Social Media:
"Denk wie eine Meme-Seite": So wurde „BroSieben“ zur Tiktok-Lovebrand
Ein Markenaccount, der eigene Fanpages hat – und innerhalb kürzester Zeit die Followerzahl mehr als verdoppeln konnte: Was steckt hinter dem Prosieben-Hype auf Tiktok? Senior Social Media Stratege Dario Ciraulo hat es verraten.
"Denke wie eine Meme-Page" – so fasste es Dario Ciraulo, der bei Prosieben zusammen mit seinem Team für die Tiktok-Strategie des Senders verantwortlich ist, auf der Screenforce Academy in seinem Vortrag „Eine Entertainment Brand erfolgreich für die Gen Z positionieren“, zusammen. Und erklärte, was es mit dem Hype um die Marke auf sich hat: Der Grund für den Erfolg sei ein Strategieshift, den die Marke auf der Plattform in diesem Jahr vorgenommen hat, erklärt Ciraulo. Und gibt zu: Das war nicht immer einfach.
„Die größte Herausforderung ist es zu verstehen, wie der Look & Feel von Tiktok für einen TV-Sender funktioniert“. Dabei gehe es nämlich nicht einfach darum, die Inhalte aus dem TV 1:1 in die sozialen Medien zu übertragen, sondern „zu 100 Prozent in Richtung Gen Z-gerechte Ansprache zu gehen“.
Humor und Selbstironie
Durch Humor und Selbstironie habe man die Interaktionen so um 100 Prozent steigern können. Startschuss war der „Capybara“-Trend, bei dem es darum ging, ein vermeintlich hässliches Tier auf Tiktok in Szene zu setzen. Prosieben tat das mit kleinen Ausschnitten des putzigen Tierchens als Moderator von „TV Total“, auf dem Cover von „Hapers Bazaar“ als Anspielung auf GNTM und mehr. Der Zielgruppe gefiel das – Ergebnis: Mehr als 2 Millionen Views, über 90.000 Likes, und mit 14.000 Shares der meistgeteilte Inhalt auf dem Account.
„Das Feedback war krass“, so Ciraulo – und mit diesem einen Video wuchs der Account so stark wie im gesamten Vorjahr. „Wir denken Community first“ – das heißt: Der Input kommt aus den Kommentaren selbst, aus ihnen werden Insights für neuen Content gezogen. Viral Comments als Markenzeichen. Das nutzt der Sender auf Tiktok auch für den fast schon „legendären“ Schlagabtausch mit der Deutschen Bahn, bei dem sich Sender und DB ein regelrechtes Battle liefern, wer die lustigsten Kommentare abliefert und den anderen mehr in die Pfanne haut.
So postete die Deutsche Bahn etwa die Frage: „Wie viele Zuschauer hat ProSieben? Two and a half men!“ Darauf konterte der Sender: „Wie viele pünktliche Züge? Two and a half pro Monat.“ Immer, wenn die Deutsche Bahn ein neues Video postet, kommentiert ProSieben – und umgekehrt. „Ein virales Format, das abseits von unseren Inhalten stattfindet, aber für einen massiven Uplift auf dem Account sorgt“, erklärt Ciraulo.
"BroSieben" spricht die Gen Z an
Auch „BroSieben“, der Spitzname des fiktiven Charakters, der für den Sender postet, kam aus der Community selbst, man habe das aufgegriffen und immer wieder eingesetzt. „Das wurde irgendwann zur Erfolgsspirale, mit der sich die Community mittlerweile als eigener Teil des Accounts fühlt“.
Was können andere Marken vom Prosieben-Erfolg lernen?“ Das Wichtigste ist die Positionierung von einem Admin als Corporate Character, der wie ein fiktiver Entertainer agiert und dadurch einen Wiedererkennungswert schafft, so der Experte. Keine Scheu haben, selbstironisch zu sein, sich selbst auf die Schippe nehmen und dann gekonnt in Gen Z-Sprache kommunizieren. Bei Bro – Verzeihung, ProSieben gibt es dafür sogar ein eigenes „Gen Z-Wörterbuch“, wo Wordings hinterlegt sind und man auch mal was nachschlagen kann. Der Input dafür kommt nicht etwa aus dem Duden, sondern wird aus den Kommentaren gefiltert.
Wichtig sei es, zuerst die Plattform zu verstehen, die Sprache und das Gefühl – und erst dann wisse man, wie man sich hier richtig positioniert. Der nächste Schritt für Prosieben ist es, die eigenen Inhalte noch stärker über Tiktok zu pushen. Denn auch unter dem Deckmantel von „BroSieben“ möchte man im Kern natürlich eines bleiben: der bekannte TV-Sender Prosieben.