Influencer Marketing:
Neues Gesetz: Bald weniger Kennzeichnung nötig?
Gibt es bald klarere Regelungen, wann ein Influencer-Post als Werbung gekennzeichnet werden muss? Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, den das Justizministerium gerade veröffentlicht hat.
Mit der inflationären Verwendung der Kennzeichnung als Werbung bei Instagram & Co. könnte in naher Zukunft Schluss sein. Zumindest, wenn es nach dem Bundesjustizministerium geht: Influencer und Blogger sollen Posts in sozialen Medien künftig seltener als Werbung kennzeichnen müssen. Nach einem neuen Gesetzesvorschlag, der das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ergänzt, soll der Vermerk dann nicht mehr nötig sein, wenn die Äußerungen ohne Gegenleistung erfolgen - die Blogger die Produkte also etwa selbst gekauft haben und nicht für ihre Posts bezahlt werden.
Mehr Transparenz für eine korrekte Werbekennzeichnung
Mit dem Vorhaben stößt das Ministerium auf offene Ohren, etwa bei Vreni Frost, die selbst viel zur Debatte beigetragen hat, nachdem sie sich vor Gericht wegen unlauterer Werbung verantworten musste: "Die Ergänzung zu §5a Absatz 6 UWG halte ich für begrüßenswert. Diese sinnvolle Empfehlung gaben beispielsweise die Medienanstalten schon länger. Das hat Abmahnkanzleien und -verbände bisher leider nicht davon abgehalten, Influencer abzumahnen. Eine Gesetzgebung brächte daher wieder mehr Transparenz und auch Sicherheit für eine korrekte Werbekennzeichnung der Influencer."
Auch Cathy Hummels lässt durch ihren medienrechtlichen Vertreter verlauten, dass sie den Regelungsvorschlag des Bundesjustizministeriums befürworte: "Der Regelungsvorschlag entspricht exakt der Rechtsauffassung, die wir auch vor dem Landgericht München I sowie jetzt vor dem Oberlandesgericht München gegenüber dem VSW vertreten. Ein entsprechender rechtlicher Rahmen würde die Rechtssicherheit für alle Influencerinnen und Influencer erhöhen. Das ist genau das wofür unsere Mandantin stets gekämpft hat. Frau Hummels wurde auch seitens des Ministeriums um eine Stellungnahme zu dem Vorschlag gebeten. Dieser Bitte wird meine Mandantin nachkommen und den Vorschlag unterstützen."
Noch steckt der Entwurf in den Kinderschuhen. Billen ruft Verbände, Unternehmen, Wissenschaft, Influencer und Journalisten dazu auf, sich an der Diskussion zu beteiligen, wie eine rechtssichere Lösung aussehen könnte.
"Die Meinungsfreiheit gilt selbstverständlich auch für Influencer", erklärte Staatssekretär Gerd Billen. Ihre Äußerungen müssten dafür aber vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen. "Dass Beiträge, die bezahlt werden, als Werbung gekennzeichnet werden müssen, ist eine Selbstverständlichkeit und muss auch in Zukunft erfolgen", so Billen. "Aber wenn Dinge gepostet werden, für die es keine Gegenleistung gibt, können wir Rechtssicherheit schaffen, indem nicht alles und jedes schon aus Angst vor einer Abmahnung als Werbung gekennzeichnet wird." Er hatte das neue Gesetz bereits im Sommer 2019 angekündigt.
Viele Influencer verdienen ihr Geld mit Produktempfehlungen im Internet. Bisher mussten Nutzer ihre Videos und Fotos aber auch dann als Werbung kennzeichnen, wenn sie dafür gar nicht bezahlt wurden und einfach über ein Produkt berichteten, das sie selbst gekauft und für gut befunden hatten. Das hatte in der Szene für größere Diskussionen gesorgt - und nicht zuletzt zu zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen, die sehr unterschiedlich ausgingen.
Betroffen waren unter anderen Cathy Hummels, Vreni Frost und Sonnyloops. Geprüft wurde, ob auch unentgeltlich abgegebene Empfehlungen von Produkten und Dienstleistungen eine geschäftliche Handlung darstellen, deren kommerzieller Charakter nach § 5a Absatz 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) offengelegt werden muss.
Widersprüchliche Urteile führten zu Verunsicherung
Als Folge der widersprüchlichen Urteile kam es zu Verunsicherung, wie selbst das Ministerium einräumt: "Durch eine solche Überkennzeichnung können Verbraucherinnen und Verbraucher Äußerungen nicht mehr verlässlich erkennen, die gezielt den Absatz von Produkten fördern sollen."
Allerdings ist der Gestaltungsspielraum des deutschen Gesetzgebers durch europarechtliche Vorgaben begrenzt, da das UWG die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG) umsetzt (UGP-RL). Diese regelt den wirtschaftlichen Verbraucherschutz grundsätzlich abschließend. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird eine entsprechende Klarstellung daher eng mit der Europäischen Kommission abstimmen.
Momentan steht folgende Ergänzung in § 5a Absatz 6 UWG zur Debatte: "Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde."
Die Regelung verspricht nicht nur mehr Rechtssicherheit, sondern auch eine Angleichung an die Beurteilung von Printmedien. "Das Kriterium, dass die Äußerung vorrangig der Informations- und Meinungsbildung dient, wird an objektiven Faktoren nachprüfbar sein und verhindern, dass die Ausnahme bei stark werblich klingenden Äußerungen wie zum Beispiel bei übertriebenem Lob anwendbar ist", so die Begründung. "Als Ausnahme vom Anwendungsbereich des § 5a Absatz 6 UWG müsste die Erfüllung der Voraussetzung im Streitfall von den Influencern nachgewiesen werden. Der Nachweis könnte zum Beispiel durch eine Bestätigung des Unternehmens erbracht werden, dass keine Gegenleistung für die Äußerung erfolgt ist. Das Merkmal, ob eine Äußerung vorrangig der Information- und Meinungsbildung dient, würde dagegen objektiv bestimmt werden und sich danach bemessen, ob Elemente einer sachlichen Darstellung oder persönlichen Stellungnahme im Vordergrund stehen."
Wer sich am Diskussionsprozess beteiligen will, darf seine Stellungnahme gern bis zum 13. März 2020 an IIIB5@bmjv.bund.de mailen.
am/ak/mit dpa
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