Interview:
Conversational Commerce: Das nächste Trendthema?
Oliver Bohl, Geschäftsführer von Triplesense Reply, beschäftigt sich mit künstlicher Intelligenz im Marketing. Sie führt nicht nur zu mehr Personalisierung, sondern sie kann auch den E-Commerce revolutionieren.
Gesichtserkennung im stationären Handel, Sentiment-Analyse bei Sprachanwendungen oder datenbasierte, hyperpersonalisiertes Micro-Targeting – es gibt zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für KI im Marketing. Oliver Bohl, Geschäftsführer von Triplesense Reply und Vorsitzender der Fokusgruppe Digital Commerce im BVDW, ordnet für W&V ihren Nutzen und ihren Einfluss auf die Customer Experience ein.
Welche KI-Trends haben den größten Einfluss auf die Customer Experience und inwiefern?
Zu den KI-Trends, die das Kundenerlebnis direkt beeinflussen, zählen heute neben Hyperpersonalisierungs-Maßnahmen und KI-gestützten Bots eine Vielzahl an Anwendungsfällen aus den Bereichen Sprachauthentifizierung oder Mustererkennung. Als Schlüssel zu einer optimierten Customer Experience erscheint uns gerade das Zusammenspiel vieler verschiedener KI-Services relevant – von Natural Language Processing (NLP) über Pattern Recognition bis hin zu Analytics-Ansätzen.
Generell gilt es zu unterscheiden zwischen Künstlicher Intelligenz, die bewusst wahrgenommen wird und solcher, die im Hintergrund abläuft. Letztere hilft dabei, bessere Einblicke in das Verhalten von Kundinnen und Kunden zu gewinnen, um dann die Marketingstrategien daran auszurichten und Produkte sowie Services weiterzuentwickeln.
KI-basierte Virtual Assistants und Chatbots helfen bereits seit einigen Jahren – etwa im Kundenservice. Was kommt als Nächstes?
Virtuelle Assistenten und Chatbots sind bereits seit einer Weile im Einsatz, sie gelten also als gereifte Trends. Dennoch nutzen Unternehmen das Potenzial dieser Technologien noch nicht aus. Mithilfe von Machine Learning-Ansätzen lassen sich etwa aus verschriftlichen Chats wertvolle Insights gewinnen. Ein Chatbot ist wiederum die Basis für ein Voice Interface. Daher ordnen wir auch "Conversational Commerce und Marketing" als Trend ein. Gleiches gilt für Sentiment-Analysis. Hier prognostizieren nicht nur wir, sondern auch Analysten in den kommenden fünf Jahren einen enormen Anstieg der Umsätze.
Bei all dem Hype um den Einfluss von KI sollten wir immer den konkreten Zweck der verschiedenen Ansätze hinterfragen: Geht es um ein höheres Verständnis der Kundinnen und Kunden, also den Marketing Research? Oder um Aspekte der Marketingstrategie, wo die KI bei der Konzeption und Realisierung von Kundenerlebnissen unterstützt? Oder wollen wir die eigentlichen Marketingaktivitäten und -kampagnen optimieren?
Haben Sie Beispiele, wie die Customer Experience von Marken erheblich vom KI-Einsatz profitiert hat.
Wenn es – gerade im Bereich Marketing Research – darum geht, bessere Customer Insights zu generieren, können Marken von KI-gestützten Ansätzen des Visual Listenings profitieren. Diese sind in der Lage, mittels Bilderkennung in den sozialen Medien verwendete Produkte oder Logos zu identifizieren. KI-Ansätze helfen uns dann dabei, den Kontext zu analysieren und die Motivation der Nutzerinnen und Nutzer zu verstehen. Hieraus lassen sich Insights und konkrete Kommunikationsmaßnahmen ableiten.
Um relevante Inhalte über alle relevanten Touchpoints hinweg möglichst effizient und gleichzeitig konsistent sowie personalisiert an Nutzerinnen und Nutzer ausspielen zu können, helfen KI-gestützte Ansätze der "Content Optimization". Dabei geht es um viel mehr als um Anpassungen an Endgeräte oder Bandbreiten. So lassen sich Inhalte automatisiert in einer Vielzahl an Tonalitäten oder Farb- und Formgebungen gestalten. In der Praxis hat sich gezeigt, dass speziell hyperpersonalisierte Inhalte für eine höhere Loyalität der Nutzer gegenüber einer Marke sorgen.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass eine KI-gestützte Customer Experience zu einer besseren Kundenerfahrung führt – und dies zu zufriedeneren Kundinnen und Kunden.
KI ist immer nur so intelligent wie die Menschen, die sie programmieren. Welche Rolle spielt der menschliche Beitrag, wenn es um KI in der Customer Experience geht?
Während KI in naher Zukunft eher banale mechanische Aufgaben aus den Arbeitsabläufen eines Marketers eliminieren wird, bleibt der menschliche Input weiterhin von entscheidender Bedeutung. Insbesondere, um algorithmische Verzerrungen abzuschwächen und das Kundenerlebnis auch aus kreativ-konzeptioneller Sicht zu verbessern.