Creative Social Responsibility :
Ist die Demokratie noch zu retten?
Die Skepsis vieler Bürger:innen richtet sich inzwischen auch gegen etablierte Medien, obwohl sie für eine starke Demokratie unabdingbar sind. Eine Lösung sieht Luise Lange-Letellier von Correctiv in gemeinwohlorientiertem Journalismus. Wie wir alle davon profitieren.
Wir leben in einer Zeit, in der Demokratien weltweit unter Druck stehen. Populistische Bewegungen gewinnen an Boden, autoritäre Tendenzen verstärken sich, und die Verbreitung von Desinformation hat ein Ausmaß erreicht, das noch vor wenigen Jahren unvorstellbar schien.
Inmitten dieser Herausforderungen stellt sich die Frage: Wie kann die Demokratie nicht nur überleben, sondern gestärkt aus dieser Krise hervorgehen? Eine Antwort darauf bietet der gemeinwohlorientierte Journalismus.
Die Erosion der Demokratie
Zahlreiche Studien zeigen, dass das Vertrauen in demokratische Institutionen in vielen Ländern schwindet. Der „Democracy Index“ des Economist Intelligence Unit weist darauf hin, dass in 2023 weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung in einer vollständigen Demokratie lebt. Gleichzeitig erleben wir eine Zunahme hybrider Regime und autoritärer Systeme, die grundlegende demokratische Prinzipien unterminieren. Ein zentraler Faktor dieser Entwicklung ist die Erosion des öffentlichen Diskurses durch Desinformation und die Fragmentierung der Medienlandschaft.
In einer Zeit, in der Informationen in Echtzeit verbreitet und konsumiert werden, hat die Qualität dieser Informationen einen enormen Einfluss auf die Gesellschaft. Die Verbreitung von Fake News und Verschwörungstheorien untergräbt das Vertrauen der Bürger*innen in traditionelle Medien und die Demokratie selbst.
Eine Studie des Pew Research Center zeigt, dass selbst in vielen westlichen Demokratien die Mehrheit der Bevölkerung glaubt, die Medien seien voreingenommen und desinformierend. Diese Entwicklung wird von sozialen Medienplattformen verstärkt, deren Algorithmen polarisierende Inhalte bevorzugen und damit die Spaltung der Gesellschaft fördern.
Die Rolle des Journalismus
Angesichts dieser Herausforderungen ist der gemeinwohlorientierte Journalismus wichtiger denn je. Er verfolgt nicht primär kommerzielle Interessen, sondern ist auf das Wohl der Gesellschaft ausgerichtet. Im Gegensatz zu profitgetriebenen Medienhäusern, die oft Sensationsberichterstattung und Klickzahlen in den Vordergrund stellen, zielt der gemeinwohlorientierte Journalismus darauf ab, fundierte, sorgfältig recherchierte Informationen bereitzustellen, die zur Bildung einer informierten Öffentlichkeit beitragen.
Seit nunmehr 10 Jahren hat sich Correctiv der Aufklärung und Medienbildung verschrieben. Durch investigative Recherchen, wie etwa Enthüllungen rund um die Cum-Ex-Files, die AfD-Spendenaffäre oder zuletzt das Geheimtreffen rechtsextremer Akteure in Potsdam, trägt Correctiv dazu bei, Machtmissbrauch und Korruption offenzulegen.
Solche Arbeiten sind essentiell, um Vertrauen in demokratische Institutionen zu stärken und den Bürgerinnen und Bürgern die notwendigen Werkzeuge an die Hand zu geben, um fundierte Entscheidungen treffen zu können und selbst ins Handeln zu kommen.
Eine starke Demokratie braucht jedoch mehr als nur investigativen Journalismus. Sie erfordert eine Bevölkerung, die in der Lage ist, Informationen kritisch zu hinterfragen und Desinformation zu erkennen. Genau hier setzt die Medienbildung an, ein weiteres zentrales Element der Arbeit von Correctiv.
Gemeinnützigkeit als Basis
In den letzten 10 Jahren hat sich Correctiv als gemeinwohlorientiertes Medienhaus etabliert. Die Gemeinnützigkeit unserer Organisation bildet dabei die Basis für Unabhängigkeit, Innovationskraft und Resilienz. Unser Ziel ist es, den gemeinnützigen Journalismus zu festigen – als dritte Kraft neben kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Medien. Unser gemeinnütziger Journalismus ist zukunftsorientiert, konstruktiv und zugänglich und trägt wesentlich zur Vielfalt der Medienlandschaft bei.
Während viele Zeitungen und Redaktionen weltweit aufgrund finanzieller Engpässe schließen müssen und in Krisenzeiten Stellen abgebaut werden, zeigt Correctiv, wie neue Modelle im Journalismus diesen Herausforderungen begegnen. Correctiv ist Teil des Forums für gemeinnützigen Journalismus in Deutschland, das sich dafür einsetzt, Journalismus als gemeinnützigen Zweck in die Abgabenordnung aufzunehmen und die Medienlandschaft nachhaltig gemeinwohlorientiert zu gestalten.
Ein Appell für die geteilte Verantwortung
Die Bedrohungen, vor denen die Demokratie heute steht, sind real und vielfältig. Doch genauso real ist das Potenzial, diesen Bedrohungen entgegenzutreten. Der gemeinwohlorientierte Journalismus spielt dabei eine Schlüsselrolle. Er bietet eine Gegenkraft zu den destruktiven Einflüssen von Desinformation, Populismus und autoritären Tendenzen.
Es liegt jetzt aber auch an uns allen, unsere Verantwortung wahrzunehmen und einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie zu leisten. Ohne Demokratie geht es nicht. Sie ist die Grundlage für unsere Rechte und Freiheiten – auch die Pressefreiheit – und prägt unseren Alltag bis ins Detail. Wir sind jetzt alle gefragt.
Warum engagierst du dich für das Projekt C_SR?
Aus Haltung muss jetzt Handlung werden. Deswegen halten wir uns als Medienhaus nicht zurück und sind dankbar für alle, die sich beispielsweise bei C_SR engagieren.
Wie eine gelungenes Matching für die Demokratie aussehen kann, zeigen Correctiv und Heimat TBWA\ ab Mitte September.
Warum C_SR?
Weil die Zukunft unserer Demokratie durch Grassroots-Arbeit gerettet wird und C_SR das richtige Konzept ist, um hier Kreativwirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenzubringen.
P.S. Wir möchten der W&V Redaktion danken, dass sie uns diese C_SR Kolumne ermöglicht. Wir werden regelmäßig spannende Leute zu Wort kommen lassen, die uns erinnern, ermahnen und inspirieren mögen, uns gesellschaftlich mehr zu engagieren.
Über die Autorin: Luise Lange-Letellier. Seit Anfang 2016 ist sie Teil von Correctiv und leitet seit 2020 das Team für Kommunikation und Fundraising. Seit ihrem Studium der Soziologie technikwissenschaftlicher Richtung beschäftigt sich Luise mit den Einflüssen der Digitalisierung auf Kommunikation und Gesellschaft. Und auch heute noch befasst sie sich mit den Chancen digitaler Strukturen für soziale Bewegungen und Bündnisse in der Zivilgesellschaft.
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