InteractiveMedia /United Internet Media:
Studie der Onliner stellt TV als "First Screen" in Frage
Die Analyse "Catch Me If You Can!" der Web-Vermarkter InteractiveMedia und United Internet Media behauptet: "Den First Screen gibt es nicht."
Den diversen Studien der Gattung Fernsehen zu First- und Second Screen – also zum parallelen Konsum von TV und PC, Tablet oder Smartphone – stellt jetzt die Online-Branche die Analyse "Catch Me If You Can!" gegenüber. Denn die von den Web-Vermarktern InteractiveMedia und United Internet Media veröffentlichte Grundlagenstudie behauptet: "Den First Screen gibt es nicht." Vielmehr zeige sich, dass 86 Prozent der Befragten "Multi Screener" seien. Häufig zum Einsatz kommende Gerätekombinationen sind demnach die Duos Laptop und TV (56 Prozent) sowie Smartphone und Fernsehgerät (55 Prozent), gefolgt von Tablet und TV (49 Prozent). Ein Drittel übe sogar eine Triple-Screen-Nutzung von TV, Smartphone und Laptop oder Tablet aus. Auch sei die Mehrfachnutzung gänzlich ohne Beteiligung TV weit verbreitet: "So nutzen z.B. 45 Prozent der Laptop- und Smartphone-Nutzer diese Endgeräte mindestens häufig parallel, bei Smartphone- und Tablet-Nutzern sind es 34 Prozent", so die Studienpartner.
Überhaupt: Steht das TV-Gerät daneben, geben die Befragten an, ihre Aufmerksamkeit überwiegend dem Laptop (58 Prozent) oder dem Smartphone (55 Prozent) zuzuwenden. "Dass die digitalen Screens im Vergleich zu TV überdurchschnittlich viel Aufmerksamkeit erfahren, hängt im Wesentlichen mit der deutlich aktiveren ‚Lean-Forward‘-Nutzung digitaler Screens zusammen, die gewöhnlich ein höheres Involvement beinhaltet", schlussfolgern die Telekom-Tochter InteractiveMedia und United Internet.
Grundlage für die Online-Befragung ist ein für Internetnutzer zwischen 14 und 59 Jahren repräsentatives Online-Access-Panel von 1251 Teilnehmern. Für den qualitativen Studienteil dokumentierten 44 Probanden in einem zweiwöchigen Zeitraum ihre Mediennutzung in Online-Tagebüchern. 20 Probanden wurden zusätzlich mit einer Videokamera für ein interaktives Tagebuch ausgestattet. Durchgeführt worden ist die Studie vom Münchner Marktforschungsinstitut d.core im Zeitraum von Januar bis Mitte April.
Schwer dürfte für die TV-Branche wiegen, dass nach dieser Analyse beim Vielfach-Bildschirm-Nutzen oft gar kein Zusammenhang zwischen den einzelnen Medien besteht. Andere Studien haben zuvor beispielsweise den Fernsehmachern geraten, die Formate mit Social-Media-Beibooten auszustatten, um das Nebenher auf TV und digitalem Medium zu fördern. Doch was macht der Zuschauer stattdessen? Beim Multi Screening liegt laut "Catch Me If You Can!" mit deutlichem Abstand "E-Mail" (83 Prozent) vorne, gefolgt von "Suche" (72 Prozent) sowie "Nachrichten" (71 Prozent). Das ist bei einer deutlichen Mehrheit der Befragten so: Die Auswertung der Online-Tagebuch-Dokumentationen der Studienteilnehmer habe ergeben, "dass bei 88 Prozent der gesamten Multi-Screen-Nutzungsvorgänge die parallele Nutzung der Screens inhaltlich überwiegend unabhängig voneinander erfolgt; lediglich bei zwölf Prozent der Nutzungsvorgänge hatten die Inhalte und Services auf den einzelnen Screens miteinander zu tun". Weiter heißt es: Kombiniert mit TV sei der Anteil der unabhängigen Multi-Screen-Nutzungsvorgänge "mit 92 Prozent sogar noch höher". Die Online-Tagebuchprotokolle zeigten zudem, dass gerade TV-Werbeblöcke "ein beliebter Einstiegspunkt für Multi-Screen-Nutzung mit Aufmerksamkeitswechsel weg vom Fernsehbildschirm" seien.
Ein Fazit aus "Catch Me If You Can!" lautet: "Den First Screen gibt es nicht – der First Screen ist jeweils der Screen, der gerade die Hauptaufmerksamkeit des Nutzers erfährt." Marianne Stroehmann, Geschäftsführerin von InteractiveMedia, betont:"Die gleichzeitige Verwendung von mehreren Screens ist gelebte Nutzungsrealität – nicht das Gerät bestimmt den ‚First Screen‘, sondern die wechselnde Aufmerksamkeit des Users." Jan Oetjen, Vorstand United Internet Media AG, rückt aufgrund der Ergebnisse "die Werbewahrnehmungschance und Kontaktqualität der einzelnen Screens" in den Vordergrund. Sie müssten neu bewertet werden. "Das bringt uns als Anbieter digitaler Media vor allem auch qualitativ in eine hervorragende Ausgangsposition, da die digitalen Kanäle aufgrund ihres interaktiven Charakters ein starkes Aufmerksamkeitsbindungs- und Involvementpotenzial in Multi-Screen-Situationen mit sich bringen. Für Werbetreibende wird es daher wichtig werden, die relevanten Interneteinstiegspunkte beim Multi Screening zu besetzen, um TV und die digitalen Screens aufmerksamkeitsoptimal miteinander zu verknüpfen", so das Fazit des Online-Vermarkters. Nun seien Mediaplanung und Kampagnenkreation am Zug; es gelte diejenigen Screens zu belegen, die "höchste Relevanz und damit Aufmerksamkeit genießen". Zugleich müsse die Kreation die neuen Erkenntnisse bei Aufmerksamkeitsstärke, Informationsdurchdringung und nachhaltigen Verankerung der Kommunikation aufgreifen und entsprechend umsetzen.
Auch die Werbetreibenden lassen die Web-Vermarkter rund um die Multi-Screen-Studie gleich zu Wort kommen. Uwe Storch, Head of Media bei Ferrero, stützt sich auf die neuen Ergebnisse von InteractiveMedia und United Internet Media, wenn er betont: "Digitale Screens scheinen hier im Fokus der Aufmerksamkeit zu sein. Es wird deutlich, dass hier etwas geschieht, was eine nachhaltige Veränderung und ein Umdenken für die Kampagnenkonzeption und -umsetzung mit sich bringen muss." Robert von Treuenfels, Manager Media und Marktforschung bei der Warsteiner Brauerei, Haus Cramer KG, ergänzt, "dass wir als Werbetreibende unser Verständnis über die Nutzung und Rolle von Medien überdenken müssen und sich die Konzeption und Gestaltung unserer Kommunikation der geänderten Aufmerksamkeitsverteilung anpassen muss".