Nachhaltige Gastronomie:
Für Recup sind zwei Dinge wichtig: Herzblut und Kawumms
Es ist noch ein weiter Weg, bis Mehrweggeschirr in der To-go-Gastronomie fest verankert ist. Dass das Thema überhaupt an Fahrt gewann, liegt auch an Recup und ihrem revolutionären Ansatz.
Inzwischen hat fast jede:r schon einmal einen Recup-Becher in der Hand gehalten - oder ihn bei anderen gesehen. Doch es war ein hartes Stück Arbeit, die Marke so bekannt zu machen. Heute steht Recup für eine konsequent mülvermeidende Haltung - und mischt sich deswegen auch in aktuelle Debatten ein, wie etwa um die aktuelle Mcdonald's-Kampagne. Wir sprachen mit PR-Chefin Greta Mager über die wichtigsten Assets der Marke:
Coffee-to-go hat sich seit Jahren wie selbstverständlich in den Alltag integriert. Wie kam es zu der Idee eines Mehrweggeschirrs im Pfandsystem?
Die Idee für ein Mehrwegsystem hatten unsere beiden Gründer Florian Pachaly und Fabian Eckert unabhängig voneinander im Studium. Beiden sind die von Coffee-to-Go-Bechern überquellenden Mülleimern aufgefallen und sie dachten sich: “Das muss doch auch anderes gehen”. Durch Zufall kamen sie mit ihrer Idee eines Mehrwegsystems bei derselben Person an und so dann schließlich zusammen und beschlossen, die Sache gemeinsam anzugehen. Im November 2016 sind sie mit ihrem Pilotprojekt für Mehrwegbecher in Florians Heimat Rosenheim gestartet, und kurz darauf folgten bereits 50 weitere Partner in München. Mittlerweile gibt es Recup und Rebowl bundesweit an über 21.000 Ausgabestellen.
Wie genau funktioniert Recup?
Recup setzt darauf, Konsument*innen eine Lösung anzubieten, die für jede*n zugänglich ist und sich unkompliziert in den Alltag integrieren lässt. Aus diesem Grund richtet sich Recup nach dem in Deutschland etablierten Flaschen-Pfandsystem und basiert auf recyclebaren Pfandbechern und Pfandschalen, den sogenannten Recups und Rebowls.
Gastronomie-Betreibende leihen bei uns die gewünschte Anzahl an Mehrwegbehältern gegen eine Pfandgebühr von 1€ pro Recup bzw. 5€ pro Rebowl und geben die Behälter gegen denselben Pfandbetrag an ihre Kundschaft aus. Die Kundschaft kann Getränke und Speisen unterwegs genießen und die Mehrwegbehälter anschließend an einer der über 21.000 Aus- und Rückgabestellen wieder abgeben, um das Pfand zurückzuerhalten. Recup-Partner spülen die zurückgegebenen Behälter und bringen sie im Anschluss wieder zurück in den Kreislauf, sodass sie für die nächsten Kund*innen einsatzbereit sind.
Die gesetzliche Pflicht eines Mehrwergangebots hat Ihnen sicherlich in die Karten gespielt…
Mit der Mehrwegangebotspflicht wurde unser Produkt am 1.1.2023 überspitzt gesagt zum Gesetz. Als marktführende Mehrweglösung konnten wir daher bereits im Oktober 2022 einen Anstieg in der Nachfrage nach unserem System wahrnehmen. Seit dem Jahresauftakt haben sich deutschlandweit über 5.000 neue Ausgabestellen angeschlossen und unser Mehrwegsystem auf über 21.000 Ausgabestellen anwachsen lassen.
Die Zahlen zeigen: Das Bewusstsein für das Thema Mehrweg-Alternativen ist durch das neue Gesetz gestiegen. Gleichzeitig ist auch gerade bei Endverbrauchenden noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Nur wenn die Kundschaft aktiv nach Mehrweg fragt, kann Mehrweg zum neuen Verpackungsstandard werden.
Müssen Sie dennoch viel Aufklärungsarbeit bei den teilnehmenden Betrieben oder zukünftigen Partner leisten?
Gerade zu Beginn des Jahres bzw. in den Monaten davor haben wir wahrgenommen, dass die neue Regelung vor allem bei den großen Key-Accounts präsenter wurde, während Einzelgastronom*innen das Gesetz teilweise noch gar nicht kannten. Auch heute, fünf Monate nach Inkrafttreten der Mehrwegangebotspflicht, bestehen bei vielen Gastronomie-Betrieben immer noch Unsicherheiten bzgl. der genauen Regelungen.
Den Gastronom*innen ist oftmals nicht ganz klar, ob sie betroffen sind oder wozu genau sie verpflichtet sind – daher fragen sie häufig nach Hilfestellung von unserer Seite. Wir können andersrum dabei auch sehr viel lernen und durch den ständigen Austausch mit der Branche unser System stetig weiterentwickeln.
Ihr Mehrweggeschirr sieht man mittlerweile auf beinahe jeder zweiten Theke stehen. Welchen Stellenwert haben Sie dem Produktdesign dabei gegeben?
Bei der Gestaltung unserer Produkte legen wir großes Augenmerk auf Funktionalität, Nachhaltigkeit und Ästhetik. Zum einen wollen wir mit einer möglichst kleinen Produktpalette möglichst viele Use Cases abdecken können, die Produkte müssen also eine möglichst breite Palette an Speisen und Getränken abdecken können. Zum anderen sind sie speziell auf den Einsatz in einem zirkulären System und in der Gastronomie angepasst: Leicht, gut stapel- und spülbar und natürlich bruchsicher.
Bevor wir neue Produkte einführen, führen wir eine intensive Testphase mit bestehenden Partnern durch und launchen erst, wenn die Behälter alle unsere Anforderungen erfüllen. Dabei darf aber auch das Design nicht zu kurz kommen, die Produkte sollen am POS und on the go als nachhaltige Alternative wahrgenommen werden und unsere Markenwerte widerspiegeln: Nachhaltig, genüsslich, überzeugend und auffällig und vor allem einfach zu nutzen für alle.
Welche Vermarktungsstrategie haben Sie verfolgt und welche Marketingkanäle nutzen Sie dafür?
Was bei uns wichtig zu erwähnen ist, ist die Herausforderung der Diversität der Zielgruppe. Wir sprechen einmal die Gastronomie an, die ja unsere direkten Partner sind. Gleichzeitig wollen wir natürlich alle erreichen, die To-go und Take-away in Deutschland konsumieren. Deshalb der Ansatz von Multichannel-Marketing, um die Zielgruppen an mehreren und unterschiedlichen Touchpoints zu erreichen.
Grundsäule: eine kontinuierliche Anpassung über die Jahre an die Marktsituation und Zielgruppen-Bedürfnisse. Zu Beginn haben wir einen starken Schwerpunkt auf Brand Building, Personal Branding, Markenkommunikation und Public Relations gelegt sowie Kooperationen, später dann auf die Ausweitung des Systems, also auf Vertriebsmarketing und Multichannel-Marketing, um die heterogene Zielgruppe an unterschiedlichen und möglichst vielen Touchpoints erreichen zu können: von der Online-Marketing-Präsenz mit Social Media (Instagram, LinkedIn, neuerdings TikTok), über Direkt-Marketing Maßnahmen (Print-Mailings, Newsletter, Promotions), Awareness- und Sales Kampagnen, Messen/Events und Vertriebskooperationen.
Einen großen Anteil an Müll durch Einwegverpackungen tragen sicherlich auch immer beliebter werdende Lieferdienste. Wie arbeiten Sie zusammen?
Jeder Partner kann deutschlandweit über Lieferando, Uber Eats und Wolt Rebowls (in allen Größen) ausgeben, auch kleine regionale Plattformen oder die eigene Website des Restaurants sind möglich.
Für Uber Eats & Lieferando brauchen Partner*innen und Endkund*innen jeweils die entsprechende Recup-App und Partner*innen müssen die Bowls scannen.
Für Wolt wird keine Recup-App benötig. Hier kann das Pfand für die Rebowls einfach direkt in der Wolt App hinterlegt werden.
Auch auf den anderen Plattformen kann wie gewohnt bestellt und die Option "Mehrweg" ausgewählt werden, das Pfand wird dabei in der Recup-App hinterlegt.
Die Speisen werden anschließend in Rebowls geliefert und können beim nächsten Rebowl-Partner deutschlandweit wieder abgegeben werden, um das Pfand zurückzuerhalten.
Aber nicht nur Ihre Produkte, sondern Ihr gesamtes Geschäftsmodell ist darauf ausgelegt, ökologisch und sozial zu arbeiten…
Wir möchten ein Unternehmen aufbauen, das im Kern, in der Arbeitsweise und im Angebot Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellt. Wir sind davon überzeugt, dass zirkuläres Wirtschaften und ein verantwortungsvoller Umgang mit allen Ressourcen das Modell der Zukunft ist und nehmen diese Challenge jeden Tag an. Wir möchten zeigen, dass das geht. Vor dem Hintergrund der vielen ökologischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen unserer Zeit können und sollten Unternehmen, vor allem auch die großen und etablierten, konsequent eine Vorbildrolle einnehmen.
Vor 6 Jahren haben wir Einweg To-go den Kampf angesagt und es uns zum Ziel gemacht, mit Recup zum ökologischen, sozialen und ökonomischen Wandel beizutragen. Aktuell sind wir dabei, Nachhaltigkeit bei Recup holistisch zu verstehen und unsere Arbeit sowohl auf der sozialen als auch auf der ökologischen Säule auf- und auszubauen.
So wollen wir dieses Jahr z.B. an konkreten Reduktionszielen bzgl. unseres CO2-Fußabdrucks arbeiten. Außerdem ist unser Ziel, auf Basis unserer Wesentlichkeitsanalyse einen Nachhaltigkeitsbericht nach DNK Standard sowie unsere Nachhaltigkeitsstrategie zu generieren, aus der wir konkrete Ziele und Maßnahmen ableiten. Auch im Bereich soziale Nachhaltigkeit ergreifen wir verschiedene Maßnahmen.
Unter anderem basiert das Arbeiten bei uns auf Vertrauensarbeitszeit und dem vollen Bewusstsein, dass ein Leben auch außerhalb der Arbeit stattfindet. Auch die Prävention für mentale Gesundheit liegt uns am Herzen — über eine Kooperation mit Open Up können sich unsere Mitarbeitenden Mindfulness Trainings und anonyme und kostenfreie Termine mit Psycholog*innen buchen. Durch diese und weitere Maßnahmen versuchen wir, die ökologische und soziale Säule in unserer Arbeit zu verankern und Nachhaltigkeit holistisch zu verstehen.
Welche Unternehmenswerte setzen Sie innerhalb des Teams um?
Unser Unternehmen ist seit Gründung geprägt von vier Kernwerten, auf denen unser Umgang im Team, aber auch mit unseren Partnern und Dienstleistern aufbaut: Miteinander, Transparenz, Herzblut und Kawumms.
Einen großen Stellenwert nimmt natürlich auch unser Purpose ein, denn wir besinnen uns immer wieder auf den Grund, weshalb es uns gibt und der uns antreibt: Wir revolutionieren to-go – Weil es jetzt in unserer Hand liegt, dass unsere Umwelt uns und zukünftigen Generationen erhalten bleibt.
Wir legen Wert auf ein persönliches, glückliches und humorvolles Miteinander. Auch möchten wir stets transparente und ehrliche Einblicke geben (z.B. in das, was wir können und was wir nicht können) und dadurch eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe schaffen. Wir sind mit Herzblut bei der Sache und brennen für das, was wir tun, weil uns die Welt und unsere Mitmenschen am Herzen liegen. Und unser Unternehmenswert “Kawumms” hält fest: wir sind lebendig, dynamisch und haben den Mut für Veränderung und zu verändern.
Nicht nur in Deutschland gibt es Gesetze zur Vermeidung von Einwegplastik. Sind Sie daher auch noch in anderen Ländern aktiv?
Aktuell konzentrieren wir uns ausschließlich auf den deutschen Markt. Deutschland ist in Sachen Mehrweg Vorreiter und hier ist ja auch die Nachfrage durch die Mehrwegangebotspflicht hoch. Aber uns ist durchaus klar, dass Einwegplastik ein weltweites Problem ist. Unsere Vision heißt “Einweg abschaffen” das bezieht sich nicht nur auf Deutschland.
Welche Tipps haben Sie für Gründer*innen, die neue Konzepte mit gesellschaftlichem Mehrwert entwickeln?
Unser Tipp für Gründer*innen: Go where the pain is. In schwierigen Phasen schnell und ehrlich agieren und wichtige Dinge immer direkt angehen – Aufschieben bringt nichts. Außerdem: Feedback ist ein Geschenk, insbesondere Kritik – mit regelmäßigem, ehrlichem und konstruktivem Feedback lässt sich sehr schnell Fortschritt erzielen.
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