Die Beantwortung dieser so vermeintlich einfachen Fragen wird oft stark unterschätzt. Hier geht es ans Eingemachte: Ohne die ehrliche Reflexion möglicher Pain Points ist eine überzeugende Vorstellung von der Zukunft nicht zu haben. Aber gerade das sollte jedes Jubiläum bieten: den Ausblick und die Ambition nach vorne. Und so wird das ursprünglich harmlos als "Jubiläumsfeier" verpackte Projekt schnell zur heiß diskutierten Chefsache. Zu Recht, denn die Erwartungen und Emotionen, die mit einem runden Marken-Geburtstag einhergehen, sind kostbar und sollten sinnvoll genutzt werden.

Marken können sich nicht auf ihrer Heritage ausruhen

Gerade in unseren bewegten Zeiten sind selbst die vermeintlich etablierten Big Player niemals vor Krisen oder neuer Konkurrenz gefeit. Frisch gegründete, agile Start-Ups und Brands beleben den Wettbewerb und können schon mal gefühlt wie aus dem Nicht, ohne den Ballast der gewachsenen Strukturen eine ganze Branche beiseiteschieben. Spricht das gegen "die Party"? Nein, im Gegenteil. Jubiläen sind wie gesagt die Stunde der Wahrheit. Wenn sie gut genutzt werden, dienen sie dazu, die Marke einen großen Schritt nach vorne zu bringen. Eine echte Story mit glaubwürdiger DNA und einer Substanz, die sich aus vielen Jahren speist, begeistert die Mitarbeitenden und zieht neue Bewerber sowie Kunden an. Es ist ein fantastischer Anlass, der Welt zu erzählen, dass man sich als Unternehmen und Marke in den letzten Jahren nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht hat. Möglicherweise ist das Unternehmen inzwischen in ganz neue Bereiche vorgestoßen, die vielleicht noch nicht so selbstverständlich mit der Marke assoziiert werden wie die etablierten Produkte? Die Gelegenheit ist damit günstig, aktiv zu kommunizieren, wie sich Marke, Produkte oder sogar die Unternehmens-Kultur in den letzten Jahren verändert haben.

Es ist aber eine komplexe und anspruchsvolle Gemengelage. Wo soll man da am besten anfangen? Hier die wichtigsten Learnings für ein gelungenes Jubiläum, die für 25 ebenso wie für 100 Jahre gelten:

1. Jubiläumskommunikation ist Chef- und Chefinnensache. Immer.
Denn ohne inhaltliche Standortbestimmung bleibt ein Jubiläum kraftlos und oberflächlich. Deshalb sind neben dem Rückblick aufs Erreichte die großen Themen wie Vision, Purpose und Unternehmenskultur unverzichtbar. Dafür müssen die Entscheider-Ebenen rechtzeitig eingebunden werden, um Input zu ihren Vorstellungen von der Zukunft zu geben. Ein runder Marken-Geburtstag verpflichtet zu Antworten – und eine starke Marke sollte auch immer ein Vorbild sein.

2. Planung, Planung, Planung
Rechtzeitig anfangen: 1-2 Jahre Planungsvorlauf sind oft nicht übertrieben. Ein bis zwei Jahre Planungsvorlauf sind oft nicht übertrieben. Denn die internen Klärungsprozesse brauchen Zeit. Und eine tolle Location für ein besonderes Fest, ob für die Mitarbeitenden oder für Kunden und Weggefährten bekommt man nur bei rechtzeitiger Buchung. Genau wie den prominenten Festredner mit vollem Terminkalender.

3. Eine starke Klammer für viele Themen
Das Besondere an einem Jubiläum ist, dass eine ganze Reihe unterschiedlicher Themen, Zielgruppen und Kanäle bespielt werden können. Wichtig ist dabei die Entwicklung einer starken inhaltlichen und visuellen Klammer, die alles zusammenhält, auch über mehrere Wochen und Monate hinweg. Eine schöne Möglichkeit, die viele Unternehmen nutzen ist, nicht nur ein bestimmtes Datum zu begehen, sondern mit Vor- und Nachkommunikation über mehrere Monate aktiv und sichtbar zu sein. Ein Jubiläumsjahr bietet dramaturgisch ganz andere Möglichkeiten als ein Zeitpunkt. Und der Aufwand der Konzeption und Content-Erstellung rechnet sich besser, wenn er im Roll-Out über einen längeren Zeitraum genutzt wird.

4. Die eigenen Ressourcen klären
Natürlich ist es der Job einer Agentur, ihren Kunden möglichst viel abzunehmen. Aber nicht alles ist delegierbar. Und wenn dann zum Beispiel während der Konzeptionsphase klar wird, dass für diesen Anlass der Relaunch der Website zwingend ist, ist es manchmal fast schon zu spät, hier die dafür nötigen Ressourcen bei den eigenen Kollegen und Abteilungen zu ergattern.

5. Professionelle Budgetierung
Aufgrund der vielen beteiligten Gewerke, von der Strategie über die Kommunikation für alle digitalen Kanälen bis hin zum Unternehmens-Film und zur Eventplanung fällt oft sehr spezialisierten Agenturen eine verlässliche Aussage zum Budget schwer. Und im Unternehmen selbst gibt es vielleicht keine Erfahrungswerte – den 100. Geburtstag feiert man naturgemäß zum ersten Mal. Hier sind Partner mit der entsprechenden Erfahrung nötig für eine gemeinsame Budgetierung. So passt der gewünschte beeindruckende Jubiläumsfilm später auch in den Kostenplan.

6. Transformation ist Pflicht
Sicher ist, dass die Welt sich seit der Unternehmensgründung verändert haben wird. Deshalb gibt es kein Jubiläum ohne Transformation. Es ist die Gelegenheit zu erklären, dass sich zum Beispiel das Produktportfolio erweitert hat oder welche digitalen Touchpoints zur Marke entwickelt wurden. Und vielleicht gelingt es, über neue Kanäle neue Zielgruppen anzusprechen, die das alles möglicherweise noch nicht gemerkt haben. Deshalb wird ein Jubiläum von starken Marken häufig genutzt, um einen erkennbaren Veränderungsschritt zu kommunizieren, strategisch und visuell.

7. It’s all about people
Ein gut inszeniertes Jubiläum ist auch eine tolle Recruiting-Plattform. Hier erfahre ich als Bewerber Spannendes, von den Wurzeln eines Unternehmens bis hin zur großen Vision. Es kann also Sinn machen, eine HR-Kampagne gleich mit zu planen oder für den nächsten Schritt vorzudenken. Je besser hier die Dramaturgie und Planung, umso effizienter können Synergien genutzt werden und Themen ineinander greifen und sich gegenseitig verstärken. So wird die Präsenz der Marke weiter hochgehalten.

8. Last but not least: Die eigenen Mitarbeitenden feiern!
Jedes Unternehmen lebt von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein Jubiläum, das nur die große Geste nach außen zelebriert und die eigenen Leute vergisst, geht nach hinten los. Bewährt hat sich nach unserer Erfahrung, möglichst früh wichtige Gruppen und Meinungsbildner aus den eigenen Reihen an einen Tisch zu holen und mit ihren Bedürfnissen und Ideen einzubeziehen. Ein Jubiläum ist immer auch ein wunderbarer, stolzer Moment, der die Bindung der Mitarbeitenden im besten Fall bestätigt und weiter festigt. Vor allem, wenn man es gemeinsam plant.

Mit dem richtigen Maß an Planung, mit einem passgenauen und starken inhaltlichen Fokus, inspirierenden Inszenierungen, ob im digitalen Raum oder ganz greifbar auf der Bühne, kann ein Jubiläum ein mitreißendes Momentum für die Marke entwickeln, nach innen und nach außen. Also: Let’s party? Auf jeden Fall!

Irmgard Hesse ist Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin bei Zeichen & Wunder. Die Marken- und Designagentur steht für die enge Verzahnung von strategischem Denken, ausgezeichnetem Design und Storytelling. Kunden sind u. a. Bründl Sports, Bayerische Hausbau, Deuter, Fraunhofer Gesellschaft, Landeshauptstadt München, Parador, Salus, Sanacorp, SAP, Sporthaus Schuster, Stadtsparkasse München, Valensina, Vaillant und Wolfra.

Irmgard Hesse

 

Wie das Unternehmen Puky aktuell in seiner Jubiläumskampagne zum 75. Geburtstag auf eine wirkungsfokussierte Strategie setzt, erfährst Du in unserem neuesten W&V Executive Briefing, das diesmal dem Thema Kreativität gewidmet ist.Zum Erfolgscase Puky

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Autor: W&V Gastautor:in

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