Fußball-EM:
Volltreffer oder daneben? So gut sind die EM Spots der Sponsoren
Bald geht es los - und schon bevor die Fußball-Europameisterschaft angepfiffen ist, überbieten sich die Adidas, Ergo & Co. mit den passenden Spots. Unser Gastautor Dominic Scheppelmann hat sich diese genauer angeschaut.
Adidas und der DFB haben vorgelegt: Mit ihrem Spot zur Fußball-Europameisterschaft haben sie sozusagen die Quadratur des Kreises geschafft. Die geniale Mischung aus typisch deutschen Stereotypen, einer schlauen Einbeziehung von Internetstars und Rappern, dem Appel für mehr Vielfalt und vor allem die perfekte Dosis an Selbstironie hat erreicht, was fast unmöglich schien: Die Deutschen haben durch einen Spot wieder Lust auf die EM bekommen.
Die Belohnung: Der Clip geht in kurzer Zeit viral und bekommt extrem viel positives Feedback. Dass der Shitstorm für das rosa Auswärtstrikot schon eingeplant war und die passende Antwort vorher gedreht wurde - vorausschauende Werbung at it´s best. Die lässige Antwort einer Nationalspielerin auf den Vorwurf, es sei ein Frauentrikot: „Sieht für mich noch nicht nach acht EM-Titeln aus“ - ein absoluter Volltreffer. Ein Spot, so wild, verrückt und aufregend wie das Champions League-Finale zwischen Manchester und Bayern 1999, nur, dass dieses Mal die Deutschen gewinnen. Dass kurz danach die Entscheidung durchsickert, dass der DFB sich von Adidas trennt, macht den Spot nicht schlechter. Aber klar, wie schlecht es um die Kommunikation des DFB bestellt ist.
Im Vergleich dazu wirkt der EM-Spot von Ergoso aufregend wie ein Bundesliga-Duell zwischen Heidenheim und Hoffenheim. Keiner macht etwas falsch, das Niveau ist durchaus hoch. Aber der Funke springt nicht wirklich über.
Wir sehen nette und durchaus bildgewaltige kurze Clips im klassischen Vignetten Format. Epische Musik. Und viele „Warum“ Fragen und die Antwort: „Weil wichtig ist, was uns vereint“. Und wer sich fragt, warum dies die recht nichtssagende Antwort ist: Weil es so schön zum Claim „Einfach, weil´s wichtig ist“ passt. Fazit: Elfmeter verschossen, Chance verpasst.
Auch die Bahn macht mit
Die Deutsche Bahn hat zumindest ein konkretes und wichtiges Thema: Unter dem Motto „Ein Team. Fürs Klima“ soll der Spot überzeugen, alle Anreisen zur EM mit der Bahn zu machen und so die EM zur nachhaltigsten aller Zeiten zu machen.
Die Umsetzung: klassisch und solide gemacht. Mit mehreren Protagonisten, die mit der Bahn zur EM fahren und alle zusammen aussteigen. Es fühlt sich allerdings eher wie ein routinierter 1:0 Sieg der Bayern in Dominanz-Zeiten an. Professionell, souverän - aber auch nicht mehr. Nur bei der musikalischen Unterlegung mit „You´ll never Walk alone“ kommt kurz echte Spielfreude auf, als würden „Robbery“ zusammen zaubern.
Telekom als Kunstwerk
Und dann gibt es Spiele, die sind einfach ein großes Fragezeichen: gleichzeitig genial und grottenschlecht. Champions-League und Kreisklasse wechseln alle fünf Minuten. So ähnlich ist es mit dem Spot der Telekom, der von Kontrasten lebt. Er zeigt jubelnde Menschen, die das Turnier auf öffentlichen Plätzen und in Kneipen gemeinsam erleben, dank der Glasfaserversorgung durch die Telekom. Dagegen stehen verwaiste Plätze und Kneipen, welche die Botschaft "Kein T-Glasfaser. Kein Fußball" unterstreichen sollen.
Bilder, Kamera-Einstellung, Schnitte, Dramaturgie: genial. Ein echtes Kunstwerk. Aber was genau will uns die Telekom mit „Kein T-Glasfaser. Kein Fußball“ sagen? Schließlich ist Deutschland beim Ausbau des Glafasernetzes ähnlich erfolgreich wie die Nationalmannschaft bei den letzten großen Turnieren. Und so schaut die deutliche Mehrheit der Deutschen die EM eben ohne Glasfaser. Optik also top, Inhalt absoluter Flop.
Was bei allen Spots, ob monumental oder banal, auffällt: Das Thema Diversität ist bei großen Marken inzwischen zur absoluten Selbstverständlichkeit geworden.
Der Autor: Dominic Scheppelmann ist Geschäftsführer der 2do GmbH, ein Unternehmen der GROW Digital Group.