Mediaplanung:
"Erfolgreich sind Medien, die Verantwortung tragen"
Automatisierung, KI, Diskussionen über Werbeverbote: Themen, auf die sich auch die Mediaplanung einstellen muss. Barbara Evans von Mediaplus erklärt, wie Agenturen fit für die Zukunft bleiben.
Die Arbeit verändert sich - und auch in Mediaagenturen halten Themen wie Automatisierung und Künstliche Intelligenz Einzug. Wie setzen sich diese Trends ford, wie gehen Mediaplaner:innen damit um - und welche Medienkanäle bleiben auch in Zukunft relevant? Barbara Evans, Managing Partner Mediaplus Gruppe, gibt im Interview spannende Einblicke in diese und andere Fragen.
Frau Evans, in Mediaagenturen wird mittlerweile sehr automatisiert gearbeitet, mit vielen technischen Tools und Planungswerkzeugen. Wie wird sich dieser Trend fortsetzen?
Wir sehen hier zwei gegenläufige Tendenzen. Auf der einen Seite verlagern sich parallel zur fortschreitenden Digitalisierung des Medienkonsums die Prozesse der Planung und Abwicklung von Kampagnen immer mehr in den Bereich der programmatischen Tools. Andererseits sehen wir eine Fragmentierung der Medienlandschaft und damit verbunden eine zunehmende Silo-Bildung bei der Aussteuerung von Werbung in diesen verschiedenen Welten. Agenturen müssen künftig also weitaus mehr und unterschiedliche Plattformen beherrschen als das früher der Fall war. Die übergreifende und möglichst automatisierte Steuerung von Budgets über Silos hinweg wird eine zentrale Herausforderung für Marketer.
Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, inwieweit KI Ihre Arbeit verändern wird?
Klar ist, dass das Thema KI weiterhin spannend bleibt, da Künstliche Intelligenzen immer neue Möglichkeiten mit sich bringen – auch und vor allem für Agenturen wie unsere. Mit der Emotion Engine haben wir beispielsweise ein KI-Tool ins Leben gerufen, das die emotionale Wirkung der Werbekreation vorab untersucht und Werbetreibende so darin unterstützt, mehr bei der Zielgruppe auszulösen und mit der Marke im Gedächtnis zu bleiben. Auch das Mediaplus Brand Investor Tool basiert auf Künstlicher Intelligenz und ermöglicht globale und intermediale Mediaplanung in Echtzeit sowie flexible Erfolgsprognosen. Unsere Mediaplus-Kolleg:innen müssen daher regelmäßig in KI-gestützten Tools trainiert werden. Denn die bringen nicht nur Vorteile für unsere Kunden, sie entlasten unsere Mitarbeiter:innen auch bei Routinearbeiten. Sie geben ihnen nicht nur mehr Zeit für schöpferisches Arbeiten, sondern unterstützen sie darin.
Die Akzeptanz der Onlinewerbung war ja schon immer eher gering, jetzt greift die Kritik an der Werbung auch ins Analoge über – etwa mit der Forderung nach einem Werbeverbot für Ungesundes. Die Ansprüche, kreative Alternativen zu finden, dürften steigen. Wie kann da eine Mediaagentur punkten?
Die Debatte über ungesunde Lebensmittel ist grundsätzlich wichtig, denn sie schafft eine neue Aufmerksamkeit für ein altbekanntes Problem. Und sie spiegelt einen gesellschaftlichen Trend zu gesünderer Ernährung wider, der insbesondere von der GenZ stark befürwortet wird. Werbeverbote halten wir aber grundsätzlich für schwierig und sie bringen auch wenig, wenn die grundsätzliche Aufklärung fehlt. Wir sollten also nicht danach trachten, Verbote durch besonders kreative Lösungen zu umgehen, sondern Werbung zu machen, die Genuss und Information gleichermaßen berücksichtigt. Als Agentur sind wir gefragt, unsere Kunden hier sehr sensibel zu beraten.
Zusätzlich sollten wir mit dem Vorurteil aufräumen, dass Werbung grundsätzlich abgelehnt wird. Konsument:innen wollen Angebote und Leitplanken. Bei den unzähligen Angeboten und Inhalten, die überall auf sie einprasseln, brauchen sie Orientierung. Agenturen müssen ihre Kunden durch den Dschungel an Medienangeboten steuern: Welche Kanäle dringen zu den Konsument:innen durch, welche Inhalte transportieren die jeweilige Werbung am besten, welche Kreationsmöglichkeiten gibt es, um Zielgruppen abzuholen und Kritiker:innen gleichermaßen zu besänftigen? Das zeigt: Die Werbewirkungsforschung ist und bleibt ein wichtiger Faktor – ein Vorteil, den wir bei Mediaplus mit unserem Marktforschungsinstitut Facit haben.
Welche Medienkanäle werden Bestand haben? Wo erwarten Sie die stärksten Veränderungen?
Letztlich wird sich fortsetzen, was wir schon seit längerem beobachten: der Trend hin zu digitalen, flexibel nutzbaren Medienkanälen und -inhalten, denen es gelingt, nah an den punktuellen Bedürfnissen und individuellen Lebenswelten ihrer Nutzer:innen dran zu sein. Erfolgreich sind Medien, die Verantwortung tragen, die einem Purpose folgen und Themen wie Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellen; Medien, die Qualitätsjournalismus betreiben und Wahrheiten aufdecken. Das sind Medien, die im richtigen Moment unterhalten, informieren, ablenken; Medien, denen es gelingt, in einer immer stärker medialisierten Welt durchzudringen und die analoge und digitale Welt sowie Content und Commerce nahtlos miteinander zu verbinden. Das macht es insgesamt zum Beispiel zunehmend schwerer für die Gattung Print und leichter für digitale, vor allem soziale Medien. Und doch sollte man keine Gattung per se in Frage stellen. Auch eine Gattung wie Print wird weiterhin Bestand haben.
Inzwischen spielt sich wieder mehr Leben in den Straßen, bei Events, in Shopping Malls, auf Reisen ab. Gibt das neue Impulse, etwa für digitale Außenwerbung oder für Experiental Marketing?
Durch unser kontinuierliches Mediaplus-Mobilitätstracking sehen auch wir eine Rückkehr zur Pre-Corona Mobilität, was die Frequenzen an den öffentlichen Touchpoints angeht. An vielen Touchpoints werden neue Screens aufgebaut wie in Apotheken, Wartezimmern, an Kiosken. OOH wird durch seine digitale Komponente stärker zum Informationsmedium. Es wird so auf wichtige Themen und Gefahren hingewiesen. Digital OOH legt weiter deutlich an Bedeutung zu, weil Menschen vor allem durch animierte Inhalte angesprochen werden. Zudem können die Inhalte tagesaktuell und exakter verändert werden, um den erhöhten „Informationsdurst“ der Bevölkerung zu befriedigen. Auch der QR Code bleibt ein spannendes Thema: Hier gibt es deutlich mehr kreative Lösungen und Möglichkeiten zur Umsetzung – was zu einer erhöhten Interaktion von Zielgruppe und OOH-Medium führt. Wie auch beim Thema Nachhaltigkeit: Es existieren immer mehr begrünte Flächen, solarbetriebene Anlagen, Stadtmobiliar zum Verweilen. Das lädt zu kreativen Media-Ideen ein, wie wir beispielsweise gemeinsam mit Heimat und der Hornbach-Kampagne „Überall kann Garten sein“ gezeigt haben.
Wie wird sich die Belegschaft wandeln? Sind neue Skills gefragt? Und kommt mehr Nachwuchs aus dem Ausland zu uns, um unseren Fachkräftemangel zu beseitigen?
Ist die Frage nicht eher: Wie werden Talente künftig in Organisationen zusammenarbeiten? In Agenturen sind die Strukturen schon immer andere als in klassischen, stark auf Hierarchien fußenden Organisationen. Und doch wird es auch hier einen deutlichen Wandel geben: Künftig wird es noch viel mehr darum gehen, jede:n entsprechend seiner oder ihrer Persönlichkeit und Skills einzubinden – auf individuelle Stärken zu schauen und diese weiterzuentwickeln, Raum dafür zu geben.
Skills, die wichtiger werden, sind vor allem Offenheit und Flexibilität, aber auch das Thema Fluidität wird immer größer. Teams müssen sich in Zukunft auf flexiblere Teamkonstellationen einstellen. Das heißt, mal in den Vordergrund, mal in den Hintergrund rücken – egal welchen Titel oder welche Funktion man innehat. Es geht generell um die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, Neues zu lernen, in neuen Teams und Strukturen zusammenzuarbeiten. Und seinen Kolleg:innen mit offenem Geist und offenen Augen zu begegnen. Denn die Vielfalt in den Teams wird zunehmen – auch die internationale. Und das ist eine großartige Entwicklung. Bei Mediaplus arbeiten wir mit Kolleg:innen aus vielen Teilen der Welt zusammen. Und das empfinde ich als große Stärke.
Inwieweit kommt es da noch stärker auf Employer Branding an?
Employer Branding wird generell immer wichtiger – im nationalen und besonders auch im internationalen Kontext. Es ist längst bekannt, dass jüngere Generationen auf dem Arbeitsmarkt verstärkt nach Unternehmen suchen, deren Kultur und Werte zu ihren eigenen passen. Sie suchen nach Jobs, die sie zufriedenstellen. Natürlich sind auch die Konditionen und Rahmenbedingungen wichtig, aber vor allem geht es ihnen darum, dass es sich gut anfühlt, für ein Unternehmen zu arbeiten, dass sie sich dort wohlfühlen. Umso wichtiger ist es, sich als Unternehmen der eigenen Identität bewusst zu sein und diese klar und transparent nach außen zu kommunizieren.
"Faszination Media: Die Bühne für die ganz großen Inhalte" war auch Thema auf der diesjährigen Screenforce Academy. Mediaplus-Expertin Anna-Maria Dannhauser nahm die Teilnehmer:innen mit in die aufregende Welt der Media, vorbei an den kreativsten Cases, strategischen Konzepten und aktuellen Branchentrends. Hier gibt es die Möglichkeit, den Vortrag noch bis 5. Mai nachzuhören.