Gero Schmitt-Sausen:
Infranken.de: Eine Lokalzeitung erobert das Netz
Zwischen Bier und Bratwurst spielt sich das fränkische Lebensgefühl ab. Die Region hat aber noch mehr zu bieten: etwa eine Zeitung mit einer erfolgreichen Digitalstrategie.
Selbst Nutella können die Franken besser: Aus Cadolzburg stammt eine Nussnougatcreme, die 55 Prozent Nüsse enthält, auf Palmöl verzichtet und online der Renner ist. Diese und andere Geschichten, vor allem aus der Gegend zwischen Bamberg, Bayreuth und Coburg, lassen sich bei Infranken.de. nachlesen. Dahinter steckt das regionale Nachrichtenportal der Mediengruppe Oberfranken. Laut IVW erzielte die Plattform im September neun Millionen Visits - der bisher stärkste Monat von Infranken.de. W&V sprach mit Geschäftsführer Gero Schmitt-Sausen über lokalen Content, digitale Angebote für Werbekunden und warum Bamberg auch für Millennials eine attraktive Stadt ist.
Wie groß ist die Nische für regionale Online-Angebote?
Wir sehen dauerhaft über 10 Mio. Visits als realistische Größe an. Die Crux liegt darin, Gelegenheitsnutzer in loyale Nutzer zu konvertieren. Das gelingt uns bei Nutzern, die wir über unsere Social-Kanäle erreichen, schon sehr gut. Google ist eine ebenso wichtige Traffic-Quelle für uns. Hier gelingt uns die "Wandlung" noch nicht im selben Maße.
Wirtschaftlich betrachtet ist die begrenzte Nachfrage nach lokalen oder sogar hyperlokalen Inhalten ein Problem – unabhängig davon, ob ich über Werbung oder Paid-Content monetarisiere. Eine Skalierung ist daher nur bedingt möglich.
Was bekommen die Leser von Infranken.de, was nicht auch die großen News-Portale der überregionalen Zeitungen haben?
Unser Kern sind lokale Inhalte – insbesondere Nachrichten. Gleichzeitig besteht unser Angebot aus nutzwertigen Service- und Ratgeberbeiträgen. Überregionale Titel können lokale Inhalte in dieser Tiefe nicht bieten.
Außerdem haben Sie "hochwertige Premium-Services für die fränkische Leserschaft" angekündigt. Das bedeutet?
Wir denken zurzeit insbesondere an für dezidierte Zielgruppen kuratierte Inhalte. Produktfeatures, also Premium-Funktionalitäten, wie bspw. Push-Services. Oder auch völlig neue attraktive Inhalte für spezielle Zielgruppen wie Freizeitsportler, Eltern oder Touristen.
Zuvor waren Sie bei Chip Online, Mega-Reichweite, dafür thematisch klar definierte Zielgruppe. Bei Infranken.de ist es nun umgekehrt, flapsig gesagt. Wo liegen die Unterschiede in der Vermarktung?
Ich kenne beide Seiten sehr gut, denn davor war ich vier Jahre lang bei meinestadt.de. Der größte Unterschied liegt darin, dass sich die Vermarktung in den letzten fünf Jahren extrem verändert hat. Programmatic Advertising (PA) ist auch für uns zwischenzeitlich von großer Bedeutung. Im März dieses Jahres haben wir uns von unserem bisherigen Vermarkter, der OMS, getrennt. Nun arbeiten wir mit Traffective, einem Experten im Bereich PA zusammen.
Daneben setzen wir weiterhin auf unser eigenes Vermarkungsteam. Die Besonderheiten sind hierbei auch wieder die begrenzte Reichweite der lokalen und hyperlokalen Umfelder. Daher war unser Reichweitenwachstum auch so bedeutsam. Ebenso wichtig war es, ein für unsere Kunden gleichermaßen attraktives als auch leicht verständliches Produktportfolio anzubieten. Das haben wir seit dem Relaunch von Infranken.de im November 2017 geschafft. Zudem sehen wir uns mit der Herausforderung konfrontiert, in der Kundengewinnung äußerst effizient vorzugehen, denn die Volumina sind häufig überschaubar groß.
Wie stark sind regional verankerte Unternehmen auf Infranken.de zu finden?
Wir haben bereits heute ein sehr gutes Verhältnis von lokaler und nationaler Werbung. Dies gilt insbesondere für unser Kerngebiet, in dem wir auch mit unseren Print-Titeln aktiv sind. In Nordbayern führt spätestens seit letztem Monat eigentlich kein Weg mehr an uns vorbei. Wir sind die Nummer eins in Franken und werden dies im Rahmen einer B2B-Kampagne adressieren.
Welche Werbeformate bieten Sie denen an? Auch Videos und Native Ads?
Wir bieten ein modernes Werbeproduktportfolio für Desktop und Mobile inklusive Video und Native Ads an. So haben unsere Kunden die Wahl zwischen schon bewährten klassischen Werbeformen und Native Ads – auch mit Bewegtbild, die mit redaktionell gestalteten Inhalten eine hohe Glaubwürdigkeit verleihen. Für Cross Device bietet sich im Besonderen das Medium Rectangle an, welches geräteübergreifend zwischen redaktionelle Inhalte platziert werden kann und so eine hohe Relevanz hat. Hinzu kommen weitere Werbemöglichkeiten für die News App von Infranken.de sowie für unsere erfolgreichen Social-Kanäle. Insbesondere Whatsapp erfreut sich wachsender Beliebtheit – bei Kunden und Nutzern.
Wie bauen Sie noch vorhandene Hemmungen gegen Onlinewerbung ab? Unterstützen Sie auch bei Kreation und Mediaplanung?
Die Hemmungen sinken aufgrund der sich rapide ändernden Mediennutzung täglich. Nach der aktuellen ARD-/ZDF-Online-Studie liegt die tägliche Internetnutzung jetzt bei 196 Minuten (3:16 Stunden), das sind im Vergleich zum Vorjahr 47 Minuten mehr! Wer seine Zielgruppen erreichen will, muss im Netz präsent sein. Wir halten die Einstiegshürden so gering wie möglich: Über unsere hauseigene Agentur Medienkraft Verstärker bieten wir unseren lokalen Kunden eine Vielzahl an Dienstleistungen an, u.a. Kreation und Mediaplanung.
Welche Pläne haben Sie noch für Ihre Digitalunit?
Wir sind schnell gewachsen und wollen dies im nächsten Jahr auch tun. Für uns heißt es daher, weitere, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Zudem wollen wir unser Produkt weiter verbessern und die Relevanz des Angebotes für jeden einzelnen Nutzer erhöhen. Ziel ist es, weitere loyale Nutzer zu gewinnen. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit Ideen für völlig neue Produkte. Hier arbeiten wir konsequent mit Design-Thinking-Methoden und stellen die Bedürfnisse des Users in den Vordergrund.
Bamberg punktet zwar durch seine Uni, aber die fränkische Provinz ist nicht Jedermanns Sache. Wie überzeugen Sie Millennials, zu Ihnen zu kommen?
Bamberg punktet auch durch sein gutes Bier und die im Sommer zu erlebende Bierkellerkultur, die historische Altstadt, die Nähe zur fränkischen Schweiz und durch sein wirklich breites kulturelles Angebot. Alles Dinge, die man zugegebenermaßen häufig erst mit Ü30 schätzen lernt. Wir merken jedoch, dass auch viele Millennials durch Ausbildung oder Studium eine enge Bindung zu Bamberg und den Vorzügen der "fränkischen Provinz" aufbauen konnten. Hinzu kommt, dass wir mit Infranken.de als Teil der Mediengruppe Oberfranken viel dafür tun, ein immer attraktiverer Arbeitgeber zu werden.
Wie muss sich Infranken.de als Arbeitgeber wandeln, um Mitarbeiter dann auch längerfristig zu halten?
Wir sind hier schon auf einem sehr guten Weg: Neben einem breiten Gesundheits- und Sportangebot, einer eigenen Weiterbildungsakademie sowie weiteren Benefits wie etwa Zuschüssen zur Altersvorsorge, sind auch die Karriereperspektiven innerhalb der Mediengruppe attraktiv. Bei Infranken.de arbeiten wir mit einem Team, das sich innerhalb des letzten Jahres verdoppelt hat, täglich daran, unsere Kunden und Nutzer mit unserem Angebot zu begeistern. Gerade dieses Engagement und auch unsere vielfältigen Aufgaben sind aus meiner Sicht Treiber dafür, Mitarbeiter auch langfristig zu halten. Zudem bieten wir jedem Mitarbeiter ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Entscheidungsfreiheit.