Ähnliche Sorgen haben "Spiegel" und "Focus", deren verkaufte Auflage im Vergleich zum Vorjahr jeweils um rund 5 Prozent zurückgegangen ist. Der "Spiegel" setzte zwischen Juli und September noch 789.062 Exemplare ab, Burdas "Focus" 474.453. Generell ein Problem: Der Einzelverkauf schwächelt. Einschränkend gilt zu sagen, dass viele Verlage die Zahl ihrer Bordexemplare zurückgefahren haben.

Doch wenden wir lieber den Blick auf die Frage, wann und wo es beim Werbeträger Print noch gut läuft:

Erstens.
Wenn es die Nachrichtenlage zulässt.

Zwischen Juli und September war schlicht viel los. Angefangen beim Beschluss pro Brexit der Briten Ende Juni, der die Medien wochenlang beschäftigte. Tragisches wie der Amoklauf von München mussten analysiert werden - hier scheinen die Leser dem Gedruckten immer noch sehr zu vertrauen. Von der Trennung des Hollywood-Traumpaares Brangelina im September ganz zu schweigen.

Da profitiert dann auch bei aktuellen Magazinen oder People-Blättern der schwierig gewordene Einzelverkauf am Kiosk. So konnte etwa der "Stern" im 3. Quartal hier zulegen, ebenso wie Bauers "Intouch" oder die "Gala" aus dem Hause Gruner + Jahr. Auch Titel wie Burdas "Bunte" oder Klambts "OK" haben das Ehe-Aus zwischen Angelina Jolie und Brad Pitt mit nachgeschobenen Extraausgaben begleitet. 

Zweitens.
Wenn viel neu gegründet wird.

Laut IVW sind im abgelaufenen Quartal unter anderem mehr Exemplare der Gattung Frauenzeitschriften abgesetzt worden – sowohl von den wöchentlichen als auch von den zweiwöchentlichen und monatlichen. Hier ist aber das Gründerfieber der Verlage gerade besonders groß, hinzu kommen Specials und Line-Extensions.

Allein acht neue Titel sind binnen Jahresfrist bei monatlichen Frauenzeitschriften hinzugekommen – und immer mehr Nischen innerhalb großer Genres werden mit Erfolg besetzt: Titel für Frauen 40 plus, für Rushhour-Frauen, für Frauen der Gen Y und so weiter. 

Trost für Verlage wie Gruner + Jahr: Während alte Flaggschiffe ("Stern") ins Schlingern geraten, halten erfolgreiche Neustarts ("Barbara", "Flow", "Chefkoch") den Verlag auf Kurs.

Drittens.
Wenn Printmedien dem Leser Orientierung und Mehrwert bieten.

Die IVW weist für Wochenzeitungen im 3. Quartal 2016 über alles ein leichtes Plus von 0,11 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus. Das spricht für den Bedarf der schwindenden Zahl an Print-Fans, sich umfassend und eher einmal pro Woche vertieft mit Hintergründigem zu befassen. Ein Bedürfnis, dem beispielsweise die "SZ am Wochenende" seit einiger Zeit entgegenkommt.

Leider kann der wichtigste Wochentitel sein Niveau nicht ganz halten: "Die Zeit" verliert leicht gegenüber Vorjahr. Nach 496.946 Exemplaren registriert die IVW nun 490.947 Exemplare bei der verkauften Auflage – ein eher kleiner Verlust in Höhe von 1,2 Prozent.

Viertens.
Wenn Sie sich nur aufs E-Paper konzentrieren ...

Da reichen allein die Prozentangaben aus, um zu verdeutlichen: Print wird immer lieber digital konsumiert – wie es gerade eben auch die Zeitungslobbyisten der ZMG formuliert haben.

So legt die verkaufte E-Paper-Auflage der Wochenzeitungen im 3. Quartal gegenüber Vorjahr um 37,33 Prozent zu. Bei den Tageszeitungen sind es 22,2 Prozent und bei den Publikumszeitschriften immerhin noch 14,05 Prozent.

Die einzelnen Reichweiten können Sie hier direkt bei der IVW abfragen.

Sollte jetzt Optimismus aufgekommen sein, dann blicken Sie besser nicht auf diese grafische Auswertung der IVW zur Auflagenentwicklung der wichtigsten Printsegmente innerhalb der vergangenen 10 Jahre.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.