Mirko Borsche:
Designkritik: 8 Metropolen im Logo-Test
Mirko Borsche ist einer der bekanntesten Kommunikationsdesigner der Republik. Für W&V Online hat er sich die aktuellen Erscheinungsbilder weltberühmter Metropolen vorgeknöpft.
Ende der 90er Jahre übernahm Mirko Borsche die Gestaltung von "jetzt", der Jugendbeilage der "Süddeutschen Zeitung", nach dessen Einstellung dann diejenige des "SZ-Magazins". Seit 2007 ist er als Kreativdirektor für das Erscheinungsbild der "Zeit" und des "Zeit-Magazins" verantwortlich, daneben gibt er in München die Subkultur-Zeitung "Super Paper" heraus. Zu seinen Industriekunden zählen unter anderem Audi, BMW, Moleskine, Nike und Rosenthal. Für W&V Online hat Borsche die aktuellen Versuche europäischer Metropolen unter die Lupe genommen, sich so etwas wie eine Corporate Identity in Form von Logos zuzulegen.
Rom: "Das Logo wirkt total beliebig. Was ich vor allem nicht verstehe, ist, warum das Herrschaftliche des alten Stadtwappens aufgelöst wird, zugunsten dieser Seifenblasen. Da fallen mir doch ganz andere Assoziationen ein, wenn ich an Rom denke, etwa Romulus und Remus. Und dass jetzt 'Me & You' im Vordergrund steht, hat nun mal gar nichts Spezifisches. Ein Logo sollte schon etwas mit dem Erscheinungsbild der Stadt zu tun haben. Hinzu kommt, dass so etwas Allgemeines schnell veraltet, schon im zweiten Jahr wird das neue Logo völlig uninteressant sein. Immerhin, die Farben scheinen sich auf die Cäsar-Zeit zu beziehen, aber das ist zu wenig, die Herkunft der Stadt gibt doch so viel mehr her."
Porto: "Dieses Logo mag ich sehr gern. Es hat einen illustrativen Charakter, der sich mir auf den ersten Blick erschließt. Obwohl die Farbigkeit sehr reduziert ist, erkennt man die Herkunft, die weltberühmten Kacheln, sofort. Das Logo führt diese Tradition auf moderne Weise weiter. Ästhetisch ist das Ganze zweifellos sehr gelungen. Und über die Icons können die Eigenschaften der Stadt ideal integriert werden. Ein sehr zeitgemäßes Logo."
Genua: "Warum sind die Buchstaben alle abgeschnitten? Wahrscheinlich will man uns sagen, dass sich mehr hinter der Stadt verbirgt, als man gemeinhin annimmt. Ich befürchte aber, dass den meisten Menschen und allen voran älteren Leuten nicht klar ist, warum sie das Wort nicht lesen dürfen. Ein Logo sollte doch aber zugänglich sein. In diesem Fall hilft Modernität nicht weiter."
Florenz: "Ein Wortspiel aus vier Sprachen und das Italienische kann man dann gefettet daraus herauslesen. Man sieht, dass hier viel überlegt wurde. Aber warum ist Arabisch nicht dabei oder Japanisch? Aus diesen Ländern kommen doch auch sehr viele Touristen. Nur weil das Konzept dann nicht funktioniert, hat man diese Sprachen weggelassen."
Stockholm: "Ja, so geht das. Eine sehr klare und reduzierte Typographie, dazu serifenlos, flächige Farben, das wirkt alles sehr modern, sehr pur."
München: "Ich weiß gar nicht, was hier passiert ist. Wenn man zeigen wollte, dass München spießig, langweilig und nicht gar so modern ist, man also alle negativen München-Klischees auf einmal beisammen haben wollte – dann ist das gelungen. Und auch sonst: Typografisch passt das Bild im Gesamten ganz und gar nicht zusammen."
Madrid: "Na klar, das leuchtet ein. Das Umdrehen eines Satzzeichens gibt sofort eine klare Idee davon, woher das Logo kommt. Und die Ausrufezeichen deuten auf etwas Besonderes hin, die Hauptstadt."
Manchester: "Bunte Kulturen, buntes Treiben, etwas Farbe in die Stadt bringen – so hätte sich München präsentieren müssen. Gut, jetzt macht es eben Manchester."