Prägende Persönlichkeit:
Zeit-Urgestein Theo Sommer verstorben
Sommer, von 1973 bis 1992 Chefredakteur und anschließend bis 2000 Herausgeber der Wochenzeitung, starb am 22. August im Alter von 92 Jahren in Hamburg.
Er hat die Zeit geprägt wie kein anderer: Theo Sommer, von 1973 bis 1992 Chefredakteur und anschließend bis 2000 gemeinsam mit Marion Gräfin Dönhoff und Helmut Schmidt Herausgeber der Wochenzeitung, ist tot. Er starb am 22. August im Alter von 92 Jahren an den Folgen eines Sturzes.
Es waren aber nicht nur prägende, sondern auch äußerst produktive Jahre und Jahrzehnte: "Er schrieb wie ein Berserker, mehr als 1200 Artikel in 64 Jahren allein für die Zeit", erinnert sich der langjährige Weggefährte und Zeit-Autor Matthias Naß in seinem Nachruf auf Zeit Online. "Dazu Bücher, Vorträge, Reden, Kolumnen für amerikanische, japanische oder koreanische Blätter." Denn es sei der Vorgang des Schreibens an sich gewesen, der Sommer fasziniert habe – "der unbegreifliche Mechanismus, wie sich aus Gedanken Worte bilden."
Sommer kam 1958 als junger politischer Redakteur von der Rems-Zeitung in Schwäbisch Gmünd zur Zeit. Der Tübinger Politikwissenschaftler Theodor Eschenburg hatte ihn Marion Dönhoff empfohlen – gemeinsam prägten sie fortan das Wochenblatt aus dem Hause Holtzbrinck.
"Es stand sogar noch Whisky auf dem Tisch"
Für ihn zu arbeiten war laut Naß spannend und nervenaufreibend zugleich: "Wer unter ihm zum Blatt kam, hatte das Gefühl, den journalistischen Olymp erklommen zu haben. Seine Wissbegier und seine Großzügigkeit erlaubten es uns Redakteurinnen und Redakteuren, unsere sehr unterschiedlichen Neigungen und Temperamente in großer Freiheit und Eigenverantwortung zu entfalten."
Meinung war nicht nur im Blatt gefragt, sondern auch in den Redaktionskonferenzen: "Also ging es oft hoch her, und gern haute der Chefredakteur dann auf den Tisch, dass es krachte. Widerspruch kam trotzdem. Hatten alle lange genug durcheinandergeredet, fasste er zusammen und vergab Arbeitsaufträge. Versöhnt löste sich die Versammlung auf. In Theo Sommers Konferenzen wurde viel gelacht. Es stand sogar noch Whisky auf dem Tisch."
Das Umschreiben der Beiträge ließ er sich dennoch nicht nehmen: "Theo Sommer war kein Chef für schwache Nerven und empfindsame Naturen. Gern kam er am Dienstagabend, mitten in der Produktion, ins Büro des Redakteurs, griff sich ein Manuskript ("Lass mal sehen!"), zog einen Filzstift aus der Brusttasche und begann zu redigieren."
Drei wichtige Grundsätze
Dabei waren ihm drei Grundsätze wichtig, die er laut Naß am liebsten auf Englisch vortrug. Sie lauteten:
- Hit the main story hard.
- Think clearly, write plainly, keep an open mind.
- First simplify, then exaggerate.
Letzteres legte er insbesondere den Leitartiklern ans Herz. Ebenso wie den Verzicht auf Ironie ("die versteht der Leser nicht"). Dafür lieber gelegentlich "ein Fremdwort einstreuen, der Leser will etwas lernen." Vor allem aber: "Schreiben, was wichtig ist. Sich nicht in Nebensächlichkeiten verlieren."
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