Nachhaltigkeit:
Trotz Krise: So pushen Unternehmen nachhaltigen Konsum
Spürbare Preissteigerungen sorgen bei den Verbraucher:innen für Frust - der Trend zum nachhaltigen Konsum verlor an Bedeutung und erholt sich nur langsam. Was können Unternehmen tun?
Haben Sie sich im vergangenen Jahr auch geärgert, dass der Einkauf von Lebensmitteln spürbar teurer wurde? Teils deutliche Preissteigerungen gab es in nahezu allen Bereichen, bei Obst und Gemüse ebenso wie bei Produkten tierischer Herkunft. Darunter litt die Nachfrage vor allem auch nach nachhaltigen Produkten. Zwar sind mittlerweile sowohl die Energie- als auch die damit verknüpften Erzeugerpreise wieder gefallen. Dennoch bleiben die Lebensmittelpreise auf einem hohen Niveau.
Da nachhaltige Produkte zudem in dem Ruf stehen, teurer zu sein als herkömmliche, halten sich viele Verbraucher:innen nach wie vor zurück. Dabei muss ein nachhaltiger Lebensstil nicht zwangsläufig teuer sein. Der Schlüssel liegt in einem cleveren Umgang mit den Ressourcen. Pflanzliche Lebensmittel zum Beispiel sind in der Regel preiswerter als Fleisch – mit einer veganen oder vegetarischen Ernährung spart man also Geld. Darüber hinaus schont man Klima und Umwelt und tut etwas für seine Gesundheit, vor allem wenn die Zutaten aus biologischem und regionalem Anbau stammen.
Diese Zusammenhänge sind jedoch immer noch zu wenig bekannt. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt für kommunikative Maßnahmen, die veranschaulichen, dass sich ein nachhaltiger Konsum in mehrfacher Hinsicht lohnt. Der Schlüssel dazu ist eine persönliche und alltagsrelevante Ansprache. Und die gelingt besonders gut mit erlebbarem Storytelling.
Angebote zum Mitmachen und Mitdenken
Konsum selbst ist ein emotionaler Vorgang, der häufig von subjektiven Überzeugungen und Empfindungen mitbestimmt wird. Es gilt daher, die eigene Selbstwirksamkeit im Bewusstsein der Menschen zu verankern, die wir mit unseren Konsumentscheidungen auf das Klima haben. Erlebbares Storytelling macht die Menschen neugierig und gibt den Anstoß, sich mit der Frage zu befassen, was sie eigentlich essen, wo die Produkte herkommen und welche Auswirkungen deren Herstellung für Klima und Umwelt hatte.
Besondere Aufmerksamkeit bewirken echte und reale Erlebnisse, die Adressat:innen zum Nachdenken einladen. Dabei entstehen Reize, die sich als Botschaften tief im Gehirn verankern, wie folgendes Beispiel zeigt: Diesen Sommer nutzte der Discounter Penny die dünne Nachrichtenlage des Sommerlochs, um sich mit der Aktion „Wahre Kosten“ mit dem Thema Nachhaltigkeit zu positionieren. Für insgesamt neun Produkte wurden die sozialen und ökologischen Kosten berechnet, welche deren Herstellung zwar verursacht, jedoch im Verkaufspreis normalerweise nicht enthalten sind. Über den Zeitraum von einer Woche wurden Produkte wie Wurst und Käse mit fast 100 Prozent Preisaufschlag verkauft, während ein veganes Schnitzel nur 5 Prozent teurer wurde.
Begleitet wurde die Aktion durch die Information direkt am Point of Sale über das Zustandekommen der neuen Preise, um Verbraucher:innen zu dem Erkenntnisgewinn zu verhelfen, dass pflanzliche Produkte nicht nur unter der Berücksichtigung der versteckten Kosten in der Regel günstiger und zudem gesünder sind.
Modellsupermarkt macht es vor
Wie eine solche auf persönlichem Erleben basierende Wissensvermittlung auch im Umfeld einer Ausstellung funktionieren kann, zeigt der modellhaft nachgebaute Supermarkt in der Sinsheimer Klima Arena. Dort können Besucher:innen nach vorgegebenen Einkaufszetteln shoppen gehen, wobei ihnen in jeder Kategorie unterschiedliche Produkte zur Auswahl stehen.
An der „Kasse“ erfahren sie, wie klimafreundlich ihr Einkauf war. Hier ist das kreative und erlebnisreiche Storytelling inhaltlich noch tiefgreifender als im echten Penny-Supermarkt angelegt: Denn Kund:innen erhalten zusätzliche Informationen zu generellem klimafreundlichen Konsum und dem CO₂-Fußabdruck alltäglicher Produkte von einem virtuellen Einkaufsberater und an benachbarten Mitmachexponaten in der Ausstellung. Das schafft neue Erkenntnisse und spannt durch die persönliche Erfahrung den Bogen zwischen Wissensvermittlung und Alltagsrelevanz, von objektiven Informationen zu der persönlichen Motivation, zukünftig klimabewusster einzukaufen.
Testimonials einsetzen
Besondere Authentizität können Kommunikationsmaßnahmen darüber hinaus mit Testimonials erzielen, die durch ihr persönliches Handeln oder ihre Lebensgeschichte besonders glaubwürdig sind – wie etwa die Betreiberin eines Unverpackt-Ladens, die Tipps zur Vermeidung von Müll gibt oder ein Koch, der mit einfachen Rezeptideen für eine saisonale Küche inspiriert.
Klug gemacht, lassen sich Live-Erfahrungen mit einfachen Serviceangeboten verstärken, um das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum zu vertiefen. Etwa mit Apps, die Rezepttipps für klimafreundliche Gerichte bereitstellen, beim Einkaufen in Echtzeit den ökologischen Fußabdruck von Produkten anzeigen und Alternativen vorschlagen, die nicht teurer sind, oder ein Foodsharing auf lokaler Ebene organisieren.
Durch Mixed-Reality-Angebote, die auf dem Smartphone mit AR- oder VR-Inhalten auf spielerische Weise Wissen über den Lebenszyklus von Produkten und deren Auswirkungen auf das Klima vermitteln, lassen sich sogar schon Kinder sensibilisieren. Clever kombiniert können Unternehmen mit dem richtigen Maßnahmenmix sowohl ihrer eigenen Verantwortung für nachhaltiges Handeln gerecht werden als auch den Dialog und die Bindung mit dem Kunden stärken.
Die Autorin: Simone Schiebold ist geschäftsführende Gesellschafterin von Flad & Flad, Kommunikationsagentur für Zukunftsthemen. Die Agentur beschäftigt sich mit Trends und Entwicklungen wie Nachhaltigkeit, Klimawandel oder digitalen und gesellschaftlichen Transformation.