Karriere in Media-Berufen:
Der Branche fehlen "Berater, Planer, Strategen, Analysten"
Der War for Talents macht auch vor der Werbebranche nicht Halt. Lisa Schuhmann und Sebastian Grasmann von pilot erklären im Interview, wie sich die Agenturen - insbesondere im Media-Bereich - darauf einstellen.
Wie das Arbeiten in einer Agentur funktioniert, lässt sich am besten live erleben. Aber nicht nur Remote Work stellt die Branche vor Herausforderungen. Wie pilot damit umgeht, erklären Lisa Schuhmann, Direktorin Beratung Media (Schwerpunkt Digital), und Sebastian Grasmann ist Mitglied der pilot-Geschäftsleitung.
Frau Schuhmann, Herr Grasmann, vor welchen Herausforderungen steht die Werbebranche - insbesondere mit Blick auf Berufseinsteiger?
Lisa Schuhmann: Generell ist der zunehmende Fachkräftemangel, der derzeit viele Branchen betrifft, auch bei uns angekommen – und das unabhängig davon, wie viele Jahre Berufserfahrung bestehen oder um welche Jobs es geht. In der Werbebranche im Speziellen fehlt es an Beratern, Planern, Strategen und Analysten sowohl auf Unternehmens- als auch Agenturseite – und demzufolge eben auch bei uns. Oftmals werden Berufseinsteiger schneller als berufserfahrene Mitarbeitende gefunden und eingestellt – dass die Suche nach zukünftigen Kolleginnen und Kollegen derzeit aber grundsätzlich herausfordernder als die Jahre zuvor ist, spüren wir auch bei uns.
Sebastian Grasmann: Die Coronakrise und die damit einhergehenden Veränderungen in der Arbeitswelt haben weitere Herausforderungen mit sich gebracht: Menschen zu zeigen, was das Besondere am Arbeiten in einer Agentur ist, wie sich unsere Kultur anfühlt, wie wir sind und was es bedeutet, als „richtiges“ Team zusammenzuarbeiten, ist mittels remote oder hybrider Arbeitsweise aus unserer Sicht nicht immer so einfach wie wir uns das vielleicht wünschen würden. Bei uns spielt das Thema persönliche Begegnungen sowohl in der Agentur als auch mit dem Kunden aktuell und auch in Zukunft daher immer eine wichtige Rolle.
Welche drei Dinge schätzen Sie an Ihrem Beruf?
Sebastian Grasmann: Die Arbeit in der Agentur ist unglaublich abwechslungsreich. Wir haben es mit einer Vielzahl an unterschiedlichsten Branchen und Kunden zu tun, die wiederum selbst unterschiedliche Unternehmenskulturen pflegen. Auch die Themenfelder und Fragestellungen, mit den wir uns tagtäglich beschäftigen, sind sehr facettenreich und unterliegen einer hohen Dynamik. Stets am Puls der Zeit sein zu wollen, bedeutet auch, sich ständig weiterentwickeln zu können – und das ist aus unserer Sicht ein großer Pluspunkt.
Ein weiterer Punkt: Bei uns übernimmt man oft von Anfang an sehr viel Verantwortung. Im Mediabereich geht es durchaus um Mediabudgets im Millionenbereich. Zudem übernehmen wir auch Verantwortung für das, was wir dem Kunden empfehlen und tragen so maßgeblich seinem Erfolg bzw. dem der Marke bei – und wenn unsere Maßnahmen entsprechend Früchte tragen, dann fühlt sich das natürlich auch persönlich richtig gut an. Und: Die Zusammenarbeit mit vielen Kunden findet auf Augenhöhe statt; nicht selten werden wir inzwischen als ausgelagerte zum Kunden gehörende Marketingabteilung verstanden. Dass eine Agentur als reiner Dienstleister verstanden wird, ist zunehmend ein Auslaufmodell.
Der Markt wird immer wieder von neuen Trendthemen getrieben. Wie sollte man mit diesen umgehen und wonach entscheiden Sie, ob ein Trend Relevanz hat?
Lisa Schumann: Grundsätzlich gilt, dass man sich Trends genau ansehen und nicht blind von einem vermeintlichen Hype anstecken lassen sollte: Handelt es sich wirklich um einen Trend, der nachhaltig und mit entsprechendem Ressourceneinsatz verfolgt werden sollte? Oder geht es lediglich um ein Strohfeuer, das den Aufwand nicht wert ist? In der Vergangenheit gab es sogenannte Trends, bei denen die Erwartungen nicht immer vollumfänglich erfüllt wurden: Sei es die Integration von QR-Codes auf Werbemitteln oder der Hype um Augmented- und Virtual Reality.
Manchmal braucht ein Trend aber schlicht auch noch Zeit, um in der Breite eine Relevanz zu erlangen. Nichtsdestotrotz kann es im Umkehrschluss natürlich sehr sinnvoll und zielführend sein, sich mit einem Trend frühzeitig auseinanderzusetzen.
Wie wirkt sich die Fragmentierung und die sich verändernde Medienlandschaft auf die Arbeit in einer Agentur aus?
Sebastian Grasmann: Allein in den letzten Jahren hat sich unfassbar viel gedreht und verändert. Auf der einen Seite haben wir die steigende Komplexität innerhalb der Medien, die auch durch die Medienfragmentierung und veränderte Mediennutzung getrieben wird. Auf der anderen Seite sind auch die Kundenanfragen viel komplexer geworden. Wurden früher „reine“ Media-Fragen an uns gerichtet, so sind die Fragestellungen inzwischen deutlich umfangreicher und müssen im gesamthaften Marketingkontext beantwortet werden.
Lisa Schuhmann: Die immer komplexeren Fragestellungen fördern das Spezialistentum in Agenturen, zudem erlangen weitere Themen beispielsweise im Bereich der Marktforschung oder die fortschreitende Technologisierung zunehmend an Bedeutung. Kunden möchten vollkommen zu Recht immer häufiger im Detail verstehen, welche Wirkung ihre Kampagnen haben und wie sie immer weiter optimiert werden können.
Ist der „War for Talents“ ein Thema? Und wie stellen Sie sich auf, um für junge Talente attraktiv zu sein?
Sebastian Grasmann: Wir arbeiten stetig daran, für alle Kollegen und Kolleginnen ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich wohlfühlen und so am Ende des Tages auch einen hervorragenden Job machen können: Sie sollen entsprechend ihrer jeweiligen Stärken wirksam sein und Verantwortung übernehmen können; das gilt für jeden Neustarter unabhängig von seiner hierarchischen Verortung und natürlich und insbesondere auch für Berufseinsteiger.
Lisa Schuhmann: Wir führen mit unseren Kollegen und Kolleginnen zum Start ein intensives Onboarding- und Ausbildungsprogramm durch, begleiten diese später dann aber auch im Agenturalltag im Rahmen unserer „Talentschmiede“ mit spannenden internen und externen Weiterentwicklungsangeboten. Darüber hinaus bieten wir Formate mit bestimmten Schwerpunkten an, beispielsweise im Bereich Wohlergehen und Gesundheit oder hinsichtlich des Ausbaus sozialer und persönlicher Kompetenzen.
Für unsere Kultur spielt Kommunikation auf Augenhöhe eine extrem große Rolle und im Zuge dessen haben wir beispielsweise transparente Feedbackmöglichkeiten und besondere Austauschformate entwickelt. Zudem fördern wir nicht nur die fachliche, sondern auch die persönliche Vernetzung der Kollegen insbesondere im Zuge unseres neuen Arbeitsmodells, bei dem ein Großteil der Mitarbeitenden hybrid arbeitet, mit team- und standortübergreifenden Formaten, die vor allem eines bringen sollen: Spaß.
Sebastian Grasmann: Natürlich ist uns auch das Thema Karriere und Entwicklung sehr wichtig. Wichtig ist: Bei uns gibt es nicht den einen vorgefertigten Karriereweg, der in eine ganz bestimmte Richtung gehen muss, ganz im Gegenteil. Wohin die Reise geht, können unsere Mitarbeitenden selbst mitbestimmen und entwickeln – und auch das ist ein Teil unserer Unternehmenskultur.
Lisa Schuhmann ist Direktorin Beratung Media (Schwerpunkt Digital) der Agentur pilot, Sebastian Grasmann ist Mitglied der Geschäftsleitung.