Halbjahresbilanz:
Springer lebt mit Print und verdient mit Digital
Zwei von drei Euro nimmt Springer inzwischen mit digitalen Aktivitäten ein. Vor allem Kleinanzeigen im Internet gleichen im ersten Halbjahr die Printschwächen aus.
Das Digitalgeschäft mit rasant wachsenden Internetportalen hat's gebracht: Der Umsatz von Axel Springer ist im ersten Halbjahr um 9,8 Prozent auf 1,6 Milliarden Millionen Euro gestiegen, die Ebitda-Rendite liegt nach sechs Monaten bei 16,9 Prozent. Rubrikenangebote, also das Geschäft mit Kleinanzeigen im Internet etwa beim Wohnungsportal Immonet oder bei der Jobbörse Stepstone, florieren und helfen über die Schwäche bei Print und die Flaute im Bezahlsegment hinweg. Das Konzern-Ebitda liegt trotz höherem Umsatzmit 266,7 Millionen auf dem Niveau des Vorjahres (266,1 Millionen).
Springer drückt die Lage am Dienstag so aus:
"Die Axel Springer SE profitierte im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres von weiter steigenden Umsatz- und Ergebnisbeiträgen ihrer digitalen Aktivitäten. In den ersten sechs Monaten trugen sie mehr als 60 Prozent zum Konzernumsatz bei und erhöhten ihren Anteil am Konzern-Ebitda auf 75 Prozent. Mit deutlich zweistelligen Zuwachsraten bei Umsatz und Ergebnis stärkten die Rubrikenangebote ihre Rolle als wichtigster Wachstumsmotor und größter Ertragsbringer im Konzern."
Etwas schwächer ist das zweite Quartal ausgefallen – mit sieben Prozent mehr Umsatz im Jahresvergleich auf knapp 797 Millionen Euro. Das hat seine Gründe: Konzernweit drücken Schwächen im Segment Bezahlangebote die Zahlen, unter anderem mit den Zeitungen "Bild" und "Welt". Print geht noch stärker zurück: Die verkaufte Auflage von "Bild" und dem Berliner Schwesterblatt "B.Z." ist im zweiten Quartal um mehr als neun Prozent gefallen, die Zeitungen der Welt-Gruppe verlieren knapp eineinhalb Prozent. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2014 kann Springer ohnehin nur verlieren: Damals hatten zusätzliche Werbeeinnahmen im Fahrwasser der Fußball-WM viel Geld in die Kasse gespült. Und: Vor einem Jahr hat der Verkauf zahlreicher Print-Titel an die Funke-Gruppe den Gewinn kräftig nach oben getrieben.
Die Vermarktungsangebote - also vor allem Internetportale, die sich überwiegend durch Werbung finanzieren - sollen noch in diesem Jahr Zuwachs bekommen: Die Springer-Seite finanzen.net soll im vierten Quartak eine deutsche Version des US-Portals "Business Insider" an den Start bringen. Der Vorstand bekräftigt nun die Prognose: Das Werbegeschäft soll dieses Jahr wachsen. Wörtlich heißt es:
"Für das Geschäftsjahr 2015 erwartet der Vorstand einen Anstieg der Gesamterlöse im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. Der geplante Anstieg der Werbeerlöse soll dabei den Rückgang der Vertriebserlöse und der übrigen Erlöse überkompensieren. Für das Ebitda rechnet der Vorstand mit einem Anstieg im hohen einstelligen Prozentbereich."
Auch in Print werden neue Allianzen geschmiedet, nachdem Springer nun nicht mit ProSiebenSat.1 fusioniert: Nach Informationen von "kress.de" und "Schweizer Journalist" können Springer und Ringier ihr Zeitschriftengeschäft in der Schweiz fusionieren. Das neue Gemeinschaftsunternehmen wird geschätzte 300 Millionen Franken Umsatz erreichen und etwa 600 Mitarbeiter beschäftigen, heißt es.
Das Medienhaus will auch in Zukunft verstärkt in journalistische Angebote investieren. Zwar verdient Springer inzwischen das meiste Geld mit Internet-Plattformen für Kleinanzeigen. Doch auch nach dem gescheiterten Kauf der Londoner Wirtschaftszeitung "Financial Times" ("FT") halte Springer am Journalismus fest, sagt Vorstandschef Mathias Döpfner. Gute Perspektiven sieht Springer dafür in den USA und Großbritannien. Digital-Riesen wie Facebook und Google hätten einen wachsenden Bedarf an journalistischen Inhalten. Deswegen beteilige sich Springer probeweise an dem Facebook-Dienst Instant Articles für Smartphones, mit dem Medien direkt im sozialen Netzwerk Inhalte veröffentlichen können. Ob diese Form der Verbreitung ein Angriff auf die Autonomie der Verlage ist, oder eine weitere Vertriebsplattform für journalistische Titel, werde sich zeigen, sagt Döpfner bei Vorstellungen der Geschäftszahlen für das zweite Quartal 2015.
Beim Bietergefecht um die "FT" habe sich Springer Preisdisziplin auferlegt und nicht bis in "rational" nicht mehr begründbare Höhen mitgeboten, sagt Döpfner. "Wir hätten die "Financial Times" sehr gerne erworben", räumt er ein. "Aber am Ende war der Preis für uns zu teuer". Dies habe eine gute Seite: Das Geld könne Springer in das weitere digitale Wachstum investieren. Zusammen mit ProSiebenSat.1 ist ein Schulterschluss bei digitalen Investments bereits eingetütet.
ps/dpa