Warum jetzt auch ProSiebenSat.1 ein Vox bekommt
Der TV-Konzern ProSiebenSat.1 steuert auf ein Rekordjahr zu - und will im boomenden skandinavischen Markt unter anderem mit dem Neustart Vox noch mehr wachsen. Wenn es gut läuft, wird Vox auch in anderen Ländern starten....
Der Laden bei ProSiebenSat.1 brummt. Der TV-Konzern bleibt nach einem starken dritten Quartal auf Rekordkurs. Besonders gut läuft es derzeit im TV-Segment im skandinavischen Raum - Zuschauer und Werbemarktanteile der ProSiebenSat.1-Sender in Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland sind fast überall deutlich angewachsen. Dieser Boom-Markt wird jetzt zum Testgelände: Im Januar lässt CEO Thomas Ebeling in Norwegen den Testballon Vox steigen - "Nicht mit dem deutschen Sender zu verwechseln", betont der ProSiebenSat.1-Chef. Erstmals wird sich der neue Kanal konzernweit an eine ältere Zielgruppe ab 30 Jahren mit höherem Einkommen richten - mit alten und neuen Filmklassikern, mit Serien, Krimis und Comedy. Das Konzept erinnert stark an den deutschen Plan, einen Kanal für die Best Ager zu starten. Und Ebeling räumt bei einer Telefonkonferenz prompt ein: Wenn Vox in Norwegen ankommt, soll das Konzept auch in anderen Märkten zum Einsatz kommen. Hierzulande müsste frelich am Namen gefeilt werden.
Zurück zum Gesamtkonzern. Finanzchef Axel Salzmann gibt stolz preis, dass es derzeit in allen bereichen der Gruppe gut läuft. So steigert der Konzern auch dank erneut höherer Werbeerlöse in den Kernmärkten Deutschland, Österreich und in der Schweiz seinen Umsatz zwischen Juli und September um knapp neun Prozent auf 594,5 Millionen Euro. Unterm Strich verdient ProSiebenSat.1 allerdings etwas weniger Geld - auch wegen der Kosten für den Umbau der Finanzierungsstruktur. Das Nettoergebnis sinktvon 19,7 Millionen Euro vor einem Jahr auf 11,4 Millionen Euro. Der operative Gewinn (EBIT) wächst hingegen von 96,6 Millionen Euro auf 101 Millionen. Alles in allem hat der Konzern im dritten Quartal einen Überschuss von 340 Millionen Euro eingesammelt - zehn Mal so viel wie im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Dazu beigetragen hat der Verkauf der Sender in Belgien und den Niederlanden, der rund 1,2 Milliarden Euro in die Kassen der TV-AG gespült hat.
Vorstandschef Ebeling spricht nun von der "Zielgeraden zu einem neuen Rekordjahr". Und weiter: "Basis der positiven Geschäftsentwicklung ist unsere starke Positionierung im Kerngeschäft Fernsehen." Künftig würde sich der Konzern mit seinen Wachstumsinitiativen "noch stärker auf die attraktiven Perspektiven in der digitalen Welt sowie im Ausland konzentrieren". Spricht und verkündet, dass die ProSiebenSat.1 Group über ihr Tochterunternehmen SevenVentures eine Beteiligung von 29 Prozent an dem Social-Discovery-Netzwerk MeetOne erworben hat.
Bis 2015 will die Sendergruppe bestehend aus Sat.1, ProSieben, Kabel eins und Sixx ohne Zukäufe zusätzlichen Umsatz von 750 Millionen Euro erwirtschaften - eben auch mit Geschäften abseits des TV-Werbemarkts wie etwa der Produktion von Inhalten, Online-Angeboten oder Bezahlfernsehen. Zum Beispiel: Um 281 Prozent hat die Produktions- und Vertriebssparte Red Arrow die Verkaufserlöse von Produktionen gegenüber dem Vorjahresquartal gesteigert. Das und stark steigende Zahlen bei Online-Erlösen macht den Konzern zuversichtlich: Die Hälfte des Umsatzes soll bis 2015 außerhalb des klassischen deutschen Werbegeschäfts erlöst werden. Auch der eine oder andere Spartensender könnte dazu kommen. Mit gut zwei Milliarden Euro ist die TV-Gruppe noch verschuldet. Free-TV läuft indes solide: Die Senderfamilie erreicht im dritten Quartal einen gemeinsamen Marktanteil von 29,4 Prozent (plus 0,5 Prozent), der Mitmachsender 9Live ist eingestellt worden.
Für dieses Jahr bekräftigte Ebeling seinen positiven Ausblick - auch wenn er sehr vorsichtig bleibt, was den deutschen stagnierenden Werbemarkt angeht. Erstmal gibt er zwei Szenarien aus: Läuft es flau, rechnet der Konzern mit einem knappen Prozent mehr an Erlösen gegenüber dem Gesamtjahr 2010. Läuft es prima, könnten drei bis vier Prozent mehr zusammenkommen. Auch wenn Finanzchef Salzmann beteuert, das vierte Quartal habe gut gestartet, bleibt Ebeling zurückhaltend und tendiert eher zur schwachen version. Für 2012 hat der Konzernchef jedenfalls jüngst Wachstum in Aussicht gestellt, auch wenn das Jahr kein "Boom-Jahr" werden dürfte. Die Aktie hat in den vergangenen Monaten deutlich an Wert verloren - von über 21 Euro auf aktuell gut 14,70 Euro. Experten sehen das Kursziel bei über 20 Euro. Den Finanzinvestoren KKR und Permira, die die Mehrheit an der Gesellschaft halten, werden seit Monaten Ausstiegsfantasien nachgesagt.