#echtjetzt:
Influencer-Verträge: Das sollte unbedingt drinstehen
Die Strafen, die Influencern und Unternehmen bei unzureichender Kennzeichnung drohen, sind durchaus happig. Aber es gibt noch andere rechtliche Risiken.
Die Drogeriekette Rossmann musste eben vor Gericht eine Schlappe einstecken, weil die Richter die Kennzeichnung #ad in einem Instagram-Post eines Influencers als unzureichend werteten. Im Wiederholungsfall drohen 250.000 Euro Strafe. W&V sprach mit Rechtsanwalt Kay Spreckelsen über schlampige Unternehmen und wie sich Influencer rechtlich vor Angriffen schützen können:
Wo liegen beim Influencer-Marketing die rechtlichen Fallstricke?
Derzeit liegt der Fokus bei der rechtlichen Diskussion rund ums Influencer-Marketing klar auf der fehlenden oder fehlerhaften Werbekennzeichnung. Immer noch werden zu oft bezahlte Posts gar nicht oder nur unzureichend gekennzeichnet. Bei der unzureichenden Kennzeichnung gibt es eine ganze Palette von unterschiedlichen Fehlern, die gern von Influencern gemacht werden. Angefangen mit der Verwendung eines nicht eindeutigen Kennzeichnungsbegriffs (beispielsweise #ad, #Kooperationspartner) über die unzureichende Kennzeichnungs-Platzierung (versteckt zwischen zahlreichen Hashtags) bis hin zur Fehlkennzeichnung (beispielsweise wird eindeutige Werbung nur mit dem Hinweis "Produktplatzierung" bezeichnet) lassen sich viele Beispiele in den sozialen Netzwerken finden.
Neben diesen Kennzeichnungs-Problemen gibt es immer wieder Auseinandersetzungen wegen der unzulässigen Nutzung von fremden geschützten Inhalten, z.B. bei Fotos, Videos oder Musikstücken. Jede Nutzung fremder Inhalte in eigenen Posts bedarf natürlich der vorherigen Zustimmung des Rechteinhabers. Wird diese nicht eingeholt, droht dem Influencer oder dem werbenden Unternehmen die rechtliche Inanspruchnahme. Schließlich ist es möglich, dass auf eigenen Fotos fremde Personen abgebildet werden, die dieser Abbildung nicht zustimmen. Auch hier droht eine Abmahnung wegen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild.
Ihrer Meinung nach sind vor allem die werbungtreibenden Unternehmen dafür verantwortlich, dass alles korrekt abläuft. Insofern dürfte es Sie freuen, dass Rossmann gerade wegen zu lascher Kennzeichnung verurteilt wurde.
Rechtlich stehen sowohl der Influencer, eine zwischengeschaltete Agentur als auch das werbungtreibende Unternehmen in der Verantwortung. Allerdings sind Influencer, insbesondere wenn sie am Anfang ihrer Karriere stehen, häufig auf sich allein gestellt. Ihnen fehlen die rechtlichen Kenntnisse und die Mittel, um sich notwendigen Rechtsrat einholen zu können. Die werbungtreibenden Unternehmen hingegen verfügen in der Regel über langjährige Erfahrungen und die notwendigen Kenntnisse. Oder sie haben zumindest die Mittel, sich adäquate Rechtsberatung einzukaufen. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Unternehmen in der Verantwortung, entsprechend auf ihre Influencer einzuwirken und ihnen beratend zur Seite zu stehen. In jedem Fall sollten Unternehmen oder Agenturen Influencer nicht zum Rechtsbruch auffordern, in dem sie beispielsweise verlangen, dass Werbepost gar nicht gekennzeichnet werden, um größere Reichweiten erzielen zu können.
Welche Versäumnisse bringen Sie am meisten auf die Palme?
Erschreckend ist, dass gerade sehr große Marken, z.B. aus dem Sportartikelbereich oder auch Hersteller von Energy-Drinks, mit prominenten Influencern zusammenarbeiten und dabei auf jegliche Kennzeichnung ihrer kommerziellen Posts verzichten. Gerade diese Unternehmen sollten als Vorbild voran gehen und "transparent" werben, um den derzeit noch bestehenden Wildwuchs in diesem Bereich möglichst bald zu beseitigen. Aus welchem Grund sollten sich sonst unbekanntere Influencer und Marken an die bestehenden Regeln halten?
Grund genug, dass sich jeder Influencer vor einer Zusammenarbeit rechtlich absichert. Was sollte in so einem Vertrag drinstehen?
Es sollte klar und deutlich geregelt werden, was von dem Influencer erwartet wird. Natürlich muss ein Vertrag auch die Verpflichtung zur richtigen Kennzeichnung enthalten. Hilfreich ist, dass in dem Vertrag vorgegeben wird, wie und an welcher Stelle gekennzeichnet wird. Es sollten die rechtlichen Folgen benannt werden für die Nichteinhaltung der vertraglichen Vereinbarungen. Entsprechende Haftungsfreistellungen sind in jedem Vertrag aufzunehmen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für falsche Kennzeichnungen sondern auch für Nutzungen von nicht genehmigten Inhalten, wie z.B. fremde Fotos oder Filmausschnitte.
Die Gerichte wird das Thema sicher weiter beschäftigen. Wie sehen Ihre Prognosen aus?
Es ist dringend erforderlich, dass sich Gerichte weiter mit der Frage der richtigen Kennzeichnung auseinandersetzen. Wir brauchen unbedingt mehr Urteile, um künftig mit der entsprechenden Rechtssicherheit sagen zu können, wie kommerzielle Posts tatsächlich zu kennzeichnen sind. Derzeit ist man wohl nur auf der sicheren Seite, wenn man die Begriffe "Anzeige" oder "Werbung" als Hinweis nutzt. Bei anderen Begriffen haben wir keine gesicherte Rechtsprechung, sodass weiterhin fraglich ist, ob Hinweise, wie "sponsored by", "powered by" oder "#ad" zur Kennzeichnung ausreichen.
Mit der zunehmenden Nutzung von sozialen Medien und der Diskussion rund um dieses Thema, werden sich diese Begriffe vermutlich künftig durchsetzen und in der Rechtsprechung Anerkennung finden. Derzeit ist es allerdings noch nicht soweit. Bis dahin heißt es mit der Unsicherheit zu leben oder auf die Nutzung dieser Begriffe bei der Kennzeichnung zu verzichten.
Kay Spreckelsen studierte Rechtswissenschaften in Hamburg. Als Rechtsanwalt arbeitete er zunächst als Manager Legal & Business Affairs in den Rechtsabteilungen von Eastwest Records und Warner Music Group in Hamburg. Seit 2004 berät er in der Hamburger Kanzlei Rasch Rechtsanwälte Verlage, Verbände, Künstler, Blogger, Private und Unternehmen im Urheber- und Medienrecht, im Film- und Entertainmentrecht sowie im Socialmedia- und Wettbewerbsrecht. Zu seinen Mandanten gehören auch Influencer.