Interview mit Sebastian Zenker:
Stadtmarketing: Warum Hamburg besser als Kopenhagen ist
Kopenhagen ist cool, aber welchen Anteil hat eigentlich das Marketing an diesem Image? Keinen großen, findet Stadtmarketing-Professor Sebastian Zenker. Hamburg könne das viel besser.
Kopenhagen ist cool, aber welchen Anteil hat eigentlich das Stadtmarketing an diesem Image? Kaum einen, sagt Sebastian Zenker, Professor für Stadtmarketing an der Copenhagen Business School, im Interview mit W&V Online. Besser mache es die deutsche Konkurrenz: Hamburg.
Professor Zenker, Kopenhagen gilt seit etwa zehn Jahren als eine der coolsten Städte Europas. Noch in den 90er Jahren hätte das niemand gesagt. Wie ist es zu diesem Imagewandel gekommen?
Viel hat damit zu tun, dass Kopenhagen vor einigen Jahren die Losung ausgab, bis 2025 CO-neutral werden zu wollen, als erste Großstadt der Welt. Parallel entwickelte sich die Restaurantszene, das Nachtleben wurde vielfältiger und dann kamen eine ganze Reihe von repräsentativen Bauten hinzu, Oper, Theater, Konzertsaal. Ökologie und Nachhaltigkeit stand bei allen Planungen stets im Mittelpunkt und weil das so oft im Gespräch war, entwickelte sich eine Eigendynamik. Alle machten mit, bis die Medien plötzlich begannen, von der grünen Hauptstadt der Welt zu reden.
Klingt, als wären Sie damit nicht ganz einverstanden.
Na ja, die Dänen verbrauchen den meisten Kohlestrom in ganz Europa. Deshalb wird jetzt auch immer weniger von der CO-Neutralität gesprochen. Man hat wohl eingesehen, dass es schwierig wird, das in zehn Jahren zu schaffen. Auch andere Marketing-Kampagnen kollidierten mit der Realität und wurden kassiert. "Open Copenhagen" etwa war 2009 ganz groß. Die Stadt wollte damit gut ausgebildete, internationale Fachkräfte anziehen, aber das hat mehr schlecht als recht funktioniert.
Wieso?
In vielen Punkten ist Kopenhagen eben nicht so "open". Es stimmt, als Fachkraft hat man es in gewisser Weise leicht. So kann man in 45 Minuten alle nötigen Papiere beisammen haben. Aber wenn es um muslimische Ausländer geht, ist man hier eher "closed minded". Es kursiert die Einstellung "Wer keinen Job hat, muss gehen". Hinzu kommen die Grenzkontrollen. Der Umgang mit Flüchtlingen droht das weltläufige Image, das Kopenhagen und Dänemark sich über Jahrzehnte erworben haben, mit einem Schlag wieder zunichte zu machen. Denn das Stadtmarketing hat natürlich das Problem, dass alle Versprechungen auch real vorgezeigt werden müssen.
Für Touristen ist Kopenhagen eine sehr attraktive Stadt. Wie wird um sie geworben?
Lange Zeit gab es die Kampagne "Wonderful Copenhagen", zusammen mit der Kleinen Meerjungfrau sollte sie es richten. Doch "Wonderful Copenhagen" wird jetzt eingestampft, ebenso wie "Open Copenhagen". Es wird viel probiert, eine richtig konsistente, langfristige Strategie kann ich nicht erkennen, das ist alles sehr sprunghaft. Aber weil die Marke sehr stark ist, kann Kopenhagen sich das leisten. Denn es ist ja auch so: Alles Marketing bringt nichts, wenn die Stadt nicht attraktiv ist. Gregory Ashworth, der "Vater" des Stadtmarketings, hat das einmal so ausgedrückt: "Get Your Place Fixed First."
Wer ist denn in Sachen Stadtmarketing derzeit führend?
Hamburg verfolgt eine beeindruckende Strategie. 2004 wurden zehn Markenbausteine definiert, die sich durch alle Kommunikationsmaßnahmen ziehen. Gefördert wird nur das, was zu diesen Bausteinen passt. Aktuelles Beispiel: die "Cruise Days", die es bis in die "Tagesschau" geschafft haben und damit ihren hohen medialen Wert bewiesen haben. Denn wenn das Stadtmarketing sich nur auf die eigene Kommunikation verlässt, hat es nicht viel in der Hand.
Welche Instrumente sind denn stärker?
Eine Stadt kann auf drei Arten Werbung für sich machen: über ihre physischen Gegebenheiten, das ist ein sehr starker Treiber und da hat zum Beispiel Kopenhagen viel zu bieten, dann gibt es die offizielle Kommunikation, also Broschüren, Websites, Kampagnen, das ist die schwächste Art, und schließlich Word of Mouth. Das funktioniert eindeutig am besten. Über Events wie die "Cruise Days" können Städte versuchen, ihre Bewohner als Markenbotschafter einzusetzen. Man kann das Community Branding nennen.
Bewohner und vielleicht auch Touristen sollen also dazu gebracht werden, positiv über "ihre" Stadt zu reden, privat und in sozialen Netzwerken. Was führt, neben Events, erfahrungsgemäß am häufigsten dazu?
Die Stadt kann offensiver über ihre Förderstrukturen reden, zum Beispiel darüber, wie sie Urban Gardening unterstützt. Es können aber zum Beispiel auch Fotowettbewerbe sein. Kurz gesagt: Das Stadtmarketing sollte eine Hilfestellung für die Bewohner anbieten, damit diese sich positiv über ihren Wohnort äußern.