Social TV Summit :
Was macht ein gutes Social-TV-Format aus?
Macht Stefan Raab per se Social TV - weil er als Protagonist viel kommuniziert und kommunizieren lässt? Erkenntnisse vom 2. Social TV Summit.
Bertram Gugel, Video- und Social TV-Experte, bringt es auf den Punkt: "Fernsehen geht nicht mehr ohne Social Media. Social Media wird nicht länger nur als Verlängerung von TV-Inhalten gesehen." Es gehe vielmehr um die Entwicklung von originären Social TV-Formaten, so sein Plädoyer auf dem Social TV Summit, den die Medienanstalt BLM in diesen Tagen zum zweiten Mal in München veranstaltet hat. Doch was macht ein gutes Social-TV-Format aus, das auf beiden Bildschirmen – den viel beschworenen "First und Second Screen" – ankommt?
Sebastian Krüger von ProSieben Sat.1 ist überzeugt, dass das Beispiel Stefan Raab per se ein Social-TV-Format sei - weil der Protagonist viel kommuniziere und zur Kommunikation anrege. Bei der Entwicklung von Social TV würden Formate wie Talk, Fiction oder Live-Shows analysiert und Schnittstellen gesucht, über die sich Mehrwert mit Social Media generieren lässt, so der Manager. Social TV werde dabei als Mechanismus zur Personalisierung gesehen. Die Senderfamilie hat für die kommende Saison passende Neuentwicklungen im Portfolio: So soll beispielsweise Komiker Simon Gosejohann für ProSieben in der Comedy "Antisocial Network" einen fremden Facebook-Account übernehmen. Das soziale Netzwerk wird ergo selbst zum Hauptdarsteller. Aus Sicht des Zuschauers müsse Social TV informativ und erlebnisreich sein, fügt Patrick Möller von Imaginery Friends beim Gipfel in München hinzu.
Was bisher gut im Social TV funktioniert, zeigt Matthias Puschmann auf. Laut dem Manager von Vast Media ist der Superbowl 2013 mit über 50 Millionen Posts und Tweets das Ereignis mit der höchsten jemals gemessenen Social-Media-Interaktion gewesen. Ein weiteres Beispiel sei die US-amerikanische Serie "Pretty Little Liars", bei der 500.000 Nutzer 1,3 Millionen Mal getwittert hätten. Bereichert wurde das Format mit speziellen Veranstaltungen, die außerhalb der Ausstrahlungen dazu animierten, sich mit der Serie auseinanderzusetzen. Puschmann sagt für die Entwicklung des TV-Marktes voraus: "Mehrwert macht den Second Screen zum First Screen." Für ihn ist die Zukunft des klassischen Fernsehgeräts Interessen- und nutzerorientiert sowie on-Demand.
Ein Blick auf Social TV in den USA zeigt, wohin die Reise geht. Technologie-Journalist Janko Röttgers macht auf dem Social TV Summit deutlich, dass es bei den entsprechenden Apps in den USA zwar eine Konsolidierung gebe. Ein Gewinner sei ganz klar Twitter. Er hebt den Trend hin zum Multiscreen hervor: Fernsehanbieter müssten Nutzer künftig von vornherein auf allen Bildschirmen ansprechen. Social TV könne auf der Couch stattfinden, wie es YouTube mit einer Social Playlist erlaubt. Darauf können Freunde vom eigenen Smartphone aus auf den TV-Bildschirm zugreifen und Videos abspielen. Fernsehen, Tablet und Smartphone würden immer stärker zusammenwachsen. Ein weiterer Trend sei "Big Data" und die inhaltliche Auswertung der Kommunikation im Social Web. Weitere Erkenntnisse rund um Social TV mit Auswirkungen für Produktionen: Insgesamt sind Frauen deutlich aktiver als Männer und Kommentare überwiegend kritisch.
Übrigens: Eine ganz frische Studie von A.T. Kearney zeigt auf, dass durch Social TV getriebene Online-Werbeumsätze bis 2016 jährlich um 25 Prozent steigen könnten. "Sie werden somit einen deutlich größeren Anteil der globalen Werbeumsätze auf Kosten von TV-Werbeeinnahmen einnehmen. Eine Verschiebung der Werbeumsätze zu Online-Werbung von bis zu 22 Milliarden US-Dollar halten die Experten für möglich", heißt es da. Insbesondere neue Internetunternehmen seien die Treiber hinter der Zunahme von Social TV. Parallel dazu hätten Telekommunikationsunternehmen auch begonnen, das mit Social TV verbundene Umsatzpotenzial, basierend auf ihren IPTV-Angeboten, für sich zu gewinnen. A.T. Kearney warnt: TV-Programmanbieter und Fernsehsender müssten nun zeitnah reagieren, um die Kontrolle über die Medienkonsumenten zu behalten und damit den Rückgang von Werbeumsätzen zu verhindern.