Gastbeitrag von Madvertise:
So gelingt die Brücke von First zu Second Screen
TV beeinflusst das Kaufverhalten der Zuschauer auf ihren Smartphones. Das heißt: Die User müssen auch auf dem Mobile Device angesprochen werden. "Wer das nicht tut, verpulvert Kohle", so unser Gastautor.
TV-Werbung gilt in ihrer cineastischen Inszenierung nach wie vor als die Königsdisziplin unter den Werbeformaten – große Brands übertreffen sich gegenseitig mit enormen Budgets für Kreation, Produktion und natürlich Schaltung der Spots. Im Jahr 2020 betrugen die Bruttowerbeumsätze des Fernsehens in Deutschland rund 16 Milliarden Euro und lagen damit bei fast der Hälfte aller Werbespendings. Wer viel ausgibt, erwartet auch viel – Werbungtreibende vernachlässigen dabei oftmals, dass sich die Art und Weise, wie TV-Angebote konsumiert werden, in den letzten Jahren grundlegend gewandelt hat. Das Smartphone hat sich beim abendlichen Unterhaltungsprogramm als zweiter Bildschirm etabliert und buhlt, gerade bei den werbebedingten Programmunterbrechungen, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers.
Nicht immer geschieht dies zum Nachteil des Werbetreibenden, denn der Zuschauer setzt sich über sein mobiles Device auch weiterhin mit dem laufenden Programm auseinander. Laut dem „Media Activity Guide 2020” von Seven.One Media wird das Smartphone oder Tablet vor allem zur Recherche von Produkten genutzt, die im Fernsehen gezeigt wurden (70 Prozent), oder um Dienstleistungen zu bestellen, auf die sie im TV aufmerksam gemacht wurden (28 Prozent). TV beeinflusst das Kaufverhalten der Zuschauer auf ihren Smartphones unmittelbar. Zur maximalen Effizienzsteigerung von TV-Werbung gehört also zwingend die Verlängerung der Ansprache des Users auf dem Mobile Device, das sollte sich jeder Marketer bewusst machen. Wer dieses Moment nicht nutzt, verpulvert Kohle. Wer sich aber, wie bisher üblich, darauf verlässt, seine digitalen Werbemaßnahmen anhand der althergebrachten Werbe-Einschaltpläne im TV zu starten, wird enttäuscht werden. Tests haben gezeigt, dass Abweichungen von mehr als fünf Minuten zwischen dem TV-Spot und einer Display-Kampagne schon zu großen Unterschieden in der Effizienz führen. Auch sind die täglichen Verzerrungen zwischen Einschaltplänen und realer Ausstrahlungszeit einfach zu groß.
Automated Content Recognition
Schlagen kann die Brücke zwischen First und Second Screen nur ein neuer Ansatz, der auf den neuesten Technologien beruht, datengetrieben und selbstverständlich datenschutzkonform ist. Das größte Potenzial, Multichannel-Marketing von Verheißung in Realität zu überführen, liegt derzeit in der Automated Content Recognition (ACR). ACR macht es möglich, dass Content verschiedener möglicher Quellen wie TV, aber auch Streaming oder Radio über bestimmte Audiosignale vom Smartphone erkannt wird und damit in Echtzeit entsprechende Kampagnen auf dem Mobile Device ausgelöst werden. Funktionieren kann das sowohl im direkten Verfahren über Smartphones und Tablets als auch indirekt über die originären Content-Quellen und deren Übertragungsweg.
Im ersten Anwendungsfall erkennt das Telefon selbst die Audiosignale, beispielsweise des eben ausgespielten Werbespots im Fernsehen, und erfasst daraus eine Audio-Sequenz, die ein einzigartiger Audio-Schlüssel ist. Dieser ist nicht größer als ein Kilobyte und kann in Echtzeit wiedererkannt werden, sobald die entsprechende Sequenz abgespielt wird. Beginnt der Nutzer dann eine Suche auf seinem Mobile Device, kann die Search-Kampagne des Advertisers ausgelöst werden. Die andere Möglichkeit für den Einsatz der ACR-Technologie basiert auf dem Prinzip der Broadcast-Identifikation von Spots. Hier erfolgt die Aktivierung auf Basis der gesamten TV-Ausstrahlungen aller Sender eines Landes, indem Audiodaten-Punkte der Broadcast-Antenne in Echtzeit und schaltplanunabhängig als Sequenzschlüsselquelle genutzt werden. Als Datenfeed werden sie der ACR-Technologie verfügbar gemacht. Madvertise setzt diese Technologie bei dem Produkt "Sync Activate" für Search-AD-Kampagnenoptimierungen ein.
Das Massenmedium TV hat einen direkten Einfluss auf das Suchverhalten der User – durch Anpassungen der Bidding-Parameter auf spezielle Keywords in Echtzeit lassen sich ungenutzte Potenziale für Search-Ad Kampagnen ausschöpfen. So hat ein weltweit tätiges biopharmazeutisches Unternehmen die Technologie genutzt, um über eine Erhöhung des Website-Traffics seine Such- und Social-Ad-Ergebnisse zu verbessern. Um die Effektivität nachzuweisen, werden die durch SYNC ausgelösten Platzierungen mit den bestehenden Kampagnenaktivitäten in diesen Kanälen verglichen. Ergebnis: Allein bei Google Ads wurde eine Steigerung der Click-Through-Rate (CTR) von bis zu 51 Prozent erreicht und das bei einer gleichzeitigen Senkung des Cost-per-Click (CPC) um bis zu 33 Prozent. Der Anteil der Impressions stieg um bis zu 28 Prozent. Bei Facebook wurde eine CTR-Steigerung von 11 Prozent erreicht. Dabei zeigten die SYNC-Kampagnen die höchste Effizienz bei der Aktivierung von Einzelbuchungen, die auf die TV-Spots der Wettbewerber ausgerichtet waren. Im Vergleich zu den Standardkampagnen waren sie weniger als 10 Prozent der Zeit während eines Tages live.
Schutz der Privatsphäre
Im Ergebnis kann das Triggern von TV-Effekten in Search Ad-Kampagnen das Kundeninvestment im Search-Kanal also deutlich optimieren und “hijacked” gleichzeitig teure OnAir-Time der Konkurrenz. Der Schutz der Privatsphäre ist beim Einsatz der ACR-Technologie gewährleistet, da das Device lediglich durch entsprechende Watermarks (eine Sequenzdatei, die nur technisch triggert) angesprochen wird und damit nur auf diese reagieren kann. Es ist also ausgeschlossen, dass das Mobile Device beim User aktiv „mithört”.
Besonders geschickte Marketers können also von den TV-Spendings ihrer Konkurrenz profitieren – der Key ist schließlich frei wählbar und muss nicht den Namen der Brand enthalten, die gerade TV-Werbung ausspielt. Denkbar ist, dass die Display-Kampagne davon ausgelöst wird, dass das Smartphone auf das Wort „Baumarkt” reagiert und ein Mitbewerber die Nutzer dank gezielter Werbung dort abholt, wo sie gerade nach Informationen suchen – auf dem Smartphone.
Die Einsatzmöglichkeiten von ACR für die Werbeindustrie sind vielfältig, die Spielwiese wird gerade erst von „Early Adoptern” erobert und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Der Autor: Francois Roloff ist CEO von Madvertise.