Nachhaltigkeit:
Everdrop: "Wir behandeln unsere Reinigungsmittel wie Software"
Lifestyle als Brückenbauer zu mehr Nachhaltigkeit - wie Everdrop es geschafft hat, sich im hart umkämpften Reinigungsmittelmarkt zu behaupten, erklären die beiden Gründer David Löwe und Christian Becker im Interview.
Wie können wir den Alltag nachhaltiger gestalten, fragten sich Christian Becker und David Löwe. Zum Beispiel mit Reinigungsmitteln zum Nachfüllen. Beim German Brand Award gewann Everdrop den Ehrenpreis für "Best Purpose of the Year". Im Interview geben die Gründer von Everdrop Einblicke in ihre Vision und verraten, mit welcher Strategie sie die Zukunft grüner gestalten.
Das erste Produkt von Everdrop waren Putzmittel-Tabs, die zu Hause in einer Sprühflasche mit Wasser aufgelöst werden können. Wie kam es zu der Idee?
David Löwe: Meine Mitgründer und ich waren im Herbst 2019 auf der Suche nach einer Idee, mit der wir den Alltag unserer Gesellschaft ein bisschen nachhaltiger gestalten können. Also haben wir uns in unseren eigenen vier Wänden umgeschaut. Und das Problem, das uns da ins Auge sprang, kennt wohl jede:r: der Putzmittelschrank voller Einwegplastikflaschen. Die erzeugen nicht nur unnötig Müll, sondern sind in den meisten Fällen auch eine ästhetische Zumutung. So kamen wir auf die Idee, hochwertige Reiniger in stylishen Flaschen anzubieten, die zu Hause immer wieder nachgefüllt werden können, womit wiederum jede Menge Einwegplastik eingespart wird. Und zwar nach einem einfachen Prinzip: Wasser plus Tab – fertig ist der Reiniger!
Mit dieser Idee waren Sie nicht die Ersten am Markt, gehören seitdem aber zu den Erfolgreichsten. Wie sind Sie bei der Markendifferenzierung vorgegangen, worauf legen Sie besonderen Wert?
Christian Becker: Richtig, ein Hersteller hatte die Tabs schon in den 1980er Jahren entwickelt, aber leider wollte sie damals niemand haben. Unser Ansatz liegt darin, eine Brücke zu bauen zwischen nachhaltigeren Konzepten und einem Lifestyle, der für eine breitere Zielgruppe attraktiv ist. Unser ursprüngliches Alleinstellungsmerkmal – Tab- oder Pulver-Refillprodukte mit immer wiederverwendbaren, stylishen und minimalistischen Flaschen – hat somit in der Branche neue nachhaltige Standards gesetzt, die von immer mehr Mitbewerbenden übernommen werden. Grundsätzlich verzichten unsere Produkte komplett auf Einwegplastik und unnötige Chemie – und reduzieren zudem bis zu 97 Prozent CO2-Emissionen im Transport. Dieses Konzept macht unsere Produkte auf lange Sicht deutlich nachhaltiger als vergleichbare herkömmliche Produkte.
Zudem lautet einer unserer Grundsätze ‚We treat our products like software‘. Wir optimieren unsere Produkte kontinuierlich weiter – basierend auf Kund:innenfeedbacks und mithilfe unserer eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Während traditionelle Unternehmen jahrzehntelang nur die Putzleistung ihrer Produkte gesteigert haben, ist es uns wichtig, mit jeder Weiterentwicklung leistungsstärker UND ökologischer zu werden. Der beste Beweis, dass uns das gelingt, ist der Stiftung Warentest-Sieg unserer Spülmaschinen-Tabs ohne Plastikhülle.
Welchen Stellenwert haben Sie dem Produktdesign gegeben?
David Löwe: Einen sehr großen! Denn uns ist es wichtig, das Thema Nachhaltigkeit einem breiten Publikum zugänglich zu machen, ohne dass es sich so "ökig" anfühlt. So setzen wir die Einstiegsbarriere herunter, um sich mit nachhaltigen Konzepten zu beschäftigen. Denn generell ist es unser Ziel, so vielen Menschen wie möglich einen nachhaltigeren Lifestyle zu ermöglichen. Einerseits durch unsere umweltverträglichen und dennoch leistungsstarken Produkte, andererseits durch die ansprechende minimalistische Ästhetik unserer Verpackungen.
Wie integrieren Sie die Prinzipien des Circular Design in die Entwicklung und Produktion Ihrer Produkte?
Christian Becker: Circular Design spielt bei uns vor allem beim Nachfüll-Prinzip eine große Rolle. Wir verwenden die Reiniger-Flaschen nicht einmal, sondern ermöglichen den Kund:innen das einfache Nachfüllen Zuhause. Außerdem liefern wir Ersatzteile für Sprühköpfe oder Dosierer, damit die Flasche bei Verschleißerscheinungen nicht entsorgt werden muss. Beim Design der Flaschen achten wir darauf, dass wir sie nach Möglichkeit immer aus recycelten Materialien herstellen und diese so langlebig entwickeln, dass man das Produkt viele Jahre verwenden kann.
Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie bei der Umsetzung von Circular Design in Ihrem Unternehmen und in der Branche insgesamt?
Christian Becker: Die größte Herausforderung ist aktuell für uns die Überregulierung durch EU und Länder, denn viele recycelte Materialien können zum Beispiel in der Kosmetik nicht verwendet werden, da sie nicht 100 Prozent einheitlich in der Zusammensetzung sind.
Welche Vermarktungsstrategie haben Sie verfolgt und welche Marketingkanäle nutzen Sie dafür?
David Löwe: Das Haushaltsreinigungs-Segment ist vermutlich eines der am härtesten umkämpften Bereiche. Wenn man sich anschaut, wie viele Marken neunstellige Beträge jedes Jahr in Marketing-Maßnahmen investieren, hat man in den klassischen Medien eigentlich wenig Chancen. So versuchen wir in den digitalen Medien genau die Generation gezielt anzusprechen, die sich lautstark für das Thema Nachhaltigkeit einsetzt. Und genau hier sind wir fast schon viral gewachsen. Meta-Advertising und Influencer haben uns hier definitiv geholfen, uns als D2C Brand zu etablieren. Denn weil wir ein etwas erklärungsbedürftiges Produkt haben, können gerade Videoformate und Influencer viel Aufklärungsarbeit leisten.
Christian Becker: Aktuell befinden wir uns in zwei wichtigen Transformationsprozessen, um die Zukunft von Everdrop zu gestalten: Einerseits haben wir uns von einer reinen D2C- zu einer Omni-Channel-Brand entwickelt, die jetzt auch verstärkt im Handel zu finden ist und dort das Produktportfolio erweitert. Andererseits erschließen wir neue Märkte im Ausland, jüngst die Niederlande, und treiben so die Internationalisierung voran.
Ihr Unternehmen ist auf Expansionskurs UND Sie wurden beim German Brand Award 2024 mit dem Ehrenpreis "Best Purpose of the Year" ausgezeichnet. Wie gelingt es Ihnen, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zu vereinen?
David Löwe: Wir haben ambitionierte Ziele, weil wir wissen, dass sich Nachhaltigkeit nur durchsetzt, wenn sie auf Dauer attraktiv und profitabel ist. Wir blicken optimistisch in die Zukunft, da wir als Unternehmen auf zwei Makrotrends setzen: Nachhaltigkeit wird notgedrungen immer wichtiger und in der Gesellschaft präsenter, da die Auswirkungen des Klimawandels auch in Europa immer spürbarer werden. Außerdem bestellen Menschen immer häufiger Waren im Internet und gewöhnen sich an die Convenience des e-Commerce.
Auch in Ihrer Unternehmenskultur sind ökologische und soziale Nachhaltigkeit fest verankert. Welche Werte sind dabei besonders wichtig und wie setzen Sie diese um?
Christian Becker: Das Thema Nachhaltigkeit und Transparenz ist bei uns allgegenwärtig und Teil unserer DNA. Wir wollen so transparent wie nur möglich mit unserem Umweltimpact umgehen – was in unserer Branche alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. Wir veröffentlichen und aktualisieren unseren Wissensstand darüber kontinuierlich auf unserer Website, von den eingesparten Umweltbelastungen durch unsere Produkte über unseren CO2-und Plastik-Fußabdruck bis hin zu unseren Inhaltsstoffen. Zudem zeigen wir auf unserer Website transparent auf, wo wir uns schon verbessern konnten und woran wir noch arbeiten möchten.
David Löwe: Auch im Team versuchen wir beim Thema Nachhaltigkeit kontinuierlich noch mehr in die Tiefe zu gehen. Beispielsweise mit Deep-Dives zu Themen wie Mülltrennung oder Recycling. Zudem glauben wir, dass jede:r etwas in seiner direkten Umgebung bewirken kann und viele kleine Schritte zu einer großen Veränderung führen. Deshalb haben wir "Green & Social Impact"-Tage eingeführt: Wir geben unseren Mitarbeitenden zwei voll bezahlte Tage zusätzlich zu ihrem regulären Jahresurlaub, um eigene Umwelt- oder Sozialprojekte zu unterstützen.