So baut der neue Bertelsmann-Chef Thomas Rabe die RTL-Mutter um
Mit gut gefüllten Taschen will Thomas Rabe Bertelsmann in fünf bis zehn Jahren umbauen - alles Neue sollte wachstumsstark, global und digital sein. Eine neue Rechtsform statt der AG soll der RTL-Mutter Investoren einbringen...
Klotzen statt kleckern scheint das Motto bei Bertelsmann zu sein. Die Gütersloher haben am Mittwochvormittag die Bilanz für das vergangene Geschäftsjahr 2011 vorgelegt, die letzte des bisherigen Konzernlenkers Hartmut Ostrowski. Der neue CEO Thomas Rabe hat ein Unternehmen übernommen, das – wie vorab schon angedeutet – den Konzernumsatz leicht auf 15,3 Milliarden Euro gesteigert hat, sich mit einem operativen Ergebnis von 1,75 Milliarden Euro auf hohem Niveau bewegt, eine weiterhin dicke Umsatzrendite von 11,4 Prozent aufweist (auch wenn es im Jahr zuvor noch 12,1 Prozent gewesen sind) und wieder mehr als 100.000 Mitarbeiter beschäftigt.
Das Konzernergebnis von 612 Millionen Euro ist allerdings gegenüber dem Vorjahr um 44 Millionen gesunken. Es sei von Sondereffekten geprägt, schränken die Gütersloher ein; dabei geht es unter anderem um den Verkauf des griechischen TV-Verlustbringers Alpha Media Group, um die Neuordnung der Arvato-Drucksparte Prinovis und um Verkäufe aus dem einstigen Kernbereich Buchclub, der Rabe nicht mehr glücklich stimmt. Aber: Bertelsmann hat mit 1,1 Milliarden Euro auch mehr investiert als in den Jahren zuvor. Für die Mitarbeiter gibt es dennoch Grund zur Freude: Der Konzern wird eine Gewinn- und Erfolgsbeteiligung in Höhe von 107 Millionen Euro an sie ausschütten.
Für 2012 gibt Rabe nun einen moderaten Umsatzanstieg aus, einer Umsatzrendite von mehr als elf Prozent sowie einem höheren Konzernergebnis als 2011. Im Vordergrund der Ankündigungen stehen die Details zum Konzernumbau, den Rabe in den kommenden fünf bis zehn Jahren anstrebt: "Vorrangiges Ziel ist es, das Unternehmen wachstumsstärker, digitaler und internationaler aufzustellen. Dies wollen wir über vier strategische Stoßrichtungen erreichen: erstens über die weitere Konsolidierung und Stärkung unseres Portfolios, zweitens durch eine beschleunigte digitale Transformation unserer Kerngeschäfte, drittens die Bildung neuer Wachstumsplattformen und viertens die Expansion in neue geografische Wachstumsregionen.“
Für Investitionen in Neugeschäfte gibt Rabe jetzt ganz klare Vorgaben aus: „Sie sollten ein attraktives langfristiges Wachstumspotenzial aufweisen, global angelegt sein und von der Entwicklung der digitalen Medien profitieren. Beispiele sind hier unser erfolgreiches Musikrechte-Engagement und die neuen Aktivitäten im Bildungsbereich. Zugleich werden wir unsere Präsenz in Ländern wie Indien, China und Brasilien verstärken."
Wichtige Neuerung für den Konzern: Die Öffnung für Investoren. Bertelsmann plant daher einen Wechsel der Rechtsform von der Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Konkret soll aus der Bertelsmann AG eine „SE & Co. KGaA“ werden, „um die internationale Ausrichtung des Konzerns zu dokumentieren“, wie es heißt.
Durch die Änderung der Rechtsform will Rabe sich neue Geldquellen erschließen. Formal ist Bertelsmann bisher schon eine Aktiengesellschaft. In der Praxis aber übt die Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft mbH (BVG) die Stimmrechte der Bertelsmann Stiftung und der Familie Mohn als Aktionäre aus. Im Klartext hätte die Familie das letzte Wort, wenn Manager gegen ihren Willen handeln würden. Auch wenn der Konzernvorstand entscheidet: Wichtige Personalien gegen den Willen von Liz Mohn gelten als undenkbar. Das soll auch so bleiben. Gleichzeitig will Rabe aber auch in kurzer Zeit große Geldsummen am Kapitalmarkt aufnehmen können. Dieser Spagat ist möglich: Aus der Bertelsmann AG wird bis zum 30. Juni die Bertelsmann SE & Co. KGaA Es gibt dann eine klare Trennung zwischen Geschäftsführung und Vermögen. Sollten Aktionäre oder andere Kapitalgeber ins Boot geholt werden, wird für sie nur die Kommanditgesellschaft auf Aktien geöffnet. Sie werden somit an den Vermögenswerten beteiligt und verdienen am Firmenerfolg mit. Die Entscheidungen fallen aber in der Europäischen Gesellschaft SE, die vom Bertelsmann-Vorstand gesteuert wird. Der Einfluss der Familie werde somit "nicht verwässert", zitiert die Nachrichtenagentur „dpa“ Rabe. Der Vorstandsvorsitzende betont, er wisse die Familie hinter sich. "Alle Gesellschafter haben es unterstützt."
Wichtige Weichen für den Umbau im kommenden Jahrzehnt hat Rabe nach eigenen Angaben in den ersten Monaten seiner Amtszeit schon gestellt – darunter das neue Vorstandsressort für Unternehmensentwicklung und Neugeschäfte sowie die Berufung eines erweiterten Führungsgremiums mit Top-Managern aus den verschiedensten Konzernbereichen, das den Vorstand in allen Fragen der Konzernentwicklung berät. Er nennt auch den Einstieg in das schnell wachsende globale Education-Geschäft ein und den neuen Fokus von Arvato auf „wachstumsstarke Dienstleistungsgeschäfte“. Mit Anke Schäferkordt werde im April erstmals eine Frau in den Bertelsmann-Vorstand einziehen, heißt es weiter.
Zurück zum abgelaufenen Geschäftsjahr: 2011 hat Bertelsmann vor allem im werbegetriebenen Geschäft profitiert – hier steht die TV-Tochter RTL Group im Vordergrund -, in der Fernsehproduktion, vom stark wachsenden E-Book- Geschäft und im Dienstleistungsbereich. Alle Unternehmensbereiche hätten darüber hinaus Fortschritte beim Ausbau ihrer digitalen Aktivitäten erzielt. So generierte die RTL Group nach Bertelsmann-Angaben mit ihren On-Demand-Angeboten in ganz Europa rund 1,9 Milliarden Videoabrufe. Random House weitete sein E-Book-Angebot auf inzwischen fast 40.000 Titel in englischer, deutscher und spanischer Sprache aus. Zur Info: Cash-cow RTL Group steuert dem Operating EBIT der Mutter Bertelsmann 1,1 Milliarden Euro bei und liegt 2011 bei einer satten Umsatzrendite von 19,3 Prozent.