Mental Health:
Selfapy: Online-Therapie auf Rezept
Selfapy bietet Online-Therapie-Angebote bei psychischen Belastungen. Einzelne Kurse können bereits von Psychotherapeut:innen und Ärzt:innen verschrieben werden. Das vereinfacht auch das Marketing.
Es klingt, nein, es ist dramatisch: Bereits vor Corona leiden in Deutschland etwa 18 Millionen an psychischen Erkrankungen. 80 Prozent davon sind vor allem von Angststörungen oder Depressionen betroffen. Und es ist davon auszugehen, dass Lockdown, Kontaktreduzierung, Angst vor der Erkrankung die Anzahl der Betroffenen massiv erhöht.
Gleichzeitig können Psychotherapeut:innen und Kliniken aufgrund der Einschränkungen ihre Angebote oftmals nicht stabil halten, geschweige denn erhöhen.
Erste Auswertungen der Bundespsychotherapeutenkammer sind alarmierend. Die Kammer hat das Jahr 2020 mit 2021 verglichen und festgestellt: Während im Jahr 2020 die niedergelassenen Psychotherapeut:innen 4,9 Anfragen pro Woche verzeichneten, melden sich 2021 bereits im ersten Quartal 6,9 Menschen pro Woche, die nach Hilfe suchen. Betroffene müssen teilweise über ein halbes Jahr auf einen Therapieplatz warten.
Basierend auf Methoden der Verhaltenstherapie
Bereits 2016 gründeten Nora Blum und Katrin Bermbach deshalb die Online-Therapie-App Selfapy. Auch damals schon gibt es einen massiven psychotherapeutischen Versorgungsnotstand, dem sie unbedingt etwas entgegensetzen wollen. Die beiden Frauen kennen sich aus dem gemeinsamen Psychologie-Studium und entwickeln kurzerhand eine App, die Online-Therapie-Angebote macht bei psychischen Belastungen mit Depressionen. Mittlerweile beschäftigt Selfapy 70 Mitarbeiter:innen. Und wächst stetig.
Die 12-wöchigen Onlinekurse, die von erfahrenen Psycholog:innen entwickelt wurden und auf evidenzbasierten Methoden der Verhaltenstherapie basieren, sind darauf ausgerichtet, die Symptomatik zu reduzieren und Wege aufzuzeigen, mit der Erkrankung besser umzugehen und die Lebensqualität zu steigern. Innerhalb der App gibt es verschiedene Lektionen mit Übungen und Erklärungen, durch die man ein Verständnis für die eigene Erkrankung und eine höhere Resilienz entwickelt.
Die Kurse werden zu verschiedenen Indikationen angeboten, der Onlinekurs "Depression" kann seit Dezember 2020 sogar von Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen verschrieben werden, die Kosten werden von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. In Zusammenarbeit mit der Charité Berlin hatte Selfapy eine randomisierte Studie aufgesetzt, die gezeigt hat, dass das Kursangebot signifikant wirksam ist. Die Symptomatik ließ demnach um 39,9 Prozent nach. Ein Meilenstein für Selfapy, sagt Thomas Kuchling, CMO bei Selfapy.
Denn auf Basis der erfolgreichen Wirksamkeitsstudie wurde Selfapy nach einer strengen Prüfung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Sachen Datenschutz zertifiziert und als bundesweit erste Therapie-App für Depressionen in das Verzeichnis für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) aufgenommen.
Aktuell laufen in Zusammenarbeit mit der Universität Gießen und Heidelberg vier weitere Wirksamkeitsstudien, die sich anderen Indikationen widmen wie Angststörungen und Essstörungen. Auch hier hofft Selfapy auf eine Zertifizierung, die die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ermöglicht.
Selfapy, darauf legt Thomas Kuchling wert, erhebt allerdings nicht den Anspruch, eine Therapie zu ersetzen, sondern versteht sich als Zusatzangebot, als Überbrückungslösung. Der Depressions-Kurs ist nur bei leichten bis mittelschweren Depressionen die passende Lösung. Betroffene mit einer schweren Depression oder suizidale Patient:innen verweist Selfapy an lokale Psychiater:innen und Psychotherpeut:innen. "Aber gerade jetzt, in einer Zeit, in der der Bedarf an psychotherapeutischer Unterstützung rasant zunimmt, ist der Online-Kurs für viele Betroffene ein guter und wirksamer Ansatz."
Seit der Zertifizierung hat sich auch in Sachen Marketing viel getan, sagt Kuchling. Patient:innen sind vertrauensvoller, und: War Selfapy bis dahin darauf angewiesen, Selektivverträge mit den jeweiligen Krankenkassen abzuschließen, in denen die Kassen selbst bestimmt haben, welche Angebote sie ihren Patienten machen, "können wir nun auch direkt in Kontakt treten mit Verordnenden, also Ärzten und Psychotherapeuten, Kliniken und Selbsthilfegruppen, aber auch den Patienten direkt."
Selfapy ist nach eigenen Angaben sehr bemüht, das Stigma rund um psychische Erkrankungen zu reduzieren und Aufklärungsarbeit zu leisten. Dafür setzt das Unternehmen auch auf Zusammenarbeit mit Influencern wie zum Beispiel Daria Daria: "Natürlich achten wir sehr streng darauf, dass die Inhalte sensibel und qualitätsvoll kommuniziert werden, aber der Kanal ist sehr relevant für uns", sagt Kuchling.
Das Kursangebot richtet sich an alle Menschen ab 18 Jahren. Sinnvoll auch deshalb, weil sich vermutlich gerade im vergangenen Jahr auch eine ältere Zielgruppe vermehrt digitale Kompetenzen angeeignet hat, zwangsläufig.
In Zukunft will Selfapy das zertifizierte Kursangebot noch weiter ausbauen, noch mehr Betroffene erreichen und noch mehr Aufklärungsarbeit leisten. "In Deutschland wird dem Thema Versorgungsnotstand leider nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt", sagt Thomas Kuchling. "Das ist dramatisch und muss sich unbedingt ändern. Es darf kein Tabuthema mehr sein, über Depressionen zu sprechen."
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