Testimonials:
Am Ende ist jedes Testimonial auch Influencer
Testimonials gibt es, seit es Werbung gibt. Doch wie zeitgemäß ist es heute noch, auf Promis als Markengesichter zu setzen? Nico Buchholz, Geschäftsführer Creative Cosmos 15, im Interview.
Herr Buchholz, vor wenigen Tagen gab Samsung eine Testimonial-Neu-Verpflichtung bekannt: Big-Wave-Surfer Sebastian Steudtner ist in Deutschland der neue Markenbotschafter für die Wearables des südkoreanischen Konzerns. Perfect Match oder eher nicht?
Aus meiner Sicht Perfect Match. Sebastian ist mit seinen herausragenden Erfolgen ein absolutes Vorbild und Vorreiter, der wiederum andere beeinflussen wird. Zudem ist sein Gesicht und das, was er macht, noch sehr ungesehen, was sehr gut zum Anspruch von Samsung passt. Darüber hinaus erreicht Samsung damit eine Zielgruppe, die sie gefühlt vorher nicht adressiert haben und die weitere Segmente mit sich bringt. Schaut man sich andere Partner von Sebastian an, sind sie zudem in sehr guter Gesellschaft.
Was sind die aktuellen Herausforderungen in Ihrem Geschäft? Und welche Rolle spielen Influencer als Testimonials?
Immer neue Kanäle sorgen für immer fragmentiertere Reichweiten und dementsprechend auch neuen Persönlichkeiten in diversen Bubbles. Früher gab es gefühlt den Tommi Gottschalk, der dank ‚Wetten, Dass..?‘ der Showmaster schechthin war und mit dem man eine breite Öffentlichkeit angesprochen hat. Heutzutage haben etliche Persönlichkeiten auf diversen Plattformen eine enorme Relevanz - gemessen an ihren Reichweiten -, was es bei der Wahl und Aussteuerung des richtigen Testimonials nicht immer einfacher macht. Am Ende ist jedes Testimonial auch Influencer, ganz egal ob der- oder diejenige mit einer eigenen Show bekannt geworden ist oder er sich auf Twitch beim Zocken filmt.
Sie haben bereits diverse Kampagnen mit Testimonials konzipiert und umgesetzt, darunter Lukas Podolski, Andrea Petkovic oder Bill Kaulitz. Wie findet man denn überhaupt das richtige Testimonial für eine Marke?
Im ersten Schritt sollten sich Werbungtreibende überlegen, welche Zielgruppe angesprochen werden soll. Also will ich eher den Mainstream erreichen oder in einem ganz bestimmten Segment stattfinden. Wenn man diese Frage geklärt hat, sollten man sich anschauen, welche Person dafür in Frage kommt und diesen dann idealerweise mit seinen Markenwerten und dem geplanten Medienmix abgleichen. Ganz wichtig ist dabei auch der emotionale Fit, also kann es sich der Werbungtreibende überhaupt vorstellen, mit dieser Person zu werben? Anschließend sollte dann die Anfrage platziert werden.
Worauf muss man unbedingt achten, damit das Zusammenspiel zwischen einer Marke und einem Testimonial zu einem „Perfect Match“ wird?
Die Glaubwürdigkeit muss gegeben sein. Wenn ich jeden Tag mit einem Porsche zum Trainingsgelände fahre, macht es wenig Sinn, sich für Dacia als Testimonial verpflichten zu lassen. Aber darüber hinaus gibt es einige Aspekte, die die Glaubwürdigkeit erhöhen. Zum Beispiel könnte man über eine eigene Produktlinie nachdenken oder prüfen, ob der- oder diejenige die Produkte auch wirklich nutzt.
Thomas Gottschalk war fast ein Vierteljahrhundert für die Goldbären von Haribo im Einsatz. Ist so ein langes Engagement noch zeitgemäß?
Aus meiner Sicht gibt es da keine klare Empfehlung. Sicherlich ist der Punch am Anfang höher und der Grenznutzen nimmt von Jahr zu Jahr ab. Dennoch zahlen langfristige Partnerschaften auf die Glaubwürdigkeit ein, die einen positiven Einfluss auf die Marke und das Testimonial haben. Wenn Nike jedes Jahr zu den großen Grand Slams mit ihren Stars eine neue Kollektion rausbringt, macht das absolut Sinn. Als Roger Federer dann irgendwann ein unfassbares Angebot von einem Wettbewerber erhielt, ist Nike nicht mitgezogen, was nachvollziehbar ist und nicht negativ auf die Glaubwürdigkeit eingezahlt hat. Andre Agassi ist hingegen mal kurzzeitig zu Adidas gewechselt, was absolut gar keinen Sinn ergeben hat, da er so stark in den Köpfen der Menschen mit Nike verankert ist, dass es sich nicht für Adidas ausgewirkt hat.
Einer Ihrer aktuellsten Kampagnen ist derzeit überall zu sehen: Die für den Möbelkonzern XXXLutz, der mit Matthias Schweighöfer auf einen der bekanntesten deutschen Schauspieler setzt. Was steckt dahinter?
XXXLutz wollte nach etlichen Jahren ohne Testimonial wieder mit einem bekannten Gesicht werben. Gemeinsam mit ihrer Agentur ForSale haben sie sich dann angeschaut, wer in Deutschland die höchsten Sympathiewerte in der Breite hat und so kamen sie relativ schnell auf Matthias. Das funktioniert für XXXLutz so gut, dass die Zusammenarbeit gerade erst um zwei weitere Jahre verlängert wurde. Das Spannende an der Kooperation ist, dass wir nicht nur auf Matthias zurückgreifen können, der ja Mitgründer unserer Mutterfirma Pantaflix ist, sondern auch auf alle anderen Ressourcen aus der Pantaflix Group, zu der wir als Kreativagentur gehören.
Auch Jokolade, das Schokoladenlabel des TV-Stars Joko Winterscheidt, ist ein spannender Case...
Einer meiner Lieblingscases! Wenngleich das auch kein klassischer Testimonial-Deal ist, da Joko Gründer, Inhaber und Gesicht in einem ist, was natürlich aus Glaubwürdigkeitsgesichtspunkten nicht zu toppen ist. Das spannende bei der Jokolade ist zudem, dass man einem wirklich wichtigen Unterfangen – Jokolade versucht einen Beitrag zu leisten, um die Kakao zeitnah Kinderarbeits- und Sklavenfrei zu produzieren – Aufmerksamkeit schenkt und die Rolle des Testimonials darin besteht, nicht nur zu werben, sondern sich auch aktiv zu beteiligen. Also quasi nichts anderes als Storydoing anstelle von Storytelling.