
BGH-Urteil:
Schokolade im Quadrat bleibt Ritter Sport vorbehalten
Ein jahrzehntelanger Streit zwischen Milka und Ritter Sport ist entschieden. Die quadratische Schoko-Tafel gilt als dreidimensionales Markenzeichen. Der Bundesgerichtshof wies jetzt den Antrag auf Löschung zurück.
Wer vor dem Schokoladen-Regal steht, sieht ganz klar die Aufteilung: Milka und andere Sorten sind meist als längliche Tafel erhältlich, nur Ritter Sport sticht mit seinen quadratischen Produkten heraus. Und dabei wird es auch bleiben.
Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt endgültig einen Antrag der Kraft Foods Schweiz Holding (heute Mondelez), dem Mutterkonzern von Milka, auf Löschung der "Warenformverpackungsmarke" abgelehnt. Der Streit vor dem BGH hat eine an die zehn Jahre lange Geschichte.
Ein Markenschutz wäre nur dann zu verneinen, wenn die besondere Form der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Dafür sieht der BGH jedoch keine Anhaltspunkte. Zwar erkennen die Richter an, dass die Schwaben ihre Vermarktungsstrategie auf die Quadrate aufbauen, nicht zuletzt durch den Claim: "Quadratisch. Praktisch. Gut.". Allerdings hält der BGH den Verbraucher für so mündig, dass er nicht alleine aufgrund dieser Äußerlichkeit zu Ritter Sport greift. Die Richter formulieren es so: "Dies kann zwar dazu führen, dass die Entscheidung der Verbraucher, die Schokolade zu erwerben, durch die quadratische Form der Verpackung bestimmt wird, weil die Verbraucher darin einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade aus einem bestimmten Unternehmen sehen und damit bestimmte Qualitätserwartungen verbinden. Darauf kommt es aber nicht an."
Sie führen weiter aus: "Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts hat die quadratische Form der Verpackung keinen besonderen künstlerischen Wert und führt auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden gegenüber ähnlichen Produkten." Daher misst das Gericht der Form keinen wesentlichen Wert bei. Die Entscheidung bezieht sich auf die beiden Tafelformen Ritter Sport und Ritter Sport Mini.
Ursprung des Quadrats in den 30er Jahren
Erleichterung bei Ritter Sport: "Wir begrüßen die finale Entscheidung des Bundesgerichtshofs ausdrücklich", betont Thomas Seeger, Leiter Recht und Unternehmenskommunikation der Alfred Ritter GmbH & Co. KG. "Wir freuen uns, dass der Schutz unserer Marke, die wir seit Jahrzehnten pflegen, auch in Zukunft gewährleistet ist", erklärt Seeger. "Für uns als vergleichsweise kleines Familienunternehmen besitzt die quadratische Form unserer Verpackung den gleichen Stellenwert wie für die Gegenseite die individuelle lila Farbe, die ebenfalls markenrechtlich geschützt ist."
Die Alfred Ritter GmbH & Co. KG im schwäbischen Waldenbuch hatte sich die charakteristische Verpackung in den 1990er Jahren als Marke schützen lassen. Registriert ist eine Art Blanko-Verpackung: neutral ohne Aufdruck, aber mit den typischen Seitenlaschen und der Längsnaht zum Knicken auf der Rückseite. Später lässt Ritter neben der klassischen 100-Gramm-Tafel auch noch die "Minis" eintragen.
Mondelez hält das Quadrat für "eine universelle und übliche Form, die von Herstellern als Verpackungsform für diverse im Markt erhältliche Lebensmittel und Süßwaren verwendet wird". "Uns war es deshalb wichtig, Rechtssicherheit darüber zu erhalten, ob und unter welchen Voraussetzungen Unternehmen quadratische Produkte auf den Markt bringen und verkaufen dürfen", sagt Sprecherin Heike Hauerken.
Ausnahmen gibt es übrigens: Der Schokoladen-Hersteller Hosta hat seit vielen Jahren eine Kokosschokolade namens Romy auf dem Markt - quadratisch in der großen 200-Gramm-Variante, länglich im 100-Gramm-Standardformat. Bei Aldi heißt dieselbe Schokolade Mauritius (neben Kokos auch Erdnuss). Damit hat Ritter kein Problem. Die Schokolade sei relativ unbekannt, habe aber Bestandsschutz.
Was bedeutet das Urteil für andere Marken?
Heike Freund, Rechtsanwältin für Marken- und Designrecht bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland, kommentiert das Urteil:
"Die Entscheidung ist konsequent. Bei dem "wesentlichen Wert" der Form, der allein noch Gegenstand des Verfahrens war, geht es nur um den 'ästhetischen Wert'. Ästhetik ist subjektiv und der Ausschlussgrund ohnehin nur schwer zu handhaben. Die aus der Entscheidung sprechende Zurückhaltung, die Marke auf Grund des ästhetischen Wertes der quadratischen Form zu löschen, ist daher eine gute Nachricht für Inhaber von Formmarken. Irrelevant für die Beurteilung des "wesentlichen Werts" ist jedenfalls der Wert des durch die Marke vermittelten Monopols."
Mit Blick auf die Werbewirkung sagt sie: "Es ist zu begrüßen, dass Werbebotschaften des Markeninhabers wie "quadratisch, praktisch, gut" allein nicht ausreichen, einen ästhetischen Wert der Form zu bejahen. Dem vom EuGH für die Beurteilung aufgestellten Kriterium der Marketingstrategie sollte schon wegen der Wandelbarkeit von Marketingstrategien kein zu großes Gewicht beigemessen werden."
Kritisch betrachtet Freund allerdings die offene Frage nach so genannten Warenformmarken:
"Keine Rolle hat offenbar die Frage gespielt, ob die Ausschlussgründe für Warenformmarken auch für Marken gelten, die nicht die Ware, sondern deren Verpackung abbilden. Dies sollte trotz der vom BGH im ersten Ritter Sport-Beschluss angemeldeten Zweifel jedenfalls in den Fällen bejaht werden, in denen die Form der Ware durch die Verpackung klar durchscheint. Ansonsten würden Umgehungen leicht gemacht. Rechtssicherheit kann hier erst der EuGH schaffen."
am/mit dpa