AGF X-Reach:
„Der Markt fordert stärker denn je einen einheitlichen Crossmedia-Ansatz“
Mit dem Projekt AGF X-Reach liefern die Videoforscher der AGF dem Markt seit einem Jahr Crossmedia-Daten zu Gesamtreichweiten von Publishern und Medienmarken sowie zu Nettoreichweiten einzelner Gattungen. Im Gespräch mit W&V erklärt Kerstin Niederauer-Kopf, Geschäftsführerin der AGF Videoforschung, wo das Projekt heute steht.
Kerstin, pünktlich zu den letztjährigen Screenforce Days hat die AGF Videoforschung erste Ergebnisse ihres Pilotprojekts AGF X-Reach vorgelegt. Bitte erkläre nochmal kurz, worum es dabei geht.
Seit mehr als zehn Jahren fordert der Markt eine Crossmedia-Messung, und AGF X-Reach ist die Antwort darauf. Die AGF misst seit 1988 TV und hat seit 2012 die Videomessung (Videostreaming) durch Nielsen in einem hybriden Messansatz ausgebaut. AGF X-Reach erweitert diesen hybriden Ansatz, um auch Non-Video-Content, wie Static Display, crossmedial zu messen. Das Projekt liefert Crossmedia-Daten für alle Anbieter unter Messung und bietet Leistungswerte für rein digitale Angebote ohne Bewegtbild. Es ermöglicht eine „Deduplicated Reach“ und gibt Einblicke in inkrementelle Reichweiten, Exklusivkontakte, Strukturinformationen sowie Netto- und Bruttoreichweiten.
AGF X-Reach nutzt die bestehende Infrastruktur der Konvergenzmessung von TV und Streaming ...
... und bietet dem Markt neben der Gesamtreichweite von Publishern oder Medienmarken auch Nettoreichweiten für einzelne Gattungen, wie Digital Only oder Static Display. Anbieter und Werbetreibende benötigen diese Daten dringend, um ihre medialen Angebote zu optimieren oder auch Kampagnen möglichst effizient auszusteuern. Durch die Nutzung und den Ausbau bestehender Messtechnologie und des bewährten methodischen Ansatzes hat die AGF dem Markt ein Produkt zur Verfügung gestellt, das diese wesentliche Anforderung erfüllt.
Rund 60 Angebote unterschiedlicher Häuser waren beim Start dabei, darunter unterschiedliche Publisher beziehungsweise Vermarkter und Angebote wie das „Dschungelcamp“ von RTL, "ran NFL@ran.de" von Prosieben und Welt aus dem Hause Axel Springer. Welchen Umfang hat die Messung heute?
Die Zahl der Angebote hat sich im Vergleich zum Start des Testpiloten vergrößert, und wir freuen uns, dass weitere Angebote aus den Anbieterhäusern hinzukommen. Viele Anbieter haben ihre Angebote unter Messung gebracht, um ab dem Moment des Live-Gangs in den Markt dabei zu sein.
Die Daten stammen aus einem hybriden Messansatz der AGF. Wie sind diese aufgebaut?
Der Forschungsansatz der AGF ist seit jeher panelbasiert, was sich vor dem Hintergrund der anstehenden „Cookiekalypse“ als wertvoll erwiesen hat. Um Aussagen über Zielgruppen und deren Mediennutzung treffen zu können, setzen wir auf die Kombination von smarten und großen Datenquellen mit repräsentativen Panels im Zentrum. Wegen der Marktfragmentierung ist – besonders im Digitalen – ein hybrider Messansatz notwendig. Dort werden Daten aus einer anonymen Zensusmessung mit den Nutzungsdaten aus den digitalen Nielsen-Panels kombiniert und in das repräsentativ ausgesteuerte AGF Core Panel eingespielt.
Der AGF Reach Planner ist das hauseigene Tool für die crossmediale strategische Kampagnenplanung. Wie wird dieses strategische Planungstool von Werbekunden und Agenturen angenommen und genutzt? Wie ist nach einem Jahr die Resonanz auf das Testprojekt aus dem Markt?
Seit April 2024 befinden wir uns in einem groß angelegten Markttest mit den Daten aus der X-Reach-Messung. Die Ergebnisse stehen in unserem Reportingtool AGF Data für eine Ex-post-Betrachtung zur Verfügung. Im AGF Reach Planner können darüber hinaus die am Test teilnehmenden Marktpartner nun auch crossmedial planen. Das Tool ist einfach gehalten und ermöglicht einen schnellen Überblick über die Leistungsfähigkeit der Angebote und liefert beispielsweise wertvolle Erkenntnisse zu Überschneidungen und inkrementellen Reichweiten. Viele Agenturen testen hier intensiv. Dabei ist das Feedback durchweg positiv, da nun wieder Daten zur Verfügung stehen, die es seit längerem oder in dieser Form zuvor nicht gab.
Wie sieht dein Fazit nach einem Jahr aus? Welche Schritte plant ihr als nächstes?
Wir sind sehr glücklich darüber, in der Kürze der Zeit diesen ersten Ausbau geschafft zu haben, und konzentrieren uns nun auf die weiteren Optimierungen. Das war eine sehr sportliche Aktion, die nur gelingen konnte, weil alle an einem Strang gezogen haben. Nun müssen wir sehen, wie sich das Projekt entwickelt und welche Rolle es im Markt einnehmen wird. Es ist kein Geheimnis, dass auch andere an einem eigenen Ansatz arbeiten – national und international. Der Markt wird sich, insofern er sich Vergleichbarkeit wünscht, langfristig für einen Ansatz entscheiden müssen. Der AGF-Ansatz steht für alle Marktteilnehmer bereit und bietet damit auch dem Digitalmarkt ein Instrument zur Erreichung eben dieser Vergleichbarkeit.
Deine Prognose für die zukünftige Entwicklung von Crossmedia-Standards? Was wünschst du dir vom Markt?
Wir werden einen einheitlichen Crossmedia-Ansatz benötigen, wenn Medien zueinander in den Vergleich gestellt werden sollen. Der Markt fordert dies stärker denn je ein. Die AGF ist ansatzagnostisch und damit auch offen für den internationalen WFA-Ansatz, da wir überzeugt sind, dass ein einheitlicher Ansatz von allen Marktteilnehmern gebraucht wird. Ein einheitlicher Standard fördert den Wettbewerb, die Angebotsvielfalt und damit auch die Meinungsvielfalt. Wir wünschen uns Offenheit vom Markt, Neues zu testen, Bereitschaft zur Zusammenarbeit und das Verständnis, dass Joint Industry Committees (JIC) vieles, aber nicht alles lösen können. Alle Marktpartner müssen an einem Strang ziehen.
Ihr habt vor wenigen Tagen ein Pilotprojekt mit dem europäischen AdTech-Unternehmen Utiq angekündigt. Kurz erklärt: Worum geht es dabei?
Zunächst bringen wir im Rahmen des Projekts in einem ersten „Proof of Concept“ unseren panelbasierten Zielgruppeninformationen mit der zustimmungsbasierten Identifier-Lösung von Utiq zusammen. Wir kombinieren damit AGF Smart Data und Ad Tech, die langfristig Zielgruppendaten in bislang einmaliger Qualität liefern und dem Markt perspektivisch neue Dimensionen für die Mediaplanung und -kontrolle eröffnen sollen.