Screenforce Academy:
Pantaflix: "Der gesamte Unterhaltungsmarkt ist im Umbruch"
Vielfalt ist unser Mantra, so Stephanie Schettler-Köhler, Chief Operating Officer bei Pantaflix. Wie sie die Zukunft im Entertainment-Business sieht und warum "green motion" eine entscheidende Rolle dabei spielt.
Von Kinofilm bis Podcast: Die Bandbreite bei Pantaflix ist immens. Und darin sieht Stephanie Schettler-Köhler, Chief Operating Officer, eine große Stärke. Sie führt das Unternehmen, zu dessen Gründern Matthias Schweighöfer zählt, gemeinsam mit CEO Nicolas Paalzow. Sie verantwortet den Film- und Serienbereich von Pantaleon Films sowie die Segmente Finanzen, Recht und Personal, inklusive aller ESG-Themen (Environment, Social, and Governance), die sie mit viel Herzblut vorantreibt.
"Kino, TV oder Streamer – and the winner is…." lautet das Thema Ihres Talks bei der Screenforce Academy. Zunächst mal eine Frage zu Ihren persönlichen Präferenzen: Wo schauen Sie denn am liebsten und was konkret?
Ganz ehrlich: Ich mag alle Kanäle gleichermaßen. Seit ich vor rund zwei Jahren Mutter geworden bin, komme ich weniger dazu, ins Kino zu gehen. Leider. Mein Fernsehkonsum hingegen ist gestiegen. Nachrichten und Magazine stehen dabei an erster Stelle, gefolgt von Filmen oder Dokus. Serien schaue ich vor allem bei den Streamern.
Und wie ist Ihre Business-Perspektive? Pantaflix hat mit der Produktionstochter Pantaleon Films den Ursprung vor allem bei Kinofilmen, verstärkt kommen aber auch Produktionen für Streaming-Dienste und Mediatheken dazu. Wo sehen Sie derzeit und künftig den Schwerpunkt Ihres Geschäfts?
Der gesamte Unterhaltungsmarkt ist im Umbruch. Wir erleben gerade eine unglaublich spannende Zeit, die uns viele neue Opportunitäten eröffnet. So sind wir beispielsweise in diesem Jahr ins Podcast-Geschäft eingestiegen und unsere erste filmische Dokumentation ist auch schon in der Umsetzung, weitere sind in der Konzeption. Zugleich sind wir weiterhin sehr aktiv in unserem Kerngeschäft Film- und Serienproduktion, zunehmend auch international. Wir bauen beide Segmente aus, etwa mit neuen Partnerschaften, wie mit Paramount, Sky oder der ARD Degeto. Sie sehen: Den einen Schwerpunkt gibt es nicht, Vielfalt ist unser Mantra.
Mit "Army of Thieves" mit Matthias Schweighöfer in der Hauptrolle ist Pantaleon Films im letzten Jahr der internationale Durchbruch gelungen. In über 90 Ländern war der Film bei Netflix auf Platz 1. In 2023 wird das Sky Original "Unwanted" zu sehen sein, das zusammen mit Sky Italia gedreht wurde. Regie führte kein Geringerer als Oliver Hirschbiegel. Geht der Trend zu immer hochwertigeren und aufwändigeren Produktionen, um das Publikum zu begeistern?
Entscheidend ist vor allem die Story. Alles andere ist nachgelagert. Wir wollen Geschichten erzählen, die die Menschen begeistern, ganz gleich über welchen Kanal. Es gibt Stoffe, wie die beiden genannten Beispiele, die würden einfach nicht funktionieren, wenn sie nicht high-end produziert würden. Ebenso wie es immer auch Geschichten geben wird, die auch ohne hohes Budget ihr Publikum finden können.
Wo sehen Sie aktuelle Trends im Produktionsgeschäft?
Allianzen und Partnerschaften werden signifikant an Bedeutung gewinnen. Wir werden es immer häufiger sehen, dass sich Streamer, Verleiher und Sender zusammen tun, um gemeinsam Finanzierungen zu stemmen. Original-Produktionen für Streamer werden weiterhin gefragt sein, damit differenzieren sich die Anbieter.
Das Kino als Geschäft wird deutlich anspruchsvoller. Was wollen die Leute dort sehen? Welche Filme schauen sie genau so gerne zuhause über Streamingdienste? Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns intensiv. Dass in den aktuellen Top-5-Kinocharts mit „Rheingold“, „Die Schule der magischen Tiere 2“, „Hui Buh und das Hexenschloss“ und „Der Nachname“ gleich vier deutsche Produktionen sind, zeigt gleichwohl, dass die deutsche Filmbranche nach wie vor vital ist.
Pantaflix hat neben Pantaleon Films mit Pantaflix Studios noch eine weitere Produktionseinheit, deren Fokus auf der jüngeren Zielgruppe liegt. Oftmals sind dabei Influencer eingebunden. Für Joyn wurde beispielsweise „Das Internat“ produziert. Wie wichtig ist dieses Geschäft für Sie?
Beide Geschäftsbereiche ergänzen sich optimal. Pantaleon Films steht für high-end-Filme und Serien, Pantaflix Studios hingegen setzt auf leichtere Kost, die viel schneller entwickelt und produziert wird. Influencer, die dabei zum Cast gehören, bringen ihre eigenen Reichweiten ein, indem sie ihre Fans über all ihre Kanäle aktivieren. Damit ist das Marketing, das es für die Bewerbung solcher Produktionen bräuchte, bereits inkludiert. Letztendlich liefern wir in diesem Segment schlüsselfertige Produktionen ab.
Matthias Schweighöfer ist Mitgründer Ihrer Company. Welche Rolle spielt er für Ihr Business?
Matthias hat eine bedeutende Rolle für unser Unternehmen. Mit ihm haben wir „Army of Thieves“ produziert, er ist das Gesicht der aktuellen XXXLutz-Kampagne, die unsere Kreativ-Agentur CC15 für das Möbelhaus umgesetzt hat und es gibt weitere Überlegungen mit ihm, die noch nicht spruchreif sind. Wir arbeiten aber längst auch mit vielen weiteren Kreativen zusammen. Das Flüchtlingsdrama „Unwanted“ beispielsweise hat mit Matthias Schweighöfer gar nichts zu tun. Er ist weder Produzent oder Regisseur, noch spielt er dabei mit. Gleichwohl ist es unsere bis dato größte Produktion der Firmengeschichte.
Lokale Produktionen für Streamer und Mediatheken liegen im Trend. Gibt es überhaupt genug Personal, all das zu stemmen?
Es wurden schon Produktionen auf Eis gelegt, die komplett durchfinanziert waren, weil das Personal fehlte. Zum Glück nicht bei uns. Für alle Player im Markt ist es derzeit herausfordernd, Produktionsteams zusammenzustellen. Das fängt mit Drehbuchautor:innen an und geht weiter mit Regisseur:innen und Produktionsleiter:innen bis hin zum Set-Team. Die Besten jedes Departments im Markt sind gut gebucht, der Nachwuchs fehlt.
Welche Fähigkeiten müssen Interessierte mitbringen, die für Pantaflix arbeiten wollen? Haben auch Quereinsteiger oder Studienabgänger eine Chance?
Wir verstehen uns als gute Adresse für Talents, ganz gleich ob für Film, Serie, Werbung oder Podcast. Neuzugänge passen zu uns, wenn sie gerne im Team arbeiten, offen sind für Neues und Lust haben, etwas zu bewegen. Leidenschaft fürs Entertainment-Business versteht sich von selbst. Der Background steht nicht an erster Stelle. Es gibt viele gute Leute in unserer Branche, die vorher was ganz anderes gemacht haben und jetzt dafür brennen, was sie tun. Lange Drehtage, Arbeit an Wochenenden – das ist in unserem Business bei Produktionen ganz normal. Was man mitnimmt: Einzigartige Erfahrungen und tolle Kontakte, die bleiben. Aber ganz klar, man muss es wollen.
Sie sind bei Pantaflix nicht nur für das Produktionsgeschäft, sondern auch für Nachhaltigkeit verantwortlich. Auf einer Skala von 1 – 10: Wo steht Deutschland im Bereich nachhaltige Produktionen, wo steht Ihr Unternehmen? Welche konkreten Beispiele gibt es und was lässt sich noch verbessern?
Wer sich nicht ernsthaft mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt, wird über kurz oder lang die Geschäftsgrundlage verlieren. Unter dem Label "green motion" handelt unsere Branche – aus freien Stücken und aus Überzeugung. Im Kern geht’s darum, ökologische Mindeststandards für nachhaltige Produktionen zu entwickeln. Ich würde sowohl die Branche als auch uns auf der Skala bei sechs einordnen. Der gute Wille ist da, es geht in die richtige Richtung. Wir sind dabei aber auch abhängig von anderen Bereichen, etwa im Bereich E-Mobilität oder Hotellerie. Überall ist noch Luft nach oben.