Studie :
DAX-Vorstände haben keine Bewegtbildstrategie
DAX-Vorstände sind eine kamerascheue Spezies: Einer Studie zufolge waren 18 der 30 CEOs auf YouTube nicht sichtbar. Mit gelungenen Videobotschaften fielen 2020 nur die Chefs von Telekom und Fresenius auf.
Die CEOs der größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands nutzen das Potenzial von visueller Kommunikation kaum aus. Dies ergab eine Untersuchung der Strategieberatung Altcramer. Dabei wurden die offiziellen YouTube-Kanäle der DAX-30-Konzerne im Jahr 2020 analysiert. Das Ergebnis: Keiner der CEOs hat eine wirksame Bewegtbildstrategie. Die Unternehmen Infineon und Vonovia besitzen nicht einmal einen YouTube-Kanal mit individueller URL.
Nicht einmal jeder zweite DAX-CEO (40 Prozent) hat sich dieses Jahr überhaupt per Video an seine Stakeholder gewandt. Selbst in der Corona-Krise wurde die emotionale Direktansprache über Bewegtbild kaum genutzt. Lediglich zwei der CEOs stellten sich zur Virus-Thematik vor die Kamera. Überhaupt laden deutsche Vorstandschefs im Schnitt nur drei Videos pro Jahr hoch.
Münchner-Rück-CEO Joachim Wenning war zuletzt gar vor drei Jahren zu sehen, da noch im eigenen Format "Wenning meets".
Eigens produzierter Content für die Zielgruppe gibt es kaum. Bei den meisten Videos handelt es sich um Mitschnitte aus Pressekonferenzen oder Jahreshauptversammlungen. Eine Ausnahme bildet BMW-Chef Oliver Zipse. Er trifft sich in einem Hollywood-reifen – allerdings komplett durchgeskripteten – Werbefilm mit Schauspieler Christoph Waltz und stellt dabei den BMW iX vor. Authentizität und Nähe – eigentlich die Stärken von Bewegtbild – gehe hier jedoch verloren, bemängeln die Autoren der Studie.
"CEOs müssen heute selber Marken sein"
Wie es auch einfach geht, zeigt Fresenius-CEO Stephan Sturm. Zur COVID-19-Pandemie richtete er sich aus dem Home-Office per Laptop-Kamera direkt an seine Mitarbeiter:
Auch Telekom-CEO Tim Höttges weiß, wie man es besser macht. Seine selbstironischen Weihnachtsvideos sorgen nicht nur bei den eigenen Mitarbeitern für gute Laune:
Insgesamt jedoch zieht Michael Cramer, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Altcramer, ein ernüchterndes Fazit: "Die DAX-CEOs halten sich, was Bewegtbild-Content angeht, versteckt." Dies sei ein Fehler, denn CEOs müssten heute selber Marken sein und diese "emotional und öffentlickeitswirksam" vertreten. Bewegtbild biete hier die größten Chancen, sagt Cramer: "Es ist der beste Weg, um seine Stakeholder emotional anzusprechen und sich als modernen CEO zu positionieren."
Die Studie bemängelt nicht nur die Quantität der Videos - auch bei grundlegenden Dingen werde einiges falsch gemacht, heißt es. So sind Videos oft doppelt veröffentlicht, in deutscher sowie in englischer Sprache, statt Untertitel in verschiedener Sprache zu verwenden.