60 Jahre W&V:
Attention, Protest & AI: Was ist Hype und was ist Trend?
60 Jahre W&V und wir blicken in die Zukunft: Auf der Panel-Diskussion im Rahmen der Jubiläumsfeier diskutierten Marlene Ronstedt, Céline Flores Willers, Oliver Busch und Francisca Maass mit W&V Chefredakteurin Verena Gründel über Trends und Hypes rund um AI, Web3.0 und über die Frage, wie man heute noch Aufmerksamkeit bekommt.
Sowohl Kunst als auch künstliche Intelligenz stellen einen Remix der Realität her, verwandeln die Realität in etwas neues. Diese Verbindung stellt Krypto-Expertin Marlene Ronstedt her, in München im Haus der Kunst auf der Bühne der Party zum 60-jährigen Jubiläum der W&V. Sie gibt den Impulsvortrag zum ersten Panel, das unter den Schlagwörtern Attention, Protest & AI steht und sich somit einigen der wichtigsten Fragen der Branche widmet.
Die besten Bilder des Abends -> So feierte die W&V im Haus der Kunst
Künstliche Intelligenz stellt uns laut Marlene Ronstedt aber zunehmend vor die Herausforderung, dass sie eigene Realitäten schafft, die gar nicht mehr so leicht von der anderen, (tatsächlichen?) Realität zu unterscheiden sind. Sie führt aus, wie die Blockchain zum Identifier für diese Unterscheidung werden kann, wenn dort Informationen fälschungssicher hinterlegt werden können. "Denn drei Sekunden Mitschnitt von Ihrer Stimme reichen aus, um daraus Audios zu erstellen, in denen Sie alles Mögliche sagen können", führt sie den Anwesenden vor Augen.
Wie wir beweisen, dass wir menschlich sind
Dieser Satz ist einfach zu wahr, um schön zu sein – vielleicht haben wir ihn deshalb schon so oft in Varianten gehört und gelesen: AI krempelt unsere Welt um und wird sie noch weiter umkrempeln. Zwei wichtige Aufgaben stellt Marlene Ronstedt daher in den Vordergrund, um Realität und AI zusammenzubringen und orientiert sich dabei an den zwei Grundideen, mit denen das Krypto-Unternehmen WorldCoin antritt. Wie unterscheiden wir zwischen Fake und Realität und was passiert mit all den Menschen, deren Jobs sich ändern oder verschwinden? WorldCoin will per Iris-Scan eine sogenannte World ID erstellen, mit der User:innen bestätigen können, dass sie menschlich sind und keine Maschinen. Dieser digitale Identitätsnachweis aus dem Kryptobereich könne – ebenso wie NFTs – eine Lösung sein für die Welle von Fakes, die dank AI auf uns zurolle, so Ronstedt. WorldCoin wurde vor rund drei Jahren mitgegründet von OpenAI-Chef Sam Altman und hat inzwischen die Betaphase verlassen. Das Unternehmen plant neben dem Iris-Scan auch eine Art digitales Grundeinkommen, um dem Job-Problem entgegenzuwirken.
Weil AI so vieles verändert, nimmt sich Céline Flores Willers, Linkedin Top-Voice und Gründerin von The People Branding Company, pro Woche einen Tag, an dem sie sich aus dem operativen Geschäft herausnimmt und sich nur mit künstlicher Intelligenz beschäftigt. Das erzählt sie auf dem Panel, moderiert von W&V Chefredakteurin Verena Gründel, das sich dem Vortrag von Marlene Ronstedt anschließt.
Mensch, Marke und Medium im Zusammenspiel verstehen
Mit dabei ist auch Oliver Busch, der lange bei Meta war und als Experte für Marketingskalierung und Technologie dafür plädiert, zwischen Hype und Trend zu unterscheiden. Mit Blick auf den Anlass der Veranstaltung sagt Oliver Busch: "Die Aufmerksamkeitsmechanismen sind in 60 Jahren gleichgeblieben: Man muss Mensch, Marke und Medium im Zusammenspiel verstehen." Die Medien seien zwar andere als damals, aber noch immer unterscheide sich in seiner Wahrnehmung der langfristige Trend vom schnellen Hype dadurch, dass er bestimmte menschliche Trigger bediene.
Allerdings schränkt Busch ein, dass in Deutschland nicht gerade die Gefahr bestünde, zu schnell einem neuen Hype zu verfallen. Auch das Publikum antwortet auf die Frage, ob Deutschland zu schnell auf Hypes aufspringe, mit leicht zynischem Gelächter. Anders in San Francisco, wo Marlene Ronstedt wohnt. Dort würden Hypes mehr gelebt, berichtet sie: Events, auf denen mit Kryptowährung bezahlt wird oder auf die man nur mit entsprechendem NFT kommt, seien dort so alltäglich, dass manchmal nicht klar sei: "Was ist Hype und was ist Alltag in San Francisco?"
Wie gewinnt man die Aufmerksamkeit?
Gleichgeblieben ist aber bei allen Hypes auch nach 60 Jahren die Frage, wie man als Marke die Aufmerksamkeit der Konsument:innen und User:innen gewinnt. Céline Flores Willers ist davon überzeugt, dass die Power von Personal Brands unterschätzt werde. "Der Zugang über persönliche Geschichten funktioniert wesentlich besser“, sagt sie und hebt dabei die Bedeutung des Storytellings hervor. Francisca Maass, Kreativchefin von Grey, die ebenfalls mitdiskutiert, unterscheidet zwischen Kommunikation, die laut polarisiert und solcher, die nachhaltig an Themen dranbleibt. „Natürlich kannst du durch Polarisierung schnelle Aufmerksamkeit erreichen, ob das langfristig wirkt, steht aber in Frage."
Außer Frage steht, dass man im Moment mit AI-Themen gut in die W&V kommt, das bestätigt auch W&V-Chefredakteurin Verena Gründel. Das ist auch gut so, denn dass diese Themen mehr sind als ein Hype-Strohfeuer, da sind sich auf der Bühne alle einig. "Da werden auch in Zukunft noch einige Use Cases entstehen", ist sich Marlene Ronstedt sicher.
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