Videostreaming-Markt:
Quibi kämpft mit Problemen an allen Fronten
Die Zahl der App-Downloads des Streamingdienstes bricht ein, die Werbekunden werden nervös und es droht auch noch ein Patentstreit. Ob das Startup die Misere bewältigen kann, wird immer fraglicher.
Gewaltige 1,75 Milliarden Dollar an Investorengeldern konnte Quibi im Vorfeld seines Launches einsammeln – und zwar von namhaften Adressen: Disney, Warner Media, NBC Universal, ViacomCBS und Sony. Damit avancierte das Unternehmen mit Hauptsitz in Los Angeles schon vor dem Start zu einem der am besten mit Kapital ausgestatteten Startups aller Zeiten.
So ganz erstaunlich war das allerdings nicht. Denn Gründer des Kurzvideo-Streamingdienstes ist kein anderer als Jeffrey Katzenberg, Ex-Chairman der Walt Disney Studios sowie Mitgründer und Ex-CEO des Hollywood-Studios DreamWorks. Als CEO für Quibi holte sich Katzenberg dann auch noch Meg Whitman, ehemals President und CEO von Ebay sowie Ex-CEO von Hewlett-Packard.
Doch trotz des hochkarätigen Managements: Die Situation des Anfang April gelaunchten Streamingdienstes wird immer prekärer, wie ein alles andere als schmeichelhafter Bericht des Wall Street Journals nahelegt.
Schon kurz nach dem Start deutete vieles darauf hin, dass es nicht so läuft, wie es von den Machern ursprünglich geplant war (W&V Online berichtete). Vor allem, was die potenzielle Abonnenten-Zahl betrifft. Zwar verzeichnete Quibi – ein Kofferwort für "Quick Bites" – am Launch-Tag knapp 380.000 Downloads. Seither ist das Interesse an der Plattform mit den maximal zehn Minuten langen Videos aber deutlich gesunken. Laut Mobile-App-Marktforscher Sensor Tower lag die Zahl der Downloads in der ersten Juni-Woche bei unter 20.000 pro Tag.
Abo-Ziel wird wohl weit verfehlt
Nach Angaben von Quibi wurde die App bislang insgesamt fünf Millionen Mal heruntergeladen, laut Sensor Tower 3,8 Millionen Mal. Doch nicht alle Downloads münden auch in ein Abonnement, das in der Variante mit Werbung 4,99 Dollar monatlich kostet, in der Variante ohne Werbung 7,99 Dollar. In Deutschland, wo es bislang nur die werbefreie Variante gibt, liegt die Gebühr für das Monats-Abo bei 8,99 Euro. Bis Ende Mai sollen mehr als 1,5 Millionen Nutzer tatsächlich ein Abonnement abgeschlossen haben, wobei die Plattform allerdings eine 14-tägige kostenlose Testphase einräumt.
Wie das Wall Street Journal schreibt, das sich dabei auf eine namentlich nicht genannte Insider-Quelle beruft, wird Quibi zum Ende des ersten Jahres nach dem Launch auf nicht mehr als zwei Millionen zahlende Kunden kommen – das wären weniger als 30 Prozent der eigentlich für diesen Zeitraum anvisierten 7,4 Millionen Abonnenten.
Werbe-Deals sollen neu verhandelt werden
Quibi kämpft allerdings noch an weiteren Fronten. So hatte sich die Plattform vor dem Launch bereits Werbebuchungen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rund 150 Millionen Dollar sichern können, unter anderem von Procter & Gamble, Walmart, General Mills, PepsiCo, Taco Bell und Anheuser-Busch InBev. Doch diese Unternehmen versuchen derzeit offensichtlich, die Werbe-Deals neu zu verhandeln – einerseits wegen der geringen Quibi-Nutzerzahlen, andererseits aber auch wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihr eigenes Geschäft.
Nicht gerade gelegen kommt da eine juristische Auseinandersetzung um Patentrechte, die das New Yorker Video-Startup Eko gegen Quibi eingeleitet hat. Was die Angelegenheit noch verschärft: Hinter Eko stehen finanzkräftige Investoren wie der Hedgefonds Elliott Management oder der Einzelhandelsgigant Walmart.
Dass derzeit bei Quibi nicht alles rund läuft, zeigt auch eine Reihe früher Abgänge leitender Mitarbeiter: So hat sich gerade einmal zwei Wochen nach dem Launch Megan Imbres, Head of Brand and Content Marketing, schon wieder von dem Unternehmen verabschiedet. Bereits im November hatte Diane Nelson, Head of Content Operations, nach nur zehn Monaten bei Quibi gekündigt und im August vergangenen Jahres war die Stelle von Tim Connolly als Head of Partnerships and Advertising gestrichen worden. Nur wenige Wochen später verließ Content Executive Janice Min das Unternehmen.