Markenführung:
"Eine starke Marke allein reicht nicht für den Erfolg"
Lutz Dietzold hat als Auslober des German Brand Award schon viele starke Marken gesehen. Welche Learnings zieht er daraus? Und welche Trends bestimmen die Markenführung 2021?
Herr Dietzold, die German Brand Awards werden dieses Jahr zum sechsten Mal vergeben. Welche Learnings ziehen Sie aus so vielen "starken Marken", die Sie in dieser Zeit gesehen haben?
Wir haben vor sechs Jahren diesen Award entwickelt, um den Blick für die Relevanz der ganzheitlichen Implementierung und Führung von Marken zu schärfen. Seitdem konnten wir viele spannende große und kleine Unternehmen präsentieren, die die Markenpositionierung als handlungsleitendes Instrument in die DNA ihrer Unternehmensstrategie eingeschrieben haben. Gerade in bewegten Zeiten wie diesen, wo sich die Logiken des Marktes von heute auf morgen radikal ändern, zeigt sich, dass eine starke Marke Bestand garantiert und damit dauerhaft Erfolg sichern kann. Bemerkenswert dabei ist, dass nicht nur die großen Player hier ihre Marke strahlen lassen, sondern auch immer wieder kleine und junge Unternehmen mit Best Practice brillieren. Das beweist, dass Marke ein Kompass ist, der von Größe und Umsatz unabhängig ist. Darüber hinaus kann man an den Gewinnern des German Brand Award über die Jahre hinweg ablesen, welche hohe Dynamik in der Markenführung steckt.
Welche Themen und Trends bestimmen die Markenführung 2021?
Markenführung ist heute einem hohen Tempo unterworfen. Die zunehmende Differenzierung der Touchpoints im digitalen Raum führt zu steigender Komplexität. Die Digitalisierung bringt dabei Herausforderungen und Lösungen zugleich mit sich: Macht sie einerseits die Ähnlichkeit von Produkten und Preisen immer transparenter, ermöglicht sie andererseits die individualisierte Ansprache und damit die Möglichkeit, das Kundenerlebnis passgenau zu steuern und darüber das Vertrauen in die Marke zu kontrollieren. Der Schlüssel sind hier datengetriebene Methoden. Aus dem Marketing ist die Anwendung von KI daher längst nicht mehr wegzudenken. Ein aus diesem Zusammenhang resultierender Trend ist, dass das Corporate Design heute viel flexibler werden muss, um den Digitalisierungsanforderungen gerecht zu werden. Waren die Vorgaben des Corporate Designs bislang sehr starr und oberstes Gesetz, zeigt sich heute, dass eine Marke kontextuell anpassungsfähig sein muss. Das ist ein Thema, das große Traditionsmarken wie die Deutsche Telekom oder Merck derzeit für sich erschließen, während es junge Marken zum Teil von Tag eins an für sich zu deklinieren wissen. Hier bietet der Award einen erfreulichen Wissenstransfer für ganz unterschiedliche Unternehmen und Branchen.
Welchen Einfluss hat die Corona-Krise auf die Marken und was davon bemerken Sie bei den Einreichungen?
Es war deutlich zu beobachten, dass die Suche nach Alternativen zu physischen Veranstaltungen die Unternehmen bewegt. Messen, Showrooms, Veranstaltungen – all die Gelegenheiten, wo Markenerlebnisse bislang physisch erlebbar gemacht wurden, haben natürlich eine Leerstelle hervorgerufen. Das hat Dynamik in die Inszenierung der Marke im digitalen Raum gebracht hat. Und erfreulicherweise auch in die Anzahl der Einreichungen – es scheint ein schöner Ansporn gewesen zu sein, seine innovativen Ideen hier mit anderen zu messen.
Wie zufrieden sind Sie mit der Qualität deutscher Markenführung allgemein? Was würden Sie sich wünschen?
Deutsche Marken gehören seit langem zum Kanon des internationalen Wirtschaftsgeschehens und sind für viele, vor allem asiatische Länder beispielgebend. Aber keine Frage, gerade im Mittelstand und bei jungen Unternehmen gibt es da mitunter noch Nachholbedarf, den wir mit unseren vielfältigen Wissens- und Kommunikationsformaten unterstützen. Dabei setzen wir immer auf die Trilogie von Innovation, Design und Marke, die Unternehmen nachweislich erfolgreicher macht. Was ich mir davon abgesehen wünsche ist, dass deutsche Unternehmen ihre unternehmerische Verantwortung für nachhaltige Produktion auch als Teil ihrer Markenwerte definieren – sozusagen als Grundbedingung für wirtschaftliches Handeln. Damit würde deutschen Marken eine weitere Vorbildrolle zukommen, die zur Nachahmung im globalen Kontext führen könnte.
Warum sind manche Marken erfolgreicher als andere? Was machen sie besser?
Auch wenn wirtschaftlicher Erfolg immer ein Zusammenspiel von disziplinübergreifender Best Practice ist, kann man nachweisen, dass erfolgreiche Unternehmen aus der Marke für alle Bereiche gleichermaßen handlungsleitende Vorgaben generieren. In jüngerer Zeit bedeutet das auch, dass wichtige Markendimensionen ins Digitale übersetzt werden müssen. Das Erfolgsrezept der konsistenten Markenführung ist also so gültig wie eh und je, aber die Bedingungen ändern sich. Wer hier schnell anpassungsfähig ist, ist resilient gegenüber kurzfristigen Veränderungen und weitreichenden Transformationen gleichermaßen. Aber: Eine starke Marke allein reicht natürlich nicht für den Erfolg. Nur wenn ein innovatives Produkt und ein unterscheidbares Design das Markenversprechen auch einlösen, ist dauerhafter Erfolg möglich.
Der German Brand Award findet als hybride Veranstaltung statt. Wie funktioniert das in diesem Jahr?
Wie unsere Preisträger und Mitgliedsunternehmen haben auch wir in dem vergangenen Jahr neue Formate entwickelt und erprobt und sind stolz, heute ganz selbstverständlich eine auf die aktuelle Pandemielage zugeschnittene Veranstaltung anbieten zu können. Im Mittelpunkt stehen dabei die Gewinner des German Brand Award sowie ein Talk-Programm mit unterschiedlichen Panels zu aktuellen Trends in der Markenführung. Der Kreis der Gäste vor Ort ist pandemiebedingt natürlich begrenzter als in normalen Zeiten, digital können wir die Marken-Community aber in genauso großem Rahmen und mit vielfältigen digitalen Interaktionsmöglichkeiten zusammenbringen. Wir hoffen, dass die Teilnehmer der Veranstaltung die Vernetzungsmöglichkeiten zum Wissensaustausch sowie die Angebote für die eigene Kommunikation in den sozialen Medien rege nutzen werden.
Alle Preisträger werden bei der Verleihung des German Brand Awards am 10. Juni 2021 bekanntgegeben. Die Jury:
- Saskia Diehl, Geschäftsführerin und Miteigentümerin GMK Markenberatung, Köln
- Katrin Menne, Director/Head of Branding Merck Group, Darmstadt
- Günter Moeller, Geschäftsführer hm+p Hermann, Moeller + Partner, München
- Stefan Raake, Geschäftsführer AMC Finanzmarkt GmbH, Düsseldorf
- Prof. Mike Richter, Fachbereich Gestaltung, Hochschule Darmstadt, Mitgründer iconmobile group und banbutsu, Veritas Entertainment, Berlin
- Michael Rösch, Co-Founder von TOMINO
- Prof. Dr. Simone Roth, Professur für Marketing Hochschule Ruhr West, Mülheim
- Christian Rummel, Deputy Global Head of Brand Communications & Corporate Social Responsibility Deutsche Bank AG, Frankfurt am Main