Paid Content:
Der Zeitverlag zieht eine erste Bilanz seines Bezahlmodells
Nach drei Monaten mit dem Paid Content-Modell Z+ steht fest: Mit ihren Daten bezahlen die "Zeit"-Leser relativ großzügig. Das "echte" Geld sitzt nicht ganz so locker - wird aber für die Lieblingsthemen durchaus investiert.
Der Hamburger Zeitverlag zieht eine erste Bilanz der Bezahlschranke, die am 1. April unter dem Namen Z+ für das Online-Angebot eingeführt wurde: Das Paid Content-Modell habe dem Auftritt bisher nicht geschadet, so Enrique Tarragona, Geschäftsführer von Zeit Online, und Martin Kotynek, stellvertretender Chefredakteur der Website, gegenüber W&V.
Z+ besteht aus zwei verschiedene Schranken: Wer auf der Website auf ein grau gefärbtes Z+-Symbol stößt, muss lediglich mit seinen Daten bezahlen, indem er sich bei der Seite registriert. Bei einem roten Z+ geht es an den Geldbeutel: Will man einen Artikel mit dieser Kennzeichnung lesen, muss man ein Digitalabo abschließen. Ein Experiment, vor dem man bei der "Zeit" lange zögerte. Denn das Risiko eines Reichweitenverlusts steht bei der Einführung von Bezahlschranken immer im Raum – für die Werbefinanzierung ein Nachteil.
Die ersten drei Monate brachten jedenfalls nach Angaben der Verlagsmanager keinen Einbruch bei der Performance. "Seit Start zählen wir bereits über 100.000 Registrierungen. Insgesamt hat sich die Zahl der Neuregistrierungen auf unserer Seite praktisch verdreifacht", sagt Enrique Tarragona. Auch die Reichweite habe keine Delle davongetragen; "wir wachsen weiter", so Martin Kotynek. Besonders wichtig: Die Quote der tatsächlich neu generierten Adressen liege bei 80 Prozent – also wertvolles Datenmaterial zur weiteren Verwendung. Auch zum Abo konnte sich ein guter Teil der Leserschaft durchringen: Laut Tarragona wurden "bald 10.000 Probeabos" gewonnen, die nun möglichst nach und nach in reguläre Abos umgewandelt werden sollen.
Bezahlt wird für Weltpolitik, Wirtschaft und Magazin-Themen
Und wofür investieren die "Zeit"-Leser nun Daten und Geld? Solange es nur um die Bezahlung mit Daten geht, ist der Nutzer großzügig; da unterscheidet sich die Nutzung nicht groß von der des kostenlosen Angebots. Lange und kurze Texte, querbeet durch alle Themen, sind gefragt. Wer mit barer Münze bezahlen muss, wählt schon deutlich fokussierter aus: "Wenn der Nutzer ein Abo abschließt, dann ist er in diesem Moment an einem bestimmten Thema stark interessiert", hat Kotynek beobachtet. "In unserem Fall sind das Themen aus der Weltpolitik, dem Wirtschaftsbereich und dem Magazin."
Nicht nur bei der "Zeit" ist Paid Content mittlerweile ein festes Standbein in der Finanzierung. Aktuell nutzen laut einer Bestandsaufnahme des Zeitungsverlegerverbands BDZV 123 deutsche Verlage Paid Content. Die meisten haben sich für die klassischen Freemium- und Metered-Modelle entschieden, eine geringe Anzahl experimentiert mit alternativen Varianten. Auch bei der "Zeit" läuft das Experiment weiter. Denn der Lernprozess beginnt gerade erst, sagt Martin Kotynek: "Wir können an allen Stellschrauben drehen, weil unser Z+-System sehr flexibel programmiert ist. So können wir von den Lesern lernen und diese Erkenntnisse jederzeit integrieren. Und da wird sich bestimmt noch das eine oder andere ändern."
Lesen Sie dazu auch die aktuelle W&V (26/2017)