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Weniger Tatorte: Der NDR muss kräftig sparen
Es fehlt an Geld, und so setzt der NDR den Rotstift bei Personal, Produktion, Verwaltung und Programm an. Vor allem bei der Unterhaltung wird einiges gestrichen: Künftig gibt es weniger Filme, Shows und Tatorte.
Keine leichte Aufgabe: Der NDR muss in den kommenden vier Jahren 300 Millionen Euro einsparen – das teilte NDR Intendant Joachim Knuth heute mit. Die Gründe dafür sind vielfältig: So werden die für den NDR zu erwartenden Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag die allgemeinen Kostensteigerungen nicht auffangen; die Sendeanstalt kann derzeit zwar noch auf Rücklagen zurückgreifen, die künftig aber nicht mehr zur Verfügung stehen.
Hinzu kommt, dass das KEF-Verfahren bei der Verteilung des Rundfunkbeitrages für den NDR einige Nachteile mit sich bringt. Außerdem erwartet der Sender wegen der Beitragsbefreiung für Zweitwohnungen größere Einnahmeausfälle als andere Sender. Und auch die Folgen der Corona-Krise sowie ein durch Asbestfunde in Hamburg notwendig gewordener Neubau belasten das Budget zusätzlich.
Keine betriebsbedingten Kündigungen
Für den NDR bedeutet das Einsparungen bei Personal, Produktion, Verwaltung und Programm. Bis 2028 sollen 10 Prozent des Aufwands für Personal gekürzt werden, allerdings ohne betriebsbedingte Kündigungen, die bis 2024 tarifvertraglich ausgeschlossen sind. Statt dessen werden über alle Bereiche hinweg mindestens 200 Planstellen nicht nachbesetzt. In der Produktion werden flächendeckend Standards gesenkt und auf Investitionen in Technik verzichtet.
Die stärksten Einschnitte wird auch der Zuschauer bemerken: Im Programm wird am stärksten gekürzt, vor allem im Bereich Unterhaltung. Dies betrifft auch die Zulieferungen des Senders für die ARD. Heißt: weniger Unterhaltungsshows und Fernsehspiele vom NDR. Und auch weniger Tatorte – was unter anderem die Ermittler in Hamburg (Wotan Wilke Möhring), Kiel (Axel Milberg) und Hannover/Göttingen (Maria Furtwängler) betreffen wird.
Umzug ins Digitale
In der Prime-Time des NDR-Fernsehens bleiben die Formate wie "DAS!", "Markt" und "Visite" bestehen, gestrichen werden Sendungen wie "Inselreportagen" und "Lieb und teuer". "Zapp" und das "Kulturjournal" werden zunehmend in Online-Kanäle verlagert. Information (Tagesschau, Tagesthemen) behält höchste Priorität. Zudem soll die crossmediale Zusammenführung von Programmbereichen ausgebaut werden.
Im Hörfunk soll die Information ebenfalls gestärkt werden. NDR Info weitet sein Angebot am Abend und am Wochenende aus, mit Nachrichten im Halbstundentakt. Die Sendungen "Echo des Tages" und "Zeitzeichen" entfallen. Andere Programmangebote wie Hörspiele laufen künftig bei NDR Kultur. Auch bei NDR 2 und N-Joy wird man sich von Formaten und Festivals wie "stars@ndr2" verabschieden müssen.
Publizistische Stärke ausbauen
Bei den Musikensembles werden Personalkosten reduziert und Strukturen verändert. Veranstaltungen wie das NDR Klassik Open Air fallen weg. Die Ensembles bleiben aber erhalten. Das Engagement bei Off-Air-Veranstaltungen wird ebenfalls deutlich verringert. Künftig wird der NDR in jedem seiner vier Staatsvertragsländer pro Jahr nur noch eine Großveranstaltung als Gastgeber durchführen. Die Sommertouren der Landesfunkhäuser in Hamburg, Hannover, Schwerin und Kiel finden nicht mehr statt.
"Angesichts der heraufordernden Finanzlage müssen wir Prioritäten setzen", so NDR-Intendant Joachim Knuth. "Wir werden unseren starken Journalismus, die Information, die regionale Kompetenz bewahren, müssen aber dafür an anderer Stelle auf Gewohntes verzichten." In den vergangenen Wochen habe der große Zuspruch für die Informationsangebote gezeigt, wie wichtig und unverzichtbar "ein kraftvoller NDR" sei. "Diese publizistische Stärke werden wir auch unter diesen erschwerten Bedingungen bewahren und ausbauen."