Cannes Lions:
Drei Film-Löwen, Titanium für Serviceplan
Eindrucksvoll haben sich die deutschen Agenturen bei Film zurückgemeldet. Titanium gab es für Serviceplan und "Dot.Pad", einen Sustainable-Löwen für DDB Germany.
"Es war die beeindruckendste Jury, in der ich je war. So viel geballte Erfahrung habe noch nirgendwo anders erlebt", sagt Alex Schill, Juror bei Titanium. Jurypräsident war Rob Reilly, global Chief Creative Officer bei WPP. "Es waren alles CCOs von globalen Agenturen, denen man nichts vormachen konnte und denen nichts entgangen ist", so der Serviceplan-Kreativchef. Auch nicht etwaige Schwächen in den Case-Filmen. Denn die bekam die Jury zuerst zu sehen, dann erst begann die zehnminütige Live-Präsentation mit anschließender Q&A-Runde. Nicht wenige Arbeiten sind nach der Fragerunde höher gevotet worden. Weil der eine oder andere Insight deutlicher wurde. Manche allerdings schnitten schlechter ab danach.
Bei dem Wettbewerb, der besonders wegweisende Kommunikationsideen honoriert, gewann Serviceplan einen Löwen: für Dot.Pad. Es ist der zweite deutsche Titanium-Löwen überhaupt seit Einführung des Wettbewerbs. Der erste ging 2019 an DDB für „Uncensored Playlist“. Das Besondere an Dot.Pad (Kunde) ist die Oberfläche des Pads. Sie ermöglicht Blinden dynamischen visuellen Content zu fühlen – mithilfe von 2400 fühlbaren Punkten. Eine große Erleichterung für die Millionen Menschen, deren Sehfähigkeit massiv beeinträchtigt ist.
Wie bei allen Wettbewerben in Cannes, schwient der Purpose-Gedanke mit. Oder wie es Reilly formuliert: „Die Regierungen helfen oft nicht dort, wo sie es sollten. Hier müssen starke Marken einspringen.“ Genau das zeigt auf beeindruckende Weise der Grand Prix „Long Live The Prince“ von Engine in London (Kunde: Kiyan Prince Foundation). Kyan Prince war ein Jugendspieler bei den Queens Park Rangers, der im Alter von 15 Jahren erstochen wurde, als er versuchte, einen Streit zu schlichten. Genau 15 Jahre später wird der Angriffspieler virtuell wieder zum Leben erweckt – als Dreißigjähriger. Und spielt wieder mit – bei FIFA 21 von EA Sports. Normalerweise unmöglich. Damit nicht genug: Etliche Marken haben das Projekt unterstützt. So entwarf Adidas einen eigenen Sneaker für den virtuellen Kiyan, JD Sports widmete dem Sportler eine Plakatkampagne, es gab Sammelkarten mit ihm und auch Hoodies mit seinem Konterfei auf dem Rücken. Kurz: Der digitale Kiyan Prince wurde zu einem Vorbild für viele, vor allem junge Menschen. Es war nicht zuletzt die Partnerschaft vieler Firmen und Akteure, die die Jury überzeugten. Oder wie es Schill sagt: „Keiner kann heute mehr alleine die großen Probleme lösen. Das geht nur mehr mit Kooperationen.“ Und: Der Purpose-Gedanke kam nicht mit dem Zeigefinger rüber, sondern subtil, wenn die Kiyan-Fans erkennen, dass ihr Star bereits gestorben ist und sie beginnen, sich mit dessen Geschichte auseinanderzusetzen.
Zwei Grand Prix bei Film
Film ist nicht nur die "Gründungskategorie" des Festivals Bei diesem Wettbewerb können zwei Grand Prix vergeben werden. Denn, so die Grundüberlegung, klassische TV-Spots mit 30 Sekunden lassen sich schwer mit einstündigen Filmprojekten vergleichen. Ausgezeichnet wurden Arbeiten, die "mich im ersten Schritt überwältigen, dann aber ärgern, weil sie nicht von mir kommen", so Jurychef udn BBDO-CCO David Lubars scherzhaft auf der Pressekonferenz. Das gelang drei deutschen Agenturen: Serviceplan, Leo Burnett und BBDO. Die gleichzeitig beweisen, dass die Deutschen immer noch „Filme können“, auch wenn die Löwen-Ausbeute in den vergangenen Jahren oft mau war.
Leo Burnett holt mit seinem "Spinnenfilm" für Samsung einen Gold-Löwen. Serviceplan gewinnt mit dem Penny-Spot „The Wish“ Silber. Bronze geht an BBDO für "One" (Kunde: Whatsapp).
Die beiden Grand Prix gehen nach Großbritannien und in die USA. Während "Super.Human" auf eine frische und überraschende Art und Weise das Thema Behinderung im Kontext der Paralympics aufgreift (Agentur: 4Creative, London; Kunde: Channel 4), also ausgesprochen Purpose-getrieben ist, steht bei "Escape From The Office2 von Apple der kommerzielle Aspekt im Vordergrund.
Für "Super.Human" begleitete ein Filmteam zwei Jahre Paralympics-Sportler und dokumentierte ihren – überwiegend – sportlichen Alltag.
Ganz anders das Thema des Apple-Spots, der auf ungemein kurzweilige Art den Einsatz von Apple-Devices thematisiert. Und zwar im Teil der „Apple-at-Work“-Serie. Diesmal planen die „Underdogs“ ihre eigene Firma und wollen es der alten Chefin so richtig zeigen. Im Vordergrund steht zwar wieder das hektische, aber stets optimistische und sympathische Team, im Mittelpunkt. Aber eigentlich geht es ums Iphone, Apple Watch, die Icloud und mehr.
Ein Löwe bei Sustainable Development Goals
Die Sustainable Development Goals wurden einst als ein Gemeinschaftsprojekt von United Nations und dem Cannes-Veranstalter gegründet. Ziel ist es, Aufmerksamkeit für Entwicklungsprojekte und -initiativen zu schaffen, die unter anderem den Hunger in der Welt bekämpfen oder den Klimaschutz vorantreiben. Dabei müssen die Cases etliche Faktoren erfüllen, sagt Jury-Präsidentin Kimberlee Wells, CEO von TBWA Melbourne/Adelaide. Dazu zählen Authentizität, Nachhaltigkeit, überraschender Mut und Skalierbarkeit. All das erfüllte der Grand Prix „The Missing Chapter“ von Leo Burnett in Mumbai. Im Auftrag von P&G entwickelte die Agentur eine Informationskampagne der besonderen Art. Das Thema: die weibliche Periode, ein Tabuthema in Indien. Weder werden die Mädchen von ihren Müttern aufgeklärt, noch informiert die Schule über die Periode. Folge: Die Mädchen sind komplett übefordert, wenn sie erstmals ihre Tage bekommen. Für nicht wenige bedeutet es das Ende des Schulbesuchs – aus Scham. Die Kampagne nutzte nicht nur viele verschiedene Kanäle, sondern brachte das Thema auch in entlegene Regionen.
Als einzige deutsche Agentur konnte DDB punkten. Mit "The Truth Wins" gewann die Agentur einen Bronze-Löwen. Reporter ohne Grenzen und DDB Berlin starteten eine Kampagne gegen Internetzensur. "The Truth Wins" verwendet die Gewinnzahlen der staatlichen Lotterien in von Zensur besonders betroffenen Ländern wie Russland, der Türkei und Brasilien und nutzt diese als Zugangscodes zu unabhängigen Informationen. Da die Lottozahlen und somit auch die Codes nicht vorausgesagt werden können, kann der Code auch nicht zensiert werden.
Glass Grand Prix Lion für "Data Tienda"
Deutschland ging hier leer aus. Der Grand Prix kommt aus Mexiko. In Mexiko bekommen nur die wenigsten Frauen einen Kredit, wenn sie einen brauchen. Der Grund: Sie haben keine Finanzhistorie, jedenfalls keine offizielle. Das Unternehmen We Capital wollte das ändern und hat dafür gemeinsam mit DDB Mexico eine Anwendung entwickelt. Da die Frauen meisten in kleinen Nachbarschaftsläden einkaufen und dort auch immer mal anschreiben lassen, gibt es Nachweise in papierener Form, die dafür herangezogen werden ihre Kreditwürdigkeit digital zu belegen.
Der Grand Prix For Good
Der Sonderpreis ging an die Humane Society International und das Arch Film Studio für "Save Ralph". Der Kurzfilm beschreibt eindrucksvoll die Leidensgeschichte eines Hasen, der für Tierversuche missbraucht wird.
Und so sieht der Medaillenspiegel aus.
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