hendrik Soehring, Leiter Medienrecht bei Axel Springer:
"Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln gegen Eyeo hat Signalwirkung für alle Werbeblocker. Journalismus kostet Geld und muss sich immer auch durch Werbeerlöse finanzieren können – sowohl in der analogen Welt als auch im Internet. Illegale Eingriffe Dritter in unsere verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Produktgestaltung – hier durch das "Ausschneiden" von Werbeanzeigen aus digitalen Medienangeboten – müssen und werden wir nicht hinnehmen."
Lob fürs Urteil kommt von den Onlinevermarktern oder auch von der Videowerbeplattform Teads. Christian Griesbach, Managing Director DACH und Eastern Europe beim Unternehmen, ist überzeugt, das Urteil des OLG schiebe dem Whitelisting von Werbeblockern einen Riegel vor. "Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass ein Umdenken auf Seiten der Werbungtreibenden stattfinden muss. Der durch die Adblocker angestoßene Prozess, den User mit seinen Interessen wieder mehr in den Fokus der Werbung zu stellen, hat nach wie vor seine Gültigkeit", mahnt er.
Klar ist aber auch: Springer hat vielleicht einen Sieg gegen Adblock Plus errungen, aber nicht gegen das Adblocking an sich. Weswegen es nicht erstaunlich ist, dass Eyeo im Anschluss an das Urteil verkündet "OLG Köln bestätigt Zulässigkeit von Werbeblockern" - und Springer die Teilhabe am Whitelisting anbietet. Gegen das OLG-Urteil will die Kölner GmbH in Revision gehen.
Denn: Im Streit um die Zulässigkeit von Werbeblockern im Internet ist erst am Freitag vor einer Woche ein Urteil gegen den Springer-Verlag im Verfahren gegen Blockr rechtskräftig geworden. Hintergrund war, dass der Verlag seine Berufung vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen eine Entscheidung des örtlichen Landgerichts zurücknahm, wie es damals vom Gericht hieß.
”Der Nutzer kann nun eigenständig entscheiden, ob er Werbung sehen möchte oder nicht“, sagte Rechtsanwalt Niklas Haberkamm nach dem Schiedsspruch. Er vertritt die Entwickler der Software Blockr. Das Medienhaus war gegen sie vor dem Landgericht Stuttgart gescheitert. Die Software kostet laut Gericht 99 Cent und war Ende 2015 mehr als 42.000 Mal heruntergeladen worden. Dagegen ging Springer vor.
Springer finanziert das Online-Angebot seiner Tageszeitungen wie "Bild" und "Welt" vor allem aus Werbeerlösen. Die Adblocker griffen massiv und aus Sicht des Verlags mit rechtswidrigen Angeboten in das Geschäftsmodell ein, da sie einen relevanten Anteil der Werbung blockierten und damit die Anzeigenerlöse minderten.
Übrigens: Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) gibt die Adblocker-Rate für das erste Quartal dieses Jahres mit 20,09 Prozent an. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatten noch 21,49 Prozent der User die Online-Display-Werbung geblockt. Dennoch: So viel wie zehn Porsche – an jedem Tag: 800.000 Euro - verlieren die deutschen Online-Vermarkter pro Tag durch Adblocker, wie kürzliche eine Meta-Studie von Greenadz ergab.
ps/dpa