EHI Marketing Forum:
Hauptsache Inhalt: Content Marketing treibt die digitale Transformation im Handel
Auf dem Marketing Forum Handel des EHI Retail Instituts diskutierte das Who-is-Who der Retailbranche im Oktober über den Handel im Zeitalter der digitalen Transformation. Mit dabei: True Fruits, Rewe, fischerAppelt uvm. Ulrike Witt vom EHI hat die wichtigsten Learnings für uns zusammengefasst.
„Nicht alles was digital ist, ist notwendigerweise das, was am besten funktioniert“ - Thomas Schwetje von Coop CH plädiert für den präzisen Umgang mit digitalen Angeboten im Handel. Diese Einstellung traf beim EHI Marketingforum 2017 in Köln auf reichlich Zustimmung bei Besuchern und Referenten. Dass digitaler Content und eine starke Online-Präsenz für den Handel mittlerweile keine Kür, sondern absolute Pflicht sind, ist in Geschäftsführungen und Marketingabteilungen hinreichend bekannt. Der Trend geht nun in Richtung eines sorgfältig durchdachten Einsatzes der vielfältigen Möglichkeiten.
Keynote-Speaker Matthias Wesselmann aus dem Vorstand von fischerAppelt gibt dafür die Leitfrage „Was ist wirklich relevant für das Geschäft?“ vor. Für Christian Riethmüller, Geschäftsführung Osiandersche Buchhandlung, beantwortet sich diese Frage noch vor digitalen Angeboten mit der Rückbesinnung auf den direkten Service an Kunden in den Filialen: „Done is better than perfect. Einfach machen, keine Angst. Haltung ist gefragt.“ Das 1596 in Tübingen gegründete Familienunternehmen ist bereits vor 20 Jahren mit einem Webshop gestartet. „Wir haben so viel Zeit und Geld in unsere Web-Shops investiert, dass wir fast unsere Läden vergessen haben. Und das ist die größte Gefahr, die ich heute im stationären Handel sehe.“ so Riethmüller. Gut geschulte Mitarbeiter und kompetente Beratungen seien im Zeitalter von Amazon essentiell für den Erfolg des stationären Buchhandels. Unterstützt natürlich von einem gut sortierten Onlineshop und der Beteiligung am „Tolino“ Ebook-Reader des Deutschen Buchhandels.
Großen Wert legt die Osiandersche Buchhandlung zum Beispiel auf Serviceangebote und „Kulanz ohne Grenzen“, so Riethmüller, denn der Kunde habe letztlich die Macht. So akzeptiert Osiander Fremdgutscheine als Zahlungsmittel – und löst diese eigenständig online ein, um Verluste zu vermeiden. Darüber hinaus können Kunden bei Osiander Bücher umtauschen oder als Geschenk verpacken lassen, die sie in einem anderen Geschäft erworben haben. In Kooperation mit Schulen bietet das Familienunternehmen in fünf Städten eine Zustellung der Waren per Fahrradkurier an. Die Motivation für ein derartiges Serviceangebot: Kunden sollen den Einkauf als bequem und schnell empfinden, analog zu den Kernkompetenzen des Onlinehandels.
Im Lebensmitteleinzelhandel geht Rewe mit Rewe Digital in die andere Richtung. Retail Media Leiter Sven Angel und sein Team suchen nach immer neuen Möglichkeiten, schnell auf digitale Trends zu reagieren und neue ständig zügig zu implementieren. Im Online-Lieferservice sieht Angel eine große Chance – aber auch eine große Herausforderung. Mit Apps, Voice-Commerce und zielgruppengerechtem Online-Content kann der Lebensmitteleinzelhandel ganz nah an den Alltag des Konsumenten heranrücken.
Neben dem wohldosierten Einsatz von Online-Marketing-Mitteln war Mut zur Experimentierfreude das zweite große Thema des EHI Marketingforums 2017. Marcus Diekmann, Director Digital bei der Beter Bed Holding, plant die Umstrukturierung von Matratzen Concord von einem primär auf stationären Verkauf ausgerichteten Unternehmen hin zu einer Online-First Priorität und ist dafür bereit, alte Strukturen niederzureißen. Beim Smoothie Marktführer True Fruits hat es diese Strukturen nie gegeben, Mitgründer und Marketingchef Nicolas Lecloux betonte, wie relevant Agilität und Mut zur Kontroverse für die Marketingstrategie des Unternehmens sind.
Fazit: Der Handel ist im Online-Zeitalter angekommen und sollte sich nun der Integration seiner traditionellen Werte in die digitalen Welten widmen.
Ulrike Witt, EHI