Streaming-Strategien:
Wie Sky die VoD-Nutzer für Werbekunden einfängt
Netflix und Amazon machen nicht nur den hiesigen Programmanbietern das Leben schwer, sondern auch den Werbekunden: Werbung gibt es da nämlich keine. Der Pay-TV-Sender Sky setzt auf eine andere Strategie.
Netflix und Amazon machen nicht nur den hiesigen Programmanbietern das Leben schwer, sondern auch den Werbekunden: Werbung gibt es auf den VoD-Abo-Portalen nämlich keine. Die kostenpflichtige ProSiebenSat.1-Plattform Maxdome vermarktet ebenfalls keine Werbezeiten und finanziert sich ausschließlich über Abo-Gebühren. Kritiker rufen bereits das Ende des Massenmediums TV als Werbeplattform aus, sollten sich die Nutzungsgewohnheiten weiter vom linearen Fernsehen zum Streaming verlagern.
Entwarnung gibt es einerseits vom Vermarkterklub Screenforce - da ging es Anfang Mai auch darum, dass lineares Fernsehen als Lean-back-Medium selbst bei den Jungen stabil bleiben werde, spätestens, wenn sie in einer neuen Lebensphase sind.
Andererseits gibt es weitere Möglichkeiten, die Zuschauer als Werbepublikum zu behalten: Nonlineares Fernsehen UND Werbung heißt die Devise beim Pay-TV-Anbieter Sky. Die Zuschauer zahlen - und die Werbekunden können neben dem klassischen Fernsehprogramm der Sky-Sender auch die Mobilangebote bei Sky Go oder das Streaming-Paket bei Sky Online für Spots und Sonderformate buchen.
Die wichtigsten Aspekte der Strategie im Überblick:
1. Programmplanung in einer Hand
Anfang des Jahres wurde die Programmverantwortung für alle Vertriebswege - linear, mobil und streaming - gebündelt. Sie liegt nun in den Händen von SVP Programming & Planning Peter Schulz. Er war vorher für das On-Demand-Programm von Sky verantwortlich - und nun für alle Plattformen. "Die Bündelung", sagt Schulz, "ist vor dem Hintergrund veränderter Sehgewohnheiten und wachsender Penetration von Smart Devices und Sky+-Receivern für den Empfang von Video-on-Demand-Inhalten nun ein zeitgemäßer und logischer nächster Schritt".
Damit ließen sich, sagt Schulz weiter, die "technischen Möglichkeiten als Multiplattformanbieter optimal ausschöpfen". Peter Schulz erklärt das am Beispiel Serien: "Ergänzend zu den Erstausstrahlungsrechten der neuesten Serienstaffeln akquirieren wir SVOD-Rechte für vorhergehende Staffeln und planen diese so ein, dass man bereits im Vorlauf zu den TV-Premieren ganze Serien ab der ersten Episode sehen kann." Derzeit klappt das gut mit "Game of Thrones" (GoT): Wer jetzt erst zusteigt, kann sich noch mal ab Staffel eins alles ansehen, bevor er dann die aktuelle Staffel sechs auf Sky verfolgt.
2. Non-lineares Fernsehen vermarkten
Das ist angesichts der Zahlen beinah ein Muss: Zwar sind die Zahlen der klassischen Fernsehgucker bei Sky stabil, aber die Non-linear-Gucker werden immer mehr. Live-Fußball und Spielfilme werden gern linear geschaut. Serien sind ein Streaming-Thema, außerdem gucken jüngere Zuschauer eher non-linear als ältere. Die Seheranteile verschieben sich. So sahen etwa in der digitalaffinen GoT-Fangemeinde 37 Prozent die bislang vier Folgen der sechsten Staffel nonlinear: Der lineare Anteil inklusive Wiederholungen und Playback lag bei 63 Prozent, der nichtlineare mobil oder auf Abruf bei 37 Prozent (23 Prozent via Sky Go, 14 Prozent via Sky On Demand - nicht berücksichtigt sind die Reichweiten via Sky Online).
Für die Werbekunden heißt das, dass sie eigentlich auf die zusätzlichen Plattformen nicht gut verzichten können, um Streuverluste zu verringern. Sky bietet Gesamtpakete an, aber auch Einzelbuchungen für die verschiedenen Vertriebswege sind möglich, hinzu kommen Themenangebote, beispielsweise zu "GoT" oder der James-Bond-Programmierung Ende 2015.
Der Markt scheint die Angebote anzunehmen. Thomas Deissenberger, Geschäftsführer Sky Media: "Wir können screenübergreifend die Reichweiten immer besser kapitalisieren. Im fiktionalen Bereich waren im letzten Jahr durchschnittlich 81 Prozent der Werbeflächen ausgebucht, 5,7 Prozent mehr als Vorjahr. Im nächsten Schritt werden wir auch die über den Sky-Receiver gestreamten Video-on-Demand-Inhalte vermarkten, wovon wir uns einen erheblichen Wachstumsschub erwarten." Denn, so die aktuellen Sky-Zahlen, von den klassischen Sky-Receivern sind knapp eine Million mit dem Internet verbunden. Bei rund 4,6 Millionen Abonnenten also ein gutes Fünftel. Über weitere Angebote wie Sky Online kommen weitere Kunden dazu.
3. Eventprogrammierungen als Werbeumfeld
Besondere Kunden mit besonderen Zielgruppen zusammenzubringen ist ein Konzept, mit dem Sky seit Bestehen überzeugen will. Anlassbezogene Thementage, Programme rund um ein Format - James Bond bekam gar einen eigenen Kanal, kurz bevor Ende 2015 "Spectre" ins Kino kam.
Diese Eventprogrammierungen werden ebenfalls über alle Verbreitungswege hinweg vermarktet. Thomas Deissenberger bleibt beim Beispiel "Sky 007 HD"; hier hatte der Autohersteller Land Rover ein Multiscreen-Sponsoring gebucht: klassisches Programmsponsoring, Logointegration in den Ankündigungstrailern, Bootscreen-Messages auf dem Sky-Receiver und das Logo im Programmmenü, das das Primetime-Programm ankündigt.
"Game of Thrones" ist ein eigenes Werbeumfeld. Für die aktuelle Staffel hat Sky Media Samsung als Sponsoringpartner gewonnen. Für ein aktuelles Fernsehgerät wirbt Samsung mittels TV- und Trailersponsoring mit Logointegration überall da, wo Sky GoT zeigt.
4. Die Konkurrenz auf dem Streaming-Markt
Die Zahlen zur Verteilung der Marktanteile sind ein knappes Jahr alt: Unter den kostenpflichtigen VoD-Anbietern lag in mehreren Studien der günstigste, Amazon Prime, vorn, gefolgt von Maxdome. Die Befragungen von Initiative und Deloitte weichen ein wenig voneinander ab, was die Plätze drei, vier und fünf angeht: Um die kämpfen Netflix, Sky, Watchever und Videoload.
Sky Online funktioniert ähnlich wie die üblichen Streamingdienste und kostet nur wenig mehr als Netflix oder Watchever (beginnt bei 9,99 Euro im Monat) - allerdings wird es schnell teurer, wenn der Kunde Filme und Sport hinzubucht. Ein Blick auf die beliebtesten Streaming-Plattformen lässt den Schluss zu, dass der Preis durchaus eine Rolle spielt: Die Gratis-Video-Portale liegen deutlich vor den kostenpflichtigen: Youtube-Videos und Mediatheken werden am meisten genutzt. Dafür haben die SVoD-Plattformen das bessere und umfangreichere Angebot. Darauf baut auch Sky. Viele Serien und Filme hat der Pay-TV-Sender exklusiv, die Bundesliga ist sowieso ein Heimspiel, das viele Abonnenten lockt.
Allerdings: Bei den Übertragungsrechten für die Fußballbundesliga wird sich ab 2017/18 einiges ändern. Programmplanungschef Peter Schulz: "Wir haben immer betont, wie wichtig die Bundesliga für Sky ist und werden alles dafür tun, dass wir auch in Zukunft der Partner der Bundesliga bleiben."
5. Konkurrenz im eigenen Haus
Einen Nachteil hat die Multiplattform-Strategie, mit der sich Sky für das geänderte Nutzungsverhalten rüstet und Werbekunden zusätzliche Kanäle bietet: Der Streaming-Dienst Sky Online ist günstiger als das Sky-Abo und monatlich kündbar. Peter Schulz selbst nennt das "einen preiswerten Einstieg als Alternative zum klassischen Sky-Abo". Auf diesem Weg gewinne man Zielgruppen, die flexibel sein wollen und die langlaufende Bindung scheuen. Den Kundenzahlen tue das bislang nicht weh. Schulz: "Unsere steigenden Abonnentenzahlen belegen, dass die Nachfrage nach unserem 'klassischen' Abo nach wie vor sehr hoch ist." Sky wolle "einfach für jedes Kundensegment das richtige Produkt anbieten".