Wen die E-Privacy-Verordnung trifft

In der Tat: Big Data wird erschwert, vor allem bei jenen, die nicht über Login-Daten verfügen. Das gilt beispielsweise für Medien, die keine Paid-Content- oder Shopmodelle angegliedert haben. Und hier vor allem die kleineren Anbieter – während die großen Vermarktungshäuser der Medienkonzerne wie etwa SevenOne Media oder IP Deutschland Datenallianzen mit Handelspartnern oder Cookie-Spezialisten eingegangen sind.

Login-Profile für die ProSiebenSat.1-Kanäle und deren Vermarktung etwa liefert unter anderem der Onlinehändler Zalando. Ströer bedient sich bei den Shoppingprofilen der Otto-Kunden und schlägt sich wie alle anderen Vermarkter mit der Konkurrenz durch neue Töchter der deutschen E-Commerce-Anbieter herum. Doch an den internationalen und umfassenden Datenpool der GAFAs (Google, Apple, Facebook, Amazon) reichen weder deutsche Händler noch die diversen Daten-Partnerschaften heran.

So gibt VPRT-Geschäftsführer Harald Flemming angesichts der E-Privacy-Verordnung die Warnung aus: "Für die Medien bedeutet der abgestimmte Bericht das Aus für die Reichweitenmessung und damit für die verlässliche Werbewährung. Eine Zielgruppenbildung für Werbung im Internet verhindert der Vorschlag. Dies schafft Login-Giganten einen massiven Wettbewerbsvorteil gegenüber werbefinanzierten Anbietern."

Der VPRT will nun seinen Einfluss beim Plenum des Europäischen Parlaments und bei "vernünftigen Stimmen im Rat" geltend machen. Mitstreiter finden sich sicher auch beim Digitalverband Bitkom, der ähnlich entsetzt reagiert und verkündet: "Für bestehende und zukünftige Geschäftsmodelle im klassischen Internet ebenso wie im Internet of Things wird dies erhebliche Auswirkungen haben. Die vorliegende E-Privacy Verordnung torpediert die Bemühungen der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten, die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in Europa voranzutreiben."

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hatte bereits kurz nach Vorstellung des Entwurfs der Verordnung vor "einer fundamentalen Gefährdung der heutigen Informationsgesellschaft" gewarnt - aus ähnlichen Gründen wie Verleger Ende Mai. Jetzt beklagt der BVDW einen "fundamentalen Einschnitt in die Funktionsweisen digitaler Netzangebote". Das sei mehr oder weniger "das Ende des freien Internets, wie wir es heute kennen und schätzen". Viele neue Geschäftsmodelle basieren auf Daten, die aus dem Tracking bezogen werden. 

Unter anderem mit diesem Spot unter dem Motto #LikeABadMovie will die europäische Medien- und Werbeindustrie die Brüssler Gremien doch noch umstimmen:

Übrigens: Dass GAFA die nächsten 50 Jahre überlebt, glaubt Marketing-Guru Scott Galloway nicht - und hat über die Gründe ein Buch geschrieben.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.


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