W&V Vermarktercheck :
Was Mediaplanung mit Plan ausmacht
Seit zwei Jahren führt Christian Kaeßmann seine eigene Mediaagentur in München. Der Plan kombiniert klassisches Agentur-Flair mit Full-Service-Mediaplanung.
Am Ende geht alles sehr schnell. Christian Kaeßmann sitzt in seiner Küche und erstellt eine Mindmap. Was schließlich auf einem Blatt Papier vor ihm liegt, ist der Plan für einen Neuanfang.
Zwar hatte Kaeßmann schon länger vor, sich irgendwann selbstständig zu machen. Als Anfang 2016 kurzfristig ein umfangreiches Projekt seines Arbeitgebers Mediaplan platzt, weiß er, dass der Zeitpunkt gekommen ist. Drei Wochen nach der Formulierung der Mindmap zieht er in die Räume seiner eigenen Agentur am Münchner Stachus.
Mittlerweile logiert Kaeßmanns Mediaagentur Plan im ersten Stock eines Altbaus am Leonrodplatz. Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich eine alte Bilderrahmenfabrik, in der heutzutage noch an einem Tag in der Woche gearbeitet wird. Die Stechuhr am Eingang der Fabrik ist ein Relikt aus den 60er Jahren.
Wie Plan aufgestellt ist
Hippes Agentur-Startup trifft hier auf Traditionsunternehmen, könnte man meinen. Dem widerspricht Kaeßmann allerdings entschieden: "Wir sehen uns eindeutig nicht als Startup sondern als Unternehmensgründung." Es gibt keinen Investor und keine Exit-Strategie. "Das Geld gehört uns", sagt Kaeßmann.
Kulturell eint Mediaagentur und Fabrik mehr, als sich auf den ersten Blick vermuten lässt. Kaeßmann ist in Wirklichkeit ein ziemlich klassischer Unternehmer. Bodenständige Werte wie Verbindlichkeit und Haltung sind ihm wichtig. Kaeßmann sieht sie der Kern seine Firmenphilosophie.
Sein Plan ist in vielfacher Hinsicht ungewöhnlich. Anders als andere kleine Mediaagenturen hat er sich nicht spezialisiert sondern setzt auf Full Service Mediaplanung. Um das komplette Spektrum anbieten zu können, hat der 42-Jährige einiges investiert. Zwei Jahre nach der Gründung arbeiten inzwischen vier Mitarbeiter für Kaeßmann.
Für wen Plan plant
Zu seinen Kunden gehören unter anderem der Hersteller der originalen Schweizer Taschenmesser Victorinox, Tele 5, und die Schweizer Partnerschafts-App "Marry Me" – der Case des diesjährigen W&V-Vermarkterchecks.
Um zu verstehen, wie Kaeßmann und seine Agentur ticken, muss man seine Vorgeschichte kennen. Kaeßmann kennt das Media-Business seit zwei Jahrzehnten. Noch vor fünf Jahren war er Geschäftsführer von MEC – einer der größten Networkagenturen, die heute unter dem Namen Wavemaker firmiert.
Wenn er von dieser Zeit erzählt, nimmt der Media-Profi kein Blatt vor den Mund. In stundenlangen Meetings sei dort über Strategien diskutiert worden, ohne ein konstruktives Ergebnis zu erzielen. "Jeder in diesen Runden versucht in erster Linie, seine eigene Position zu stärken", kritisiert er.
Es sei endlos über Probleme nachgedacht worden, anstatt an Lösungen zu arbeiten. Zu viele Häuptlinge und zu wenig Indianer erzeugen eben Stillstand. "Es herrscht viel Oberflächlichkeit in der Branche", sagt Kaeßmann. Die hierarischen Strukturen in den großen Networks, seinen vergleichbar mit denen von Versicherungskonzernen. "Das Wort Agentur ist dort nur noch Fassade."
Was Kaeßmann anders machen will
Nach diesen Erfahrungen ist Kaeßmann kurz davor, dem Media-Geschäft den Rücken zuzukehren. Für kurze Zeit spielt er mit dem Gedanken, sein Hobby zum Beruf zu machen: eine Autovermietung für Oldtimer. Doch Kaeßmann hatte Angst, sich "seine Leidenschaft dadurch kaputt zu machen".
Dass seine Agentur einen Gegenentwurf zu den Networks darstellt, ist offensichtlich. Für Kaeßmann ist es aber noch wichtiger, sich auch von anderen inhabergeführten Agenturen abzugrenzen. Anders als sein ehemaliger Arbeitgeber Mediaplan will er nicht nur mittelständische Klienten. Kaeßmann hat den Anspruch, auch größere Kunden und Etats zu betreuen.
Ungewöhnlich für eine Agentur dieser Größe ist auch: Kaeßmann führt zusammen mit Partnern aus der Markt- und Mediaforschung eigene Studien für Kunden durch. Der Plan verfolgt das Ziel, sich im Bereich Werbewirkungsanalyse zu etablieren.
"Für uns geht es darum, alle Dinge zu verstehen, die unseren Kunden betreffen. Unser Anspruch ist es, die Zielgruppen und Märkte noch besser zu kennen, als der Kunde sie bereits kennt", erklärt er.
Wie es für Plan läuft
Viele der heutigen Kunden sind ihm seit Jahren treu. Er führt dies auch auf sein gelebtes Werteverständnis zurück. Kaeßmann will nichts versprechen, was er nicht halten kann. "Ich sage, was ich denke, und tue, was ich sage", ist ein Satz, den er häufig sagt.
Kaeßmann will mit Plan die Mediaplanung wieder auf ihren Ursprung zurückführen. Von gestern ist die Agentur jedoch keineswegs. Für die Marry Me Group AG konzipierte man kürzlich den Mediaeinsatz einer rein digitalen Kommunikationskampagne.
Trotz Digitalisierung habe sich das Media-Geschäft weniger verändert, als viele glauben, ist Kaeßmann überzeugt: "Die grundsätzliche Arbeitsweise ist gleichgeblieben. Alle denken nur noch ans Verkaufen. Die Branche hat total verdrängt, was die Funktion von Media ist. Es geht immer noch um die Frage, wann ich wo welche Werbung platziere."
Er wolle nah zwei Jahren solide im Markt stehen. Dieses Ziel formulierte Kaeßmann bei der Gründung. Im Frühjahr 2019 wird die Agentur das erste Mal schwarze Zahlen schreiben, prognostiziert er. Wie groß der Plan eines Tages sein wird, ist schwer vorauszusagen. Aber eines ist sicher: die Bodenhaftung wird Kaeßmann nicht verlieren.
Dafür sorgen nicht zuletzt die Portraitbilder an einer Wand des Büros. Dort hängen Fotos der Charaktere aus den Rocky-Filmen. Kaeßmann inspiriert die Demut im Moment des maximalen Erfolgs der Figur Rocky Balboa - ein Held, der sich stets treu blieb.