VPRT-Studie :
Wie das Pay-TV doch noch laufen lernte
Abofernsehen wächst schneller als klassisches TV. Eine Studie des VPRT sieht das Pay-TV als dritte Säule im deutschen Fernsehmarkt etabliert
Pay-TV als "das zur Zeit wachstumsstärkste Segment im deutschen Fernsehmarkt" zu bezeichnen - dafür wäre Frank Giersberg vor zehn Jahren noch abgestraft worden. Der Leiter Marktentwicklung im Privatfunkverband VPRT kann diese Aussage allerdings mit harten Zahlen aus einer aktuellen Studie des Arbeitskreises Digital Pay-TV im Verband Privater Rundfunk und Telemedien unterfüttern. Dem Werk "Pay-TV in Deutschland 2013" – vorgelegt am 4. Juli und damit am vierten Geburtstag des Premiere-Nachfolgers Sky – sind folgende Marktdaten zu entnehmen: Demnach erreicht der Pay-TV- und Paid-Video-on-Demand (VoD)-Markt im zurückliegenden Jahr ein Umsatzvolumen von rund 1,84 Milliarden Euro in Deutschland beziehungsweise rund zwei Milliarden Euro im gesamten deutschsprachigen Raum. Die Zahl der Abonnenten ist auf 6,1 Millionen in Deutschland und rund 6,8 Millionen im deutschsprachigen Raum gestiegen. Die Nutzung erreicht mit täglich über neun Millionen Zuschauern "neue Rekordwerte", wie der VPRT bei der Präsentation der Analyse festhält. Sabine Christmann, Director Regulatory Affairs & Public Policy bei Sky Deutschland und Vorsitzende des Arbeitskreises Digital Pay-TV betont: "Pay-TV ist im Massenmarkt angekommen und hat sich neben den gebühren- und werbefinanzierten Angeboten als dritte Säule im deutschen Fernsehmarkt fest etabliert."
Die Zahl der in Deutschland erfassten Pay-TV-Programme sei von 26 Programmen im Jahr 2003 auf aktuell 89 Programme angestiegen, heißt es weiter in der Studie. Und: Die Zahl der Bezahlkanäle in hochauflösender HD-Qualität ist von 36 im Jahr 2011 auf heute 57 HD-Programme angestiegen. Giersberg fügt noch hinzu, dass der Markt "aktuell zweistellige Wachstumsraten der Abonnenten sowie der Pay-TV- und Paid-VoD-Umsätze" verzeichne. Zurückzuführen ist die Hausse im Bezahlsegment auch darauf, nachdem das Pay-TV-Angebot in Deutschland zuletzt insbesondere im Bereich der HD-Programme und Abrufdienste stark ausgebaut worden sei. Die Abo-TV-Macher erwartet nun für die kommenden Jahre "eine anhaltend dynamische Entwicklung", wie beim VPRT-Termin deutlich wird.
Kein Wunder, dass das Team von Sky, das zum Jahresende nach einer langen Durststrecke ein erstes positives Ebitda erwartet, mit stolz geschwellter Brust auftritt. "Wir stellen Leute ein", fasst Wolfram Winter zusammen, Executive Vice President Communications bei Sky Deutschland – wohl auch mit Blick auf das Free-TV, das sukzessive an Zuschauern und Mitarbeitern verliert. Die Debatte, "ob" es Pay-TV weiter gebe, habe sich in Luft aufgelöst. Nun stehe die Frage nach dem "Wie" im Raum. Die Richtung gibt Hannes Heyelmann, Senior Vice President and Managing Director, Germany, Austria, Switzerland, Benelux, CEE & Russia, Turner Broadcasting System an: "Die Pay-TV-Sender in Deutschland bieten schon heute einen hohen Mehrwert, zu einem im internationalen Vergleich sehr geringen Preis und mit attraktiven Zusatzdiensten der Plattformen wie beispielsweise Sky Go. Immer mehr Zuschauer erkennen die Vorteile von Pay-TV, wie auch das Wachstum der letzen Jahre zeigt. Ich gehe davon aus, dass die Pay-TV-Penetration mittelfristig auf über 30 Prozent ansteigt und sich damit mehr als verdoppeln wird."
Katharina Behrends, Managing Director German Speaking Territories für Universal Networks International Germany, spricht davon, dass Pay-TV nach vielen Jahren des "Kampfes um Marktanteile und eine breitere Wahrnehmung" in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. Sie kann für ihre Sender Zahlen nennen; mit 13th Street und SyFy würden zusammen täglich 0,7 Prozent Marktanteil erreicht – "so viel, wie mit einem kleinen Free-TV-Kanal". Auch wenn die VPRT-Pay-TV-Truppe den Marktstart weiterer Bezahlkanäle im bereits gut gefüllten Abo-Markt als schwierig einstuft: Behrends wagt den Schritt. Am 5. September begrüßt sie mit dem Universal Channel ein neues Familienmitglied, das Serienhighlights in deutscher TV-Premiere bieten soll, darunter das von Kritikern gelobte "Bates Motel". Auf die seit zwei Jahren forcierte Werbezeitenvermarktung angesprochen, betont Behrendts, man habe "erfreuliche Fortschritte" bei Mediaplanern gemacht, die Abofernsehen inzwischen als Magnet für qualitativ hochwertige Zielgruppen erkannt hätten. Sky-Mann Winter nennt einen Aspekt: "Inzwischen liegt das Durchschnittsalter unserer Neukunden bei 35 Jahren."
Warum die Pay-TV-Macher – trotz zunehmender VoD-Angebote neuer Anbieter im Netz – im Jahr 2013 so positiv nach vorne blicken, bringt Gottfried Zmeck auf den Punkt. Der Vorstandsvorsitzende und Hauptaktionär der Mainstream Media AG sagt: "Mit unseren Sendern GoldStar TV, Heimatkanal und Romance TV sprechen wir ein breites Zielpublikum an, das aus demografischen Gründen von den werbefinanzierten Anbietern, aber auch von den öffentlich-rechtlichen Programmen zunehmend ignoriert wird." Auszüge aus der Broschüre "Pay-TV in Deutschland 2013" sind online zu finden; sie kann auch gegen eine Schutzgebühr von 18 Euro unter info@vprt.de angefordert werden.
Wie sich die Zeiten pro Pay-TV geändert haben, zeigt auch folgender Umstand: Das starke öffentliche Interesse für Tennisspielerin Sabine Lisicki hat die ARD zu einem Vorstoß beim Pay-TV-Anbieter Sky veranlasst. Das Erste möchte einem Bericht der "Bild" (Donnerstag) zufolge ein mögliches Wimbledon-Finale mit Lisicki am Samstag live übertragen. "Ich kann die Anfrage der ARD bestätigen. Mehr können wir dazu nicht sagen", erklärt Dirk Grosse, Leiter der Sky-Sportkommunikation, am Donnerstag vor dem Halbfinale der Berlinerin gegen die Polin Agnieszka Radwanska. Sky mit seinen mehr als 3,4 Millionen Abonnenten besitzt in Deutschland die exklusiven Fernseh-Rechte für das wichtigste Tennis-Turnier der Welt. Nachdem das Interesse am weißen Sport in den Jahren zuvor stark nachgelassen hat, sind das Abofernsehen und die Sportspartensender zur neuen Heimat für den Tennissport geworden.