Interview Malte Hildebrandt:
Von Eskapismus bis CO2: Was die TV-Branche bewegt
Statt als reales "Klassentreffen" finden die Screenforce Days 2021 virtuell statt - mit aktuellen Themen, so Screenforce-Chef Malte Hildebrandt - etwa dem Streben nach klimaschonenden Arbeitsweisen.
Eine Branche, die bislang vor allem den direkten Austausch pflegte, erfindet sich gerade neu. Treibende Kraft dahinter ist Screenforce, die Gattungsinitiative der TV-Vermarkter. Mit den Ergebnissen und dem Zuspruch des Publikums bei den virtuellen Events ist Geschäftsführer Malte Hildebrandt sehr zufrieden, etwa beim Rückblick auf die Screenforce Academy im April. Deswegen ist Hildebrandt sehr optimistisch, dass auch die Screenforce Days Mitte Juni ein voller Erfolg werden. Damit erst gar keine "Zoom Fatigue" eintritt, hat er sich bewusst für ein lockeres Programm entschieden, bei dem zwischen den "konzentrierten" Blöcken Zeit zum Verschnaufen bleibt.
Der Startschuss für die Screenforce Days fällt am 14. Juni. Bis zum 17. Juni entfaltet sich eine reichhaltige Palette aktueller Themen. Dabei kommen auch die neuesten Erkenntnisse der Werbewirkungsforschung nicht zu kurz. Erstmals geht es in einer Diskussionsrunde um Nachhaltigkeit - als einer der Trends, die unser Leben und Arbeiten prägen werden. Tag 4 ist diesem Blick in die Zukunft gewidmet. Dazu geben unter anderem Trendforscher Peter Wippermann und Dirk Ziems, Kultur-, Konsum- und Medienforscher, ihre Erkentnisse weiter.
W&V sprach mit Malte Hildebrandt über die wichtigsten Themen, die die TV-Branche bewegen.
Welche Entwicklungen im TV-Markt finden Sie momentan besonders bemerkenswert?
Wenn es darum geht, Zielgruppenpotenziale auszuschöpfen, schnell Reichweite aufzubauen und zu konvertieren – und genau das erwarten Werbungtreibende, dann liefert TV das besser als jedes andere Medium. Zu den wichtigsten Entwicklungen gehört in meinen Augen, dass gesellschaftspolitische Themen, die bewegen, mehr denn je im Fokus der Berichterstattung stehen. Für die Werbewirtschaft entsteht damit ein neuer Werbekontext. So wird beispielsweise die Frage nach nachhaltigen Umfeldern immer häufiger gestellt. Ebenso relevant: das Thema Eskapismus. Die Menschen sehnen sich in der Pandemie nach guter Unterhaltung. Insbesondere Live-Events, die in Echtzeit miterlebt werden, verdeutlichen die Kraft des Fernsehens.
Auch für Screenforce hat die Pandemie einiges verändert, gerade in punkto Events. Wie kamen denn virtuelle Veranstaltungen wie das Expertenforum oder die Academy im Markt an?
Beim ersten Expertenforum in diesem Jahr waren es mehr als 400 Teilnehmer, bei der Academy rund 1200. Diese hohen Besucherzahlen haben uns extrem gefreut. Für den Wissenstransfer sind virtuelle Darreichungsformen optimal, daran werden wir künftig festhalten. Unsere Teilnehmerumfragen zeigen: Nahezu alle wollen bei einer Fortsetzung erneut dabei sein. Eine Studentin schrieb uns nach der Academy, sie wisse nun konkret, was sie einmal machen wolle. Ein insgesamt derart positives Feedback motiviert uns ungemein.
Und wie sieht es mit den Screenforce Days aus? Bleiben die auch virtuell?
Die Screenforce Days sind ein Branchen-Treff, eine Art Klassentreffen. Das soll auch so bleiben. Liebend gern hätten wir unser Event mit Publikum durchgeführt, aber die Pandemie lässt das leider noch nicht zu.
Bislang waren die Screenforce Days für die eindrucksvollen Screenings der Sender aus dem Screenforce-Verbund bekannt. Jetzt ist alles digital. Haben Sie nicht Bedenken, dass viele Menschen zwischendurch aussteigen?
Eindrucksvolle Screenings wird es auch in diesem Jahr geben, darauf können Sie sich verlassen. Ich verspreche Ihnen: Unser virtuelles Event wird richtig gut! Wir setzen auf zwei kompakte und kurzweilige Slots pro Tag, mit einer großzügigen Mittagspause dazwischen. Insgesamt kommen wir so täglich auf rund vier Stunden Programm. Dieser zeitliche Rahmen hat bereits bei der Academy hervorragend funktioniert.
Wie lässt sich die Relevanz für die Teilnehmer über vier Tage hoch zu halten?
All die heißen Themen, die unsere Branche derzeit beschäftigen, werden wir intensiv besprechen und zugleich Lösungsansätze und Fallbeispiele präsentieren. Wie funktioniert Marketing im „next normal“? Welche Innovationen gibt’s in der Vermarktung und im Programm? Was hat die Forschung an neuen Erkenntnissen zu bieten? Und wie schaffen wir es, unsere Branche nachhaltiger zu gestalten? Wer am Puls unserer Branche sein möchte, sollte die diesjährigen Screenforce Days nicht verpassen.
Ganz zentral bei der Gattungsaktivität von Screenforce ist die Forschungsarbeit. Was erwartet uns in diesem Jahr?
Wir werden die einzelnen Ergebnisse der internationalen Studie „Not all Reach is Equal“ von Karen Nelson-Field aus dem letzten Jahr weiter vertiefen. In einer experimentellen Studie, die von Eye Square durchgeführt wird, vergleichen wir wieder die Wirkung identischer Werbespots auf unterschiedlichen Medienkanälen. Der Fokus liegt jetzt aber auf den unterschiedlichen Nutzungsverfassungen der Zuschauer und Nutzer. Das Design der neuen Studie haben wir den Verbänden OWM und OMG im Vorfeld ausführlich vorgestellt. Wir wollen Antworten geben auf Fragen, die Werbungtreibende und Mediaagenturen wirklich umtreiben und die im Markt Relevanz haben.
Das heißt: Es gibt seitens der Werbekunden eine wachsende Nachfrage nach Wirkungsnachweisen?
Solide Grundlagenforschung ist das A und O. Die hiesige TV-Branche investiert daher Jahr für Jahr Hunderttausende Euro und immense Ressourcen in die Werbewirkungsforschung. Die Nachfrage nach Wirkungsnachweisen ist seit jeher hoch. Für Werbungtreibende zählt am Ende nur eins: die Werbewirkung! Unsere Aufgabe ist es, sie zu erklären.
Interview: Florian Allgayer