VPRT-Analyse:
Pay-TV brummt – und die Sender zahlen mehr für Inhalte
Mehr als jeder fünfte Haushalt wird Ende des Jahres Pay-TV nutzen, prognostiziert der VPRT. Mit den Milliardenumsätzen tauchen aber die Kehrseiten auf: Alle wollen Inhalte - und das macht den Content teuer!
Mit dem Bezahlfernsehen in Deutschland geht es weiter gut voran: Allein 2015 ist die Zahl der Abonnenten um knapp zehn Prozent auf sieben Millionen gestiegen, analysiert der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT). Laut seiner aktualisierten Studie "Pay-TV in Deutschland 2015" sind die Pay-TV- und Paid-Video-on-Demand-Umsätze in Deutschland 2014 von 2,05 Milliarden Euro im Jahr 2013 um rund acht Prozent auf 2,22 Milliarden Euro gestiegen. Für 2015 prognostiziert der VPRT nun einen weiteren Anstieg des Umsatzvolumens um rund sieben Prozent auf knapp 2,4 Milliarden Euro in Deutschland beziehungsweise rund 2,6 Milliarden Euro im deutschsprachigen Raum. Klassisches Pay-TV und On-Demand-Offerten sind dabei zusammengenommen, rund zehn Prozent der Erlöse stammen aus Abrufdiensten. Und: Erstmals wird 2015 die Durchdringung mit Abofernsehen in Deutschland über 20 Prozent der Haushalte liegen. So die Prognose, die VPRT-Manager Frank Giersberg bei Präsentation in München so zusammenfasst: "Der Pay-TV-Boom geht weiter."
Inzwischen sind in Deutschland 90 Pay-TV-Programme abonnierbar, davon die meisten im Genre Unterhaltung, gefolgt von Sport, Doku, Musik und Kinder. Wer Pay-TV abonniert, nutzt es rege - im ersten Halbjahr liegt der Zuschauermarktanteil in Plattformhaushalten inzwischen bei durchschnittlich 16,8 Prozent (Zuschauer ab drei). Für die kommenden Jahre erwartet der Verband eine anhaltende Dynamik für Bezahlfernseh- und Video-On-Demand-Angebote. "Daneben sehen wir weiteres Wachstum auch im Bereich der TV- und Bewegtbildwerbung, eine Entwicklung, von der Free- und Pay-TV-Anbieter profitieren", erklärt Giersberg. Auch Elke Walthelm, stellvertretende Programmchefin und zuständig für die Partnersender beim Anbieter Sky Deutschland, sieht das Potenzial "noch lange nicht erschöpft". Mehr als 60 Millionen Haushalte in Deutschland, Österreich, Italien, Irland und Großbritannien hätten noch kein Pay-TV, sagt sie für die Gruppe, die das deutsche Sky demnächst auf einer Hauptversammlung von der Börse nimmt.
Doch: Der Boom hat Kehrseiten. So ist der Umsatz pro Kunde (Arpu) im Schnitt leicht gesunken, verwässern doch Preisoffensiven wie jene von Amazon Prime Instant Video das Gesamtbild. Und: "TV-Inhalte werden immer teurer", betont etwa Katharina Behrends, Geschäftsführerin NBC Universal International Networks Deutschland, Österreich, Schweiz mit Sender wie 13th Street. Die TV-Anbieter würden immer mehr Geld für den Rechteerwerb ausgeben müssen, der Einkauf von Inhalten sei viel komplexer geworden. Ihr Kollege Hannes Heyelmann, Senior Vice President und Managing Director Turner Broadcasting System in Zentral- und Osteuropa und Vorsitzender des Arbeitskreises Digital Pay-TV im VPRT, pflichtet dem bei und grenzt zugleich ein: "Innerhalb der letzten zwölf Monate haben die Preise für Inhalte deutlich angezogen." Die Pay-TV-Branche bringt den Preisanstieg gerade im Paketkauf, der auch On-Demand-Rechte beinhaltet, in Zusammenhang mit der starken Expansion von Streamingdiensten wie Netflix. Die Offerte ist im Herbst 2014 auch in Deutschland an den Start gegangen - und sei bei Marktstart immer bereit, hohe Preise zu bezahlen, wie es heißt.
Wie reagiert die Branche auf die Preisexplosion? "Mit mehr Eigenproduktionen", wie die Pay-TV-Macher unisono betonen, darunter Carsten Fink von Sony Pictures Television Deutschland Networks und dort Vice President German-speaking Europe & Benelux Development. Patrick Hörl, Geschäftsführer des rein deutschen Abo-TV-Unternehmens rund um Spiegel Geschichte und Spiegel TV Wissen, hebt den Vorteil dieser Entwicklung für die Sender hervor: "Pay-TV ist eigenständig geworden." Und er prognostiziert ebenso wie seine Kollegen, dass sich der Markt wieder normalisieren werde: Wenn immer mehr Studios ihre Rechtepakete in lineares Pay-TV und On-Demand-Offerten stückeln, dann kaufen Abosender immer weniger dort ein und produzieren mehr selbst. Irgendwann, so glauben die Pay-TV-Macher, würden die Produzenten dann wieder realistische Pakete schnüren, um die Sender als Abnehmer halten zu können.
Übrigens: Auch Netflix geht der Stoff aus. Der US-Anbieter produziert inzwischen den ersten Film selbst.